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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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erfahren und ihn lange debattiert, aber niemand
macht sich über sie lustig.
    Jedenfalls nicht in ihrer Gegenwart.
Ich glaube, alle mögen sie, jeder auf seine Weise.
    Tolba Marzuq verfolgt den Fall, denn
ihm bleibt keins ihrer Geheimnisse verborgen. Er stellt mir die Frage: »Was
wäre eigentlich die beste Lösung für Zuchras Problem? Daß sich eines Tages noch
ein Filmproduzent bei uns einmietet? Was meinen Sie dazu?«
    Blöder Kerl!
    Als ich eines Nachmittags
wie gewohnt zu unserem Beisammensein im Entrée gehen will, sehe ich Zuchra
neben einem fremden Mädchen auf dem Kanapee sitzen. Ich erkenne auf den ersten
Blick, daß es die Lehrerin sein muß. Ein hübsches Mädchen vom Lande. Sie beehrt
uns mit ihrer Gegenwart, weil sie Besuch in ihrer Wohnung hat. Madame hat sie,
wie es ihre Art ist, bereits ausgefragt und einiges in Erfahrung gebracht, was
sie wissen wollte. Sie berichtet, daß sie bei ihren Eltern wohne und daß sie
einen Bruder habe, der in Saudi-Arabien arbeite. Die Lehrerin erscheint nun
öfter in der Pension und ist stets des Lobes voll über den Fleiß ihrer
Schülerin.
    Einmal, als Zuchra mir den
Nachmittagskaffee bringt, fällt mir auf, daß sie düster dreinblickt. Ich frage
sie, wie es ihr geht, da antwortet sie matt: »Ich bin stark wie ein Pferd!«
    »Und deine Lektionen?«
    »Von der Seite gibt es nichts zu
klagen.«
    »So bleibt nur unser Freund al-Buheri«,
meine ich beunruhigt. Wir schweigen eine Weile, als lauschten wir dem
strömenden Regen, dann sage ich: »Ich ertrage es nicht, dich traurig zu sehen.«
    »Das glaube ich Ihnen«, sagt sie
dankbar.
    »Was ist denn passiert?«
    »Das Glück läßt mich im Stich.«
    »Ich habe dir vorn ersten Tag an gesagt
...«
    »Die Angelegenheit ist nicht so
einfach, wie Sie meinen. « Dann schaut sie mich niedergeschlagen an und fragt
voll innerer Erregung: »Was soll ich tun? Ich liebe ihn doch! Was soll ich nur
tun?«
    »Ist dir klar geworden, daß er lügt?«
    »Nein, er liebt mich wirklich. Aber er
redet immer von Hindernissen.«
    »Ein Mann, der eine Frau liebt ... «
    »Er liebt mich«, sagt sie nachdrücklich,
»aber er redet immer von Hindernissen.«
    »Für die kannst du doch nichts«, sage
ich zärtlich. »Jedoch mußt du deinen Weg selbst wissen.«
    »Was nützt es mir zu wissen, was ich
tun muß, wenn ich es nicht tun kann!« wendet sie ein.
    »Exzellenz, wie konnten Sie es übers
Herz bringen ... «
    »Ich hatte zwischen zwei Dingen zu
wählen«, unterbrach er mich, »entweder eine Anleihe bei der Agro-Kredit-Bank
aufzunehmen und gleichzeitig auf deren Wunsch bekannt zu geben, daß ich von nun
an gegen die Wafd-Partei antrete, oder meinen finanziellen Ruin zu erklären.«
    »Viele hätten aber sicher das letztere
vorgezogen!«
    »Schweigen Sie!« schrie er wütend. »Sie
besitzen keine Handbreit Land, haben weder Sohn noch Tochter! Ich wurde
geschlagen und in die Qasr-al-Nil-Kaserne gesperrt. Aber meine Tochter ist mir
lieber als alles auf der Welt!«
    »Kommen Sie mit mir!«
flüstert Madame mir zu, »Zuchras Familie ist da!«
    Ich folge ihr ins Entrée und sehe
Zuchras Schwester und ihren Mann dort sitzen. Das Mädchen steht mitten im Raum
und blickt sie hart und unnachgiebig an.
    »Es ist gut, daß du zu Madame gegangen
bist«, sagt der Mann, »aber daß du geflohen bist, ist eine Schande!«
    »Du hast uns in ganz al-Zijadijja bloß
gestellt!« fügt ihre Schwester hinzu.
    Zuchra entgegnet in heftigem Zorn: »Ich
bin frei, und niemand hat das Recht, sich in meine Angelegenheiten zu mischen.«
    »Wenn dein Großvater hätte reisen
können ... «
    »Nach dem Tod meines Vaters habe ich
niemanden mehr, der für mich da ist und dem ich Rechenschaft schuldig wäre!«
    »Pfui! Ist er denn so ein schlechter
Mensch, weil er dich mit einem anständigen Mann verheiraten wollte?«
    »Er wollte mich verkaufen ... «
    »Gott verzeihe dir! Komm jetzt mit
uns!«
    »Ich gehe nicht mehr zurück, und wenn
die Welt untergeht!« Ihr Schwager will etwas sagen, aber sie kommt ihm zuvor:
»Du hast mir überhaupt nichts zu befehlen!«
    »Ich führe hier ein anständiges Leben,
ich lebe von meiner Hände Arbeit!«
    betont sie und weist auf Madame.
    Ich habe den Eindruck, als wollten sie
ihr offen ihre Meinung über Madame, die Pension und das Bild der Jungfrau
sagen. Doch können sie das nicht in Gegenwart von Madame.
    »Zuchra ist die Tochter eines Mannes,
den ich verehrt habe«, greift Madame ein. »Ich behandle sie wie meine Tochter.
Wenn sie hierbleiben

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