Mirage: Roman (German Edition)
Geschäftsführer gelogen«, sagte Samir. »In diesem Stadtteil von Kufa wird der Müll tatsächlich montags abgeholt – falls man die Müllrechnung bezahlt hat. Aber der Geschäftsführer hatte die Müllabfuhr, ohne seinem Chef was zu sagen, vor einem Jahr abbestellt. Er steckte das Geld selbst ein und zwang jeden Heimbewohner, der mit der Miete im Rückstand war, ihm zu helfen, den Abfall zu den Mülltonnen anderer Leute zu schleppen. Langer Rede kurzer Sinn: Das ABE hat den Kerl die ganze Nacht Mülltonnen durchwühlen lassen.«
»Travis’ Müll haben sie heute Morgen gegen drei gefunden«, sagte Amal. »Sie sind noch immer auf der Suche nach Spuren, aber eines der ersten Dinge, die sie gefunden haben, war eine Kamera …«
»Eine kaputte Kamera«, sagte Samir. »Zertrümmert, alswäre Travis mit einem Hammer darauf losgegangen. Nur muss er an dem Tag, an dem in der Terroristenschule Beweise zerstören drankam, gefehlt haben, denn er hat es versiebt und die Speicherkarte intakt gelassen …«
Amal schaltete ihr Mobiltelefon ein. »Rafi hat mir die Fotos geschickt. Schaut euch das an.«
Das Bild zeigte vier Männer, die in einem engen und schlecht beleuchteten Raum an einem langen Holztisch saßen. Travis, der das Foto geschossen hatte, war im Vordergrund, die Kamera mit ausgestrecktem Arm haltend, und das Blitzlicht unterstrich noch die Röte seiner Wangen. Er hatte offensichtlich eine große Menge Alkohol konsumiert – Mustafa konnte die schaumbefleckten Ränder mehrerer Gläser vor ihm auf dem Tisch ausmachen. Hinter Travis saßen zwei blonde Männer mit weiteren Gläsern in der Hand; ihre Gesichtszüge waren auf dem kleinen Bildschirm schlecht zu erkennen, aber eine Vergrößerung würde vielleicht genügend Details für eine elektronische Identifizierung liefern. Der vierte Mann, ein mürrisch aussehender rothaariger Bursche, war im Profil aufgenommen worden, wie er Travis einen Finger entgegenreckte und dabei offenbar eine Zurechtweisung ausstieß.
»Was meinst du?«, fragte Amal.
»Ich glaube, dieser Rotschopf könnte derjenige sein, der die Kamera zertrümmert hat. Und wenn ich die leeren Gläser richtig gezählt habe, glaube ich auch zu wissen, warum er nicht an die Speicherkarte gedacht hat.«
»Aber glaubst du, das sind unsere Leute? Der Rest der Zelle?«
»Möglich«, sagte Mustafa. »Obwohl ich ganz ehrlich nur staunen kann, dass selbst betrunkene Kreuzzügler so dumm sein können. Dieses Zimmer, in dem sie sitzen …«
»Ein Rattenkeller«, sagte Amal. »Rafi hat bei der Halal nachgefragt, ob die den vielleicht identifizieren können.«
Ein Rattenkeller: eine illegale Bar, die ausländische –meist europäische – Gastarbeiter mit Stoff versorgte. Da gab es selbstgebrautes Bier, unterschlagenen Sabbat- und Messwein und wahrscheinlich auch Hochprozentiges, wenngleich nichts von der guten Sorte. Was die Lokalität anging, konnte es sich dabei um einen echten Keller oder auch um eine überirdische Räumlichkeit wie etwa ein Lagerhaus handeln – praktisch alles, was die für den jeweiligen Distrikt zuständige Polizei, entsprechend geschmiert, übersehen würde.
»Die blonden Typen im Hintergrund«, sagte Samir. »Sehen die nicht wie Deutsche aus?«
Mustafa lächelte. »Die könnten wohl Deutsche sein oder auch Österreicher. Aber ich weiß nicht, Samir – es könnten genauso gut Skandinavier sein.«
»Skandinavische Terroristen? Mustafa, bitte! «
»Solange ihre Gesichter deutlich genug für einen EDV-Abgleich sind, was spielt’s für eine Rolle, ob sie Deutsche oder Skandinavier sind?«, fragte Amal. »Sollte die Einwanderungsbehörde sie nicht so oder so erfasst haben?«
»Sollte sie, was leider nicht bedeutet, dass sie auch hat«, sagte Mustafa. »Aber wenn es Deutsche sind, hat Samir eine Ausrede, um unseren Freund Sindbad hinzuzuziehen.«
»Und wer ist Sindbad? Marineaufklärung?«
»Mossad«, antwortete ihr Samir.
»Ein Israeli , der Sindbad heißt?«
»Sobald du ihn kennenlernst, wirst du dich nicht mehr wundern«, sagte Mustafa.
Israel
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Das heutige Israel ist ein Staat in Mitteleuropa . Israel grenzt im Norden an die Nordsee , Dänemark und die Ostsee , im Osten an Polen und die Tschechische Republik und im Westen zum Teil an die Niederlande . Den Rest seiner West- und Südgrenze bilden offiziell die Flüsse Rhein und Main , doch seit dem Sechstagekrieg von 1967 hält Israel den größten Teil Bayerns und Schwabens sowie das Westrheinland besetzt. Die Hauptstadt
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