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Mirage: Roman (German Edition)

Mirage: Roman (German Edition)

Titel: Mirage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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der Kehle, was unter anderem zur Folge hatte, dass ihm die Blendgranate aus der Hand fiel. Gerade als der letzte unverletzteKämpfer seine Waffe auf den Jungen schwenkte, ging die Granate los.
    Fawzi, Amal und die anderen wurden von der Kartonwand vor der Explosion geschützt, aber der plötzliche, überlaute Knall betäubte sie trotzdem. Der Junge fuhr fort zu brüllen, ersetzte aber seinen Kampfschrei »as-Sadr!« durch einen Warnruf: »Badr! Badr!« Der geblendete und ertaubte Kommandokämpfer kam in Fawzis Wohnzimmer getaumelt. Shadi reagierte als Erster und riss sein AK-47 hoch, aber das legendär zuverlässige russisch-orthodoxe Sturmgewehr klemmte. Die MP des Kämpfers hustete eine Kugel aus, die an Mustafas Kragen schnippte und Samir und Iyad kopfüber in Deckung scheuchte. Amal beugte sich in ihrem Sessel vor. Es ertönte ein trockener Pistolenknall, und der Kommandokämpfer fiel tot um.
    Ein Moment der Stille, während sich aus der Mündung der Waffe in Amals Hand Rauch emporkräuselte. Dann gerieten die vom Werkstattvorplatz in das Gebäude stürmenden Bandenmitglieder in einen Hinterhalt der drei anderen Kommandokämpfer, und in der Ausschlachtwerkstatt entbrannte ein heftiges Feuergefecht. »As-Sadr! As-Sadr«-Schreie wechselten sich mit »Badr! Badr!«-Rufen ab, und dann ertönte ein »Gott ist groß!«, als den al-Qaida-Männern schwante, dass sie möglicherweise waffentechnisch unterlegen waren.
    Fawzi starrte auf die Leiche auf dem Fußboden und versuchte, sich zusammenzureimen, was zum Teufel eigentlich los war. In Sorge, dass dieser Denkprozess zu einem für sie und ihre Kollegen unvorteilhaften Ergebnis führen könnte, stellte Amal ihre eigene Verwirrung hintan und ergriff die Initiative. »Offenbar habe ich mich hinsichtlich meines Wettbewerbsvorsprungs getäuscht«, sagte sie. »Ich hätte nicht gedacht, dass sich das Badr-Korps mit Saddam zusammentun würde, aber es stimmt wohl, was man über den Feind des eigenen Feindes sagt.« Als Fawzi darauf nicht reagierte, fuhr sie fort: »Erlauben Sie, dass ich Ihnen dieses verwünschte Objekt abnehme, Fawzi al-Walid! Iyad gab, glaube ich, Ihre Preisvorstellung mit zehntausend Rial an.«
    Dieses bewusst viel zu niedrige Angebot drang zu ihm durch. »Die Preisvorstellung war dreißig tausend Rial!«, sagte Fawzi und starrte sie wütend an. »Und das war, bevor …«
    »AS-SADR! AS-SADR!«
    »Sagen wir zwanzigtausend, und die Sache ist erledigt«, schlug Amal vor.
    »Dreißigtausend.«
    »Vierundzwanzig.«
    » Dreißig. «
    Ein Irrläufer summte über die Regale hinweg und traf eine Lampe direkt über ihren Köpfen. Amal schaffte es, nicht zusammenzuzucken, begriff aber, dass die Zeit knapp wurde und ihr Glück sich langsam verabschiedete. »Ich sage Ihnen was«, sagte sie. »Wir einigen uns auf achtundzwanzig – und zwei extra für Ihren Mann hier, Shadi, damit er uns zeigt, wo der Notausgang ist.«
    »Abu Musab?«, sagte Idris. »Abu Musab, sind Sie noch da?« In den Kopfhörern Rauschen. Auf dem Bildschirm sah er Mustafa, Amal, Samir und Iyad seitlich aus dem Gebäude kommen und zum Taxi rennen. Idris befahl dem Piloten: »Bringen Sie mich da runter.«
    Der Pilot aber, der den schwarzen Strich eines Starkstromkabels über dem Grundstück bemerkte und sich vorstellte, dass vielleicht mehr davon da waren, die er nicht sehen konnte, sagte: »Ich glaube nicht …«
    »Bringen Sie mich runter!«
    Also ging der Helikopter in den Sinkflug, und Idris nahm die Kopfgarnitur ab und schnallte sich los. Als er aufstand, um in den Frachtraum zu gehen, ertönte ein lauter Knall, und auf der rechten Seite der Frontscheibe erschien ein Loch.
    Idris und der Pilot drehten sich beide um, als der zweite Mündungsblitz zu sehen war. Der Schütze saß im Turm einer nahe gelegenen Moschee. Ein Schutzengel auf Nachtwache vielleicht oder der Muezzin selbst, der nach Dienstschluss in seinem Krähennest hockte und das tat, was jeder brave Sadrist, der einen über dem Viertel schwebenden schwarzen Heli erspähte, getan hätte.
    »Drecksau!«, schrie der Pilot, dem ein herumfliegender Glassplitter die Wange aufgeschlitzt hatte. Sein Abzugsfinger zuckte am Steuerknüppel, aber es war eine leere Geste. Der Hubschrauber war nicht bewaffnet.
    Und nicht gepanzert. Der nächste Mündungsblitz hatte eine andere Form, da der Schütze jetzt auf das Heck des Hubschraubers gezielt hatte. Am Instrumentenbrett leuchtete ein rotes Lämpchen auf, und eine aufgezeichnete männliche Stimme fing

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