Mirad 02 - Der König im König
wie schnell das Gig immer noch von den heraufbeschworenen Winden und Wellen vorangetrieben wurde. Erschöpft ließen die Zwillinge ihr Bewusstsein in den Kreis der Gefährten zurückkehren.
Twikus sank erschöpft zu Boden und schüttelte mutlos den Kopf.
»Was habt ihr gesehen?«, fragte Múria gespannt.
»Wie wir vermutet haben. Kaguan ist mit dem schwarzen Schwert in ein Gig umgestiegen und macht sich die Elemente zu Diensten. Wir können ihn unmöglich einholen.«
»Ist er schon in Silmao?«
»Nein. Aber er gönnt sich kaum Ruhe und sein Boot ist unglaublich schnell. Es würde mich nicht wundern, wenn es zweihundert Meilen am Tag zurücklegt.«
Dormund pfiff durch die Zähne. »Hast du irgendwelche Landmarken erkennen können?«
»Im Moment befindet sich das Gig auf Höhe einer Stadt mit drei großen Türmen.«
Der Schmied nickte. »Das muss Bashima sein. Wenn er wirklich so schnell ist, wie du sagst, dann wird er in drei, spätestens vier Tagen die Hauptstadt erreichen.«
»Und wir brauchen noch zehn! Das heißt, er hat alle Zeit der Welt, um Schmerz neu schmieden zu lassen. Bis wir in Silmao eintreffen, dürfte er längst über alle Berge sein.« Twikus verlegte sich wieder aufs Kopfschütteln.
Falgon zupfte an seinem Bart herum. Er gab einen lang gezogenen unwilligen Laut von sich, der schließlich in verständlichen Worten mündete. »Ich weiß nicht. Alles deutet ja darauf hin, dass Kaguan den Gapa als Späher vorausgesandt hat. Wozu, wenn er den Bartarin nur einen Besuch abzustatten bräuchte, um zu bekommen, was er will? Jedes Kind in Silmao kann ihm den Weg zu ihrer Waffenschmiede beschreiben. Ich denke, er ahnt zumindest, dass wir ihnen eine Warnung geschickt haben, und rechnet mit einem längeren Aufenthalt.«
Twikus warf die Arme in die Höhe. »Wie viel Zeit können wir dadurch gewinnen, Oheim? Zwei Tage? Mit dem Widerstand der Schmiede dürfte er spielend fertig werden. Wir haben doch alle erlebt, über welche Macht diese Kreatur verfügt.«
»Rohe Gewalt wird Kaguan in diesem Fall nichts nützen«, gab Múria zu bedenken. »Eine ganze Sippe bärenstarker Kerle zu überwältigen verlangt genaue Kenntnisse über den Aufenthaltsort jedes Gegners zum Zeitpunkt des Handstreiches. Außerdem wäre es fatal für ihn, wenn er ausgerechnet denjenigen in einen Sandmann verwandelt, der das Geheimnis des Kristallschwertes hütet. Er muss sich gründlich vorbereiten, und dafür braucht er Zeit.«
Dormund nickte. »Nicht nur das. Schmerz ist kein gewöhnliches Schwert. Ich kenne zwar nicht das geheime Verfahren, nach dem es wieder zusammengefügt werden kann, aber es könnte mehrere Tage beanspruchen, die notwendigen Zutaten beizubringen und die Arbeit zu verrichten.«
Twikus erhob sich von den Planken. »Denkt ihr, wir können den Zoforoth doch noch aufhalten?«
Múria lächelte müde. »Wie heißt es so schön? ›Die Hoffnung stirbt zuletzt.‹«
14
DER KÖNIG DER KANALRATTEN
Die Hand war nicht mehr zu gebrauchen. Kaguan übte jeden Tag unter Schmerzen, um ihr neues Leben einzuhauchen, doch sie blieb steif. Der Pfeil war gleichsam aus dem Nichts aufgetaucht und hatte mit unglaublicher Wucht das Gelenk am linken Nebenarm zerschmettert. Zwei Zoll tief war die eiserne Spitze in seinen Körper eingedrungen.
Der Gedanke, über drei weitere gesunde Hände zu verfügen, war für den Zoforoth nur ein schwacher Trost. Ihn dürstete nach Rache, Rache für die verlorene Hand. Die Söhne der zwei Völker würden ihren Übermut noch bitter bereuen.
Doch zunächst galt es, den Herrn in den Eisigen Höhen nicht zu enttäuschen. So schmerzlich die empfindungslose Klaue auch war, als so folgenschwer hatte sich die andere Verletzung erwiesen. Beim Eindringen des Pfeils in Kaguans Leib war eine große Ader getroffen worden. Die Seeleute hatten zwar die starke Blutung letztlich zum Stillstand gebracht, aber bis sich ein richtiger Heiler um die Wunde kümmern konnte, waren Tage vergangen.
In dieser Zeit hatte Kaguan nur vor sich hin gedämmert. Wenn die Söhne der zwei Völker nach ihm gesucht hatten, dann war ihm das nicht aufgefallen. Er hatte nicht einmal die Kraft gehabt, mit dem Gebieter Verbindung aufzunehmen. Erst hinter Birkehave war sein Zustand allmählich besser geworden. Auf der Reise durch die Windungen des Bans hatte er genügend Kraft gesammelt, um einmal mehr die Elemente unter seinen Willen zu zwingen und uneinholbar nach Silmao zu entkommen. Gewiss war er schon wieder stark
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