Mirage: Roman (German Edition)
hier, einem kleinen Schädeltrauma da und mehreren heftigen Schlägen gegen den Solarplexus manövrierten sie ihn auf den Stuhl und schnallten ihn fest. Saddam griff nach einer kleinen Fernbedienung, die auf dem Getränkeschrank lag. In den Hand- und Fußgurten befanden sich elektrische Kontakte, und durch Betätigung eines Knopfes an der Fernbedienung konnte er schmerzhafte Stromstöße verabreichen.
Der Greiftrupp war vom Stuhl zurückgetreten und sah Saddam erwartungsvoll an. Von der Sitzfläche des Stuhls hing, zwischen den Beinen des Gefangenen, ein schwarzes Kabel mit einer großen Krokodilklemme herab. Dies war ein optionaler Anschluss, der dazu eingesetzt werden konnte, die Genitalien des Gefangenen direkt unter Strom zu setzen, aber um die Klemme anzubringen, würden sie ihm die Hose ausziehen oder zumindest im Schritt ein Loch schneiden müssen – eine heikle Prozedur.
»Nein«, beantwortete Saddam die unausgesprochene Frage. »Heute Nacht wird das nicht erforderlich sein, glaube ich. Lasst uns allein.«
Seine Männer stiegen wieder die Treppe hinauf. Saddam legte einen Unterarm auf die Rückenlehne seines Sessels und trank einen Schluck Whisky. Der Gefangene beobachtete ihn – grinsend trotz seiner blutigen Nase und einem blauen Auge; wahrscheinlich stellte er sich gerade vor, was er tun würde, wenn man ihm seine Fesseln abgenommen hätte.
»Diese Demonstrationen von Widersetzlichkeit sind wirklich nicht nötig«, sagte Saddam. »Keiner zieht hier Ihre Männlichkeit in Zweifel. Aber Sie sind allein und machtlos. Sie können nicht entkommen. Sie können mich nicht töten. Es ist nicht ehrenrührig, diese Fakten zu akzeptieren.«
»Danke für den Rat«, sagte der Gefangene. »Und ich nehme mit Genugtuung zur Kenntnis, dass Sie meine Männlichkeit bestätigen. Aber wissen Sie, allzu viele andere Beschäftigungsmöglichkeiten habe ich hier nicht, also kann ich doch zumindest versuchen , Sie zu töten.«
Saddam lächelte. »Ihr Arabisch wird besser. Sie lernen offenbar sehr eifrig.«
»Wie gesagt, ich habe sonst nicht viel zu tun. Außerdem hätte ich ja sonst noch nicht einmal was vom Fernsehen.«
»Sie sind mit dem Fernseher also zufrieden? Der Bildschirm ist groß genug?«
»Ja.«
»Und dieses Dings, diese Xbox, die ich Ihnen besorgt habe – gefällt sie Ihnen?«
»Tut sie«, sagte der Gefangene wahrheitsgemäß. »Ich könnte ein paar mehr Spiele dafür gebrauchen.«
»Mal sehen, was sich machen lässt. Ich möchte Sie zufrieden wissen. Wenn Sie sonst noch Wünsche haben – einfach sagen … Sind Sie wirklich sicher, dass Sie keine Frau haben wollen?«
»Bin ich, und das haben wir alles schon durchgekaut. An Helen Keller bin ich nicht interessiert, und wenn sie mich sehen oder hören kann, kann sie auch Leuten von mir erzählen, und das bedeutet, dass Sie sie anschließend töten. Das will ich mir nicht aufs Gewissen laden.«
»Die Welt ist voll von Leuten, die schon so gut wie tot sind«, sagte Saddam Hussein. »Ich könnte Ihnen eine Frau von der Kategorie besorgen, eine schöne Frau. Dann gäbe es nichts, weswegen Sie sich schuldig fühlen müssten.«
»Nein, danke.«
»Oder wir könnten sie als Ihren Gast hierbehalten. Jemand, mit dem Sie zusammen Xbox spielen könnten, wie wäre das?«
Der Gefangene ließ sich das durch den Kopf gehen. »Nein«, sagte er schließlich. »Eine Frau hier einzusperren wäre nicht viel besser, als sie zu töten.« Dann dachte er an Udai: »Vielleicht schlimmer, in mancher Hinsicht.«
»Nun gut«, sagte Saddam. »Aber sollten Sie Ihre Meinung irgendwann ändern …« Er schenkte sich nach, machte es sich dann im Sessel bequem. »Und jetzt möchte ich unterhalten werden. Haben Sie eine Geschichte für mich?« Seine Augen verengten sich. »Eine gute Geschichte diesmal?«
Der Gefangene lächelte. »Die letzte hat Ihnen nicht gefallen, hm?«
»Nein, gar nicht.«
»Was davon war nicht nach Ihrem Geschmack? Das Ende, stimmt’s? Wo die Mahdisten Sie an Ihrem Tuntenarsch – aahhh! «
Saddam ließ den Daumen auf dem Knopf der Fernbedienung liegen, während er einen langen Schluck Whisky trank. Als er endlich die Stromzufuhr unterbrach, sackte der Gefangene keuchend nach vorn.
»Das war vier«, sagte Saddam und zeigte auf die Nummernskala an der Fernbedienung. »Möchten Sie, dass ich Sie daran erinnere, wie sich zehn anfühlt?«
Der Gefangene war zu sehr damit beschäftigt, nach Atem zu ringen, um antworten zu können.
»Jetzt möchte ich eine
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