Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
Vom Netzwerk:
Taymullah al-Walid«, stellte er sich vor. »Zu Ihren Diensten.«
    »Amal bint Shamal«, sagte Amal. Sie löste die untere Hälfte ihres Niqabs, damit er sehen konnte, dass sie es wirklich war, und die plötzliche Entblößung ihres Gesichts verschlug der Bande, Häuptling wie Fußvolk, hörbar die Sprache. Ihr Jungs von Sadr-Stadt, dachte Amal, müsstet wirklich etwas mehr unter Leute gehen. »Danke für Ihre Bereitschaft, sich mit mir zu treffen.«
    »Es ist mir eine Ehre«, sagte Fawzi. »Bitte, treten Sie näher.«
    In der Halle, in die der Eingang führte, befanden sich vier verschiedene Autos im Zustand des Wiederaufbereitetwerdens. Die Mechaniker legten alle ihr Werkzeug aus der Hand, um die prominente Besucherin zu begaffen. Ein Typ, vor dessen Füßen ein Schweißbrenner auf dem Boden lag, hielt ein Exemplar der ›Bagdader Gazette‹ in die Höhe und schwenkte es wie ein schwärmerischer Verehrer, der auf ein Autogramm hofft. Amal sah höflich darüber hinweg und richtete ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf das einzige intakte Fahrzeug in der Ausschlachtwerkstatt, eine Limousine mit einer ganzen Batterie von Blinkleuchten auf dem Dach.
    »Unsere Geheimwaffe«, sagte Fawzi grinsend. Er ging nicht ins Detail, aber Amal konnte sich das selbst zusammenreimen: Nachts konnte die Limousine auf der Autobahn bei eingeschalteten Blinklichtern leicht für ein Polizeiauto gehalten werden. So kamen die Jungs vermutlich an ihre Rohstoffe. Amal fragte sich, was für eine Absprache die Typen mit der Mahdi-Armee haben mochten und wie viel von ihren Bruttoeinkünften sie als Schutzgeld abgeben mussten.
    »Hier entlang, bitte«, sagte Fawzi. Die rückwärtige Hälfte des Erdgeschosses war ein Labyrinth von Stahlregalen. Die unmittelbar an die Werkstatt angrenzenden Regale waren voll von Autoersatzteilen, aber die weiter hinten enthielten Gebrauchsgüter – Elektronik, kleine Haushaltsgeräte –, die wahrscheinlich aus gekaperten Lastern stammten. Die Kartons in einem Regal trugen das Zeichen des Roten Halbmonds und die Beschriftung ERDBEBENHILFE ANKARA. Hierzu witzelte Fawzi: »Hätten Sie vielleicht Interesse an preisgünstigem medizinischem Bedarfsmaterial?«
    Eine freie Fläche im Zentrum des Labyrinths war als Wohnzimmer eingerichtet worden: gestohlene Teppiche und Sessel, eine Wasserpfeife, sogar eine Espressomaschine. Fawzi, Amal und Iyad setzten sich, während Mustafa, Samir und Fawzis Leutnant mit dem AK-47 stehen blieben.
    »Also«, sagte Fawzi nach einem abgekürzten Austausch von Liebenswürdigkeiten, »wie ich höre, sind Sie an etwas interessiert, das sich möglicherweise in meinem Besitz befindet.«
    »Genaugenommen ist es meine Mutter, die sich dafür interessiert«, sagte Amal.
    »Ach? Es schmeichelt mir natürlich, aber ich frage mich doch, wie solch eine wichtige Senatorin auch nur von meinem kleinen Betrieb hier wissen kann.«
    »Meine Mutter hat viele Freunde in Geheimdienstkreisen. Als eine persönliche Gefälligkeit behalten sie gewisse Personen für sie im Auge. Eine dieser Personen hat sich in letzter Zeit über nicht gesicherte Telefonleitungen ausgiebig über etwas echauffiert, das ihm gestohlen worden sei. Er ist ein sehr unglücklicher Mann.«
    Fawzi zuckte die Achseln, als wäre es nicht weiter aufregend, Gegenstand von Saddam Husseins Missvergnügen zu sein. »Nicht jedes Unglück ist ein Fluch.«
    »Meine Mutter teilt Ihre Ansicht uneingeschränkt«, sagte Amal. »Sie würde das Unglück dieses Mannes gerne vertiefen. Also bat sie mich festzustellen, ob sich der Verbleib des abhandengekommenen Eigentums nicht ermitteln ließe. Dank meiner Kontakte vor Ort dauerte es nicht lange.«
    »Nun, es ist ja nicht so, dass wir uns hier verstecken würden«, sagte Fawzi, aber ein Hauch von Unsicherheit drang durch seine lässige Oberfläche. »Und natürlich sind Sie in Sadr-Stadt willkommen … Dann ist der Unglückliche also, wie ich vermute, gleichfalls auf der Suche.«
    »O ja«, sagte Amal. »Geradezu verzweifelt. Aber er hinkt mir noch immer ein paar Schritte hinterher, und ich hoffe, das Objekt von Ihnen übernehmen zu können, bevor er diesen Abstand weiter verringert.«
    »Und dann? Lässt Ihre Mutter ihn dann wissen, dass sie das Objekt hat?«
    »So lautet der Plan.«
    »Und was wird Ihre Mutter mit dem Objekt machen? Es vernichten?«
    »Das war ihr erster Gedanke. Doch als sie dann erfuhr, dass es sich bei dem Gegenstand um eine Antiquität handelt, entschied sie, dass es passender sein

Weitere Kostenlose Bücher