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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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verfügte.
    Auf Zehenspitzen arbeiteten sich Vater und Sohn die Stufen hinauf. Der Raum über dem Tor war leer. Sie durchquerten ihn und betraten die Südtreppe. Tusan hörte Stimmen von unten. Er drehte sich zu seinem Vater um, legte den Zeigefinger an die Lippen und schlich weiter Richtung Wachzimmer. Links erblickte er durch eine offene Tür ein kleines Stück des Torweges. Soldaten strömten in Zweierreihen in die Festung. Tusan deutete nach rechts.
    Von der Treppe aus spähte er ganz kurz in das Wachzimmer. Wieder drehte er sich zu seinem Vater um und zeigte ihm zwei Finger – ein wahrhaft glücklicher Umstand. Noch einmal vergewisserte er sich vom ordnungsgemäßen Zustand seiner Blasrohre, dann beugte er sich wieder vor und schoss den ersten Pfeil in den Nacken des ihm am nächsten stehenden Soldaten. Dessen erschrockene Reaktion lenkte den Blick des anderen in Richtung Tür. Während der Getroffene in sich zusammensank, begegneten sich die Blicke der beiden Gegner. Tusan zielte unter das Kinn des Soldaten und blies ins Rohr. Auch der zweite Posten sackte zusammen.
    Wenig später steckten der Herzog und sein Sohn in Rüstungen, die ihnen nicht ganz passten, aber das würde niemandem auffallen. Ihre roten Bärte waren unter Spitzhelmen verborgen, die Visiere hatten sie heruntergeklappt. Nun hieß es, sich unauffällig unter die anderen Soldaten zu mischen, und zwar bevor die beiden Bewusstlosen im Wachzimmer entdeckt wurden.
    Qujibo übernahm die Führung. Er lehnte wie ein gelangweilter Posten am Türholm, spähte in den Torweg und winkte ab und zu den vorbeimarschierenden »Kameraden« zu. Sein Sohn wartete daneben auf der Treppe. Im Mauerdurchlass hallte Hufgeklapper. Das war insofern ungewöhnlich, als die überwiegende Zahl der Eroberer zu Fuß hereinkamen. Mit einem Mal ging ein Ruck durch den Herzog von Bolk, sein Helm schob sich vor und sein ganzer Körper versteifte sich.
    »Was ist?«, raunte Tusan.
    »König Entrin«, flüsterte Qujibo. Seine Hand legte sich auf den Schwertgriff.
    »Was, beim Allmächtigen, hast du vor?«
    »Na was schon? Ich werde tun, was Ergil missglückt ist. Der König von Pandorien ist die treibende Kraft im Soodlandkrieg. Ich mache diesem Wahnsinn ein Ende.« Während der Herzog dies sagte, streifte er sich den Gurt über den Kopf, an dem das Kriegshorn von Bolk hing.
    Entrins Pferd schritt an der Tür vorbei.
    Ehe Tusan seinem Vater widersprechen konnte, hatte dieser ihm das Horn zugeworfen und war im Torweg verschwunden. »Verdammt!«, zischte er und schlich die Treppe hinab.
    »Majestät, auf ein Wort!«, drang von draußen Qujibos Stimme herein.
    Tusan hängte sich das Signalhorn um und spähte aus dem Halbdunkel des Torturmes hinaus. Er konnte den breiten Rücken seines Vaters sehen.
    »Soldat?«, ließ sich eine nicht unangenehme, leicht vibrierende Stimme vernehmen. Das musste der König von Pandorien sein.
    »Ich habe eine Botschaft für Euch, Majestät.«
    »Eine Botschaft? Von wem?«
    »Ich glaube, sie ist geheim, Majestät. Sie stand auf einem Zettel, den ich eben in einem Versteck, hier im Wachzimmer gefunden habe. Wartet…«
    Der Herzog verschwand aus dem Türausschnitt. Tusan hielt den Atem an. Plötzlich hörte er, wie Entrins Pferd wieherte. Jemand schrie. Dann schepperte etwas auf das Pflaster des Torweges. Unzählige Stimmen brüllten durcheinander. Männer stürzten mit gezückten Schwertern an der Tür vorbei.
    »Wollt ihr euer Leben für eine tote Natter opfern?«, rief Qujibo.
    Waffen klirrten.
    Tusan lief hinaus.
    Was er in dem überwölbten Durchgang sah, ließ ihn für einen Moment erstarren. Ein fetter Mann lag mit dem Rücken am Boden, in einer Lache aus Blut. Zwischen Brustpanzer und Achsel ragte der Griff eines Langschwertes heraus. Seine Augen starrten leer zur Decke. Gleich daneben stand Tusans Vater. In seiner Hand hielt er das Heft einer anderen Klinge, vermutlich hatte er sie dem König abgenommen. Sieben oder acht Leibwächter griffen ihn an. Andere kamen schon herbeigelaufen.
    Tusan fällte drei mit seinen Blasrohren, dann hob er das Kriegshorn von Bolk an seine Lippen und blies mit aller Kraft hinein. Der Klang des Instruments wurde von dem hallenden Gewölbe vielfach verstärkt. Die überraschende Aktion sorgte für einen Augenblick der Verwirrung, gerade Zeit genug für Tusan, um das eigene Schwert zu zücken.
    Während er sich gegen die Pandorier zur Wehr setzte, sah er immer wieder zu seinem Vater hinüber. Qujibo kämpfte wie ein

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