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Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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würde, ihn einem Museum zu stiften.«
    »Einem Museum?«
    »Ja, in Persien«, sagte Amal. »Oder vielleicht Kurdistan …«
    »Ich verstehe«, sagte Fawzi. »Und sobald er in Teheran oder Kirkuk hinter Glas ist, warten Sie darauf, dass der unglückliche Mann kommt, um ihn sich anzuschauen?«
    »Wenn Gott nur so großzügig wäre … Aber meine Mutter wird schon dafür sorgen, dass er eine Einladung bekommt, und ihn wissen lassen, dass ihn, sollte er sie annehmen, ein herzliches Willkommen erwartet.«
    Jetzt grinste Fawzi. »Die Denkweise Ihrer Mutter gefällt mir. Und ich glaube, wir kommen miteinander ins Geschäft.« Mit gebührendem Bedauern in der Stimme fügte er hinzu: »Da es ein Geschäft ist, muss ich natürlich um Bezahlung bitten.«
    »Natürlich«, sagte Amal. »Ich bin bereit, einen angemessenen Preis zu bezahlen. Dürfte ich den Gegenstand sehen?«
    »Selbstverständlich.« Fawzi wandte sich zu seinem Leutnant. »Shadi. Geh die Kiste holen.«
    Der Wachposten auf dem Dach hörte sich gerade »Ich bete allein« von ›Grüne Wüste‹ über Kopfhörer an, schnippte mit den Fingern und wiegte sich im Takt der Musik. Der Helikopter war, jetzt im Flüsterflug, fast bis zur Dachterrasse abgestiegen, bevor er ihn bemerkte, und was seine Aufmerksamkeit erregte, war nicht das gedämpfte Wummern seiner Rotoren, sondern der Abwind, der den Rauch seiner Zigarette so tanzen ließ, als ob auch ihm die Melodie ins Blut gegangen wäre.
    Als der Wachposten nach oben sah, schoss ihm ein Mann vom Qaida-Kommando mit einer schallgedämpften Maschinenpistole zwischen die Augen.
    »Rechte Seite klar«, sagte der Kämpfer.
    »Linke Seite klar«, sagte ein anderer.
    »Los!«, sagte Idris. Der Helikopter setzte nur so lange auf dem Dach auf, um die sechs Männer abspringen zu lassen; dann gab der Pilot mehr Leistung und zog ihn wieder auffünfhundert Meter hoch. Die Kommandokämpfer flitzten über das Dach zum Treppenhaus.
    Ein Korridor zog sich über die ganze Breite des Obergeschosses hin. Ein Mann kam gerade aus einer Toilette etwa auf halber Länge des Korridors und schnallte im Gehen seinen Gürtel wieder zu, als der Einsatzführer das untere Ende der Treppe erreichte. Die schallgedämpfte MP erzeugte ein tonloses Geräusch, das man für einen Huster hätte halten können; der Aufprall der Leiche war lauter.
    »Ali?«, rief eine Stimme durch eine offene Tür auf halbem Weg zwischen Treppe und Toilette. »Bist du wieder über deine eigene Hose gestolpert?« Dann Gelächter. Der Kämpfer trat rasch vor die Tür. Im Zimmer saßen drei Männer um einen Kartentisch. Der Kommandokämpfer tötete sie alle, stand dann still und horchte. Als niemand mehr rief oder auf den Flur kam, um zu sehen, was los sei, kehrte er zur Treppe zurück und wechselte Handsignale mit seinen Männern.
    Sie begannen, das gesamte Stockwerk sorgfältig abzusuchen. An dem einen Ende des Korridors öffnete ein Kämpfer eine Tür und sah sich erst einem Raum voller Werkzeugmaschinen und dann einem Jungen gegenüber, der vor einer Fensterfront stand. Anstatt ihn gleich zu erschießen – und dabei zu riskieren, dass vielleicht eine Scheibe zu Bruch ging und andere draußen alarmiert wurden –, bedeutete der Kämpfer dem Jungen mit einer Geste, die Hände hochzunehmen. Der Junge gehorchte, und der Kommandokämpfer ließ ihn näher zur Tür kommen und sich mit dem Gesicht zur Wand hinknien. Dann schoss er ihm in den Hinterkopf. Als der Junge zu Boden sackte, ließ der Kämpfer rasch den Blick durch den Raum schweifen, doch er ging nicht um die Maschinen herum, und so sah er den zweiten Jungen nicht, der hinter einer Drehbank auf einem Bein kniete und mit zitternden Händen die Senkel eines aufgegangenen Turnschuhs festhielt.
    Die Kommandokämpfer schlossen die Durchsuchung ab und liquidierten in deren Verlauf drei weitere Leute. Sie sammelten sich wieder am oberen Ende einer weiteren Treppe. Der Einsatzführer tastete an seiner Kopfgarnitur herum und sagte zu Idris im Hubschrauber: »Obergeschoss gesichert. Sind bereit, nach unten zu gehen.«
    »Weitermachen«, sagte Idris.
    »Gibt es ein Problem?«, fragte Fawzi.
    Amal sah ihn stirnrunzelnd an. »Sind Sie sicher, dass das der richtige Gegenstand ist?«
    »Aber natürlich.« Fawzi hob den Deckel der kleinen Holzkiste auf und zeigte ihr den Aufkleber mit dem Wappen der Universität des Irak in Hilla. Darunter waren mit der Hand – reichlich aufs Geratewohl, wie Amal fand – die Worte »Parther-Batterie, 2.

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