Mirage: Roman (German Edition)
würde die Maschine, bis sie unmittelbar über dem Flugplatz wäre, eine Höhe von über zehntausend Fuß halten und dann auf einem schnellen Helixkurs die Landebahn anfliegen. »Besonders bei Dunkelheit kann dieses Manöver den Eindruck erwecken, als wäre die Maschine außer Kontrolle geraten und würde abstürzen, aber mit Gottes Hilfe wird uns nichts passieren, also geraten Sie bitte nicht in Panik.«
Mustafa hatte noch einiges zu lesen, beschloss aber, zuerst seine Augen fünf Minuten lang auszuruhen, und sank in einen unruhigen Schlaf. Als die Frachtmaschine zu ihrem Landesturzflug ansetzte, träumte er, er schrecke aus dem Schlaf auf, um festzustellen, dass das Flugzeug vollgestopft mit Amerikanern war. Auf dem Sitz neben ihm rezitierte eine Frau in Todesangst den Rosenkranz, und als Mustafa aufstand und sich in der jetzt seltsam vergrößerten Passagierkabine umschaute, sah er weitere erschrockene Gesichter – manche betend, manche weinend, manche verstohlen in Mobiltelefone flüsternd. Keiner dieser Menschen schien ihn sehen zu können, aber das konnte sich jeden Augenblick ändern, und er glaubte nicht, dass es gesund sein würde, zum Fokus dieser geballten Angst zu werden.
Bemüht, im steil geneigten Mittelgang nicht das Gleichgewicht zu verlieren, arbeitete sich Mustafa langsam nach vorn. Vor der Tür des Cockpits standen zwei Araber in Zivilkleidung Wache, und mit der Gewissheit des Träumenden wusste Mustafa, dass sie genauso wenig seine Verbündeten waren wie die Christen im hinteren Teil der Kabine. Er drang wie ein Gespenst in das Cockpit ein, wo ein weiterer Araber über die Steuerelemente gebeugt saß.
Sie waren sehr dicht über dem Boden. Es war Morgen, nicht Nacht, und Mustafa konnte deutlich die amerikanische Hauptstadt jenseits des Flusses sehen, direkt vor ihnen. Er sah auch, rechts von ihnen, einen Flughafen, abersie wendeten nicht zum Anflug. Stattdessen hielten sie genau auf ein großes, fünfeckiges Gebäude diesseits des Flusses zu. Das geschah ganz bewusst. Der Pilot hatte die Maschine unter Kontrolle, und er war ruhig, lächelte wie ein Mann auf dem Weg ins Paradies.
»Hey, du Irrer!«, schnauzte Mustafa ihn an. »Du bringst uns noch alle um, was ist los mit dir?«
Der Pilot gab keine Antwort, drückte nur die Nase der Maschine noch ein Stückchen tiefer. Mustafa streckte die Hände nach dem Steuerknüppel aus – und wachte jetzt wirklich auf, an Bord der Frachtmaschine, deren Fahrwerk gerade mit einem Rums auf der Landebahn des Andrews-Stützpunkts aufsetzte.
Auf der anderen Seite des Gangs stieß Amal einen Seufzer der Erleichterung aus und lachte dann. »Na, das nenne ich eine Landung!«, sagte sie. Samir, der sich in der Reihe vor ihm in die Armlehnen verkrallt hatte, fügte hinzu: »Ich hasse dieses Land schon jetzt.«
Grüne Zone
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Die Grüne Zone ist ein stark befestigtes Areal im Zentrum von Washington, D. C. , das die Koalitions-Übergangsverwaltung beherbergte. Sie hat eine Fläche von rund zehn Quadratkilometern und ist von einer sturmsicheren Betonmauer umgeben, deren Abschluss ein Strom führender Bandstacheldraht bildet. Außer per Hubschrauber ist die Zone nur über sieben schwer bewachte Kontrollpunkte zu erreichen.
Innerhalb der Grünen Zone befindet sich die National Mall , eine große, langgestreckte offene Parkanlage, die von Denkmälern und Regierungsgebäuden gesäumt wird und laut manchen Quellen die Inspiration zum Namen der ganzen Zone gewesen sein soll. Seit 2004 aber und dem Ausbruch des amerikanischen Aufstands wird »Grüne Zone« als Anspielung auf die Tatsache verstanden, dass dies eine Oase relativer Sicherheit inmitten eines zunehmend gefährlicheren Gebietes darstellte. Der Rest von Washington – und Amerika – wurde infolgedessen zur »Roten Zone«.
Im Januar 2009 ging die Kontrolle über die Grüne Zone von der Koalitionsverwaltung an die neu eingesetzte amerikanische Regierung über. Seitdem hat sich das Gros der Koalitionstruppen in Stützpunkte außerhalb von Washington zurückgezogen. Dennoch verbleibt zum Schutz der arabischen, persischen und kurdischen Botschaft, sowie um die amerikanischen Sicherheitskräfte bei der Verteidigung gegendie Angriffe von Aufständischen zu unterstützen, eine ansehnliche Garnison von VAS-Marineinfanteristen in der Grünen Zone.
Bekannte Gebäude in der Grünen Zone
Das Weiße Haus
Das Kapitolgebäude (im Wiederaufbau)
Das Washington-Monument
Das CSA-Finanzministerium
Das Smithsonian-Museum
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