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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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arm zu machen, eure hocherhobenen Nasen in den Staub zu
stopfen, ihr Gezücht höfischer Sklavinnen! Ich gehöre zu euch, und das ist ein
Urteilsspruch, gegen den mir keiner der üblichen Rechtskniffe hilft. Das
Mädchen mit den blauen Augen hatte mich durchschaut, als sie mir mit den Worten
einen Korb gab:
    »Er ist ungebildet! Und die hundert
Feddan bieten sich mir auf der Hand eines Rüpels!« Dann macht sie sich wieder
klein und wartet auf den nächsten Zuchtbullen.
    Vom Balkon des Cecil-Hotels sieht man
die Corniche nicht. Ich muß mich dazu über die Brüstung beugen. Das Meer
erstreckt sich unmittelbar unter mir, als wäre ich auf einem Schiff. Es dehnt sich
bis zum Fort Qajitbey, eingezwängt aber zwischen die Mauern der Corniche und
steinerne Arme, die ins Wasser schlagen wie böse Geister. In dieser Umarmung
erstickt es. Seine Wellen schlagen schwerfällig gegeneinander, in unterdrückter
Wut. Sein Antlitz ist bläulichschwarz, kündet von seinem Zorn. In seinem Bauch
toben die Geheimnisse und die Abfälle des Todes.
    Mein Zimmer ist ein Hotelzimmer wie
alle anderen. Es erinnert mich an das Palais der Familie Allam in Tanta.
Deswegen ersticke ich darin. Denn die Pracht und der Ruhm der Großgrundbesitzer
des Rif sind geschwunden.
    Dies ist die Zeit der Diplome für den
Pöbel. Dann eben Revolution! Soll sie euch zermalmen! Ich sage mich von euch
los. Ich werde mir eine Arbeit suchen! Ich sage mich von euch los, ihr Fetzen
zerschlissener Jahrhunderte!
    Eines Tages, als
Mohammed, der Nubier, mir das Frühstück aufs Zimmer brachte, kam es mir in den
Sinn, mich bei ihm zu beklagen: »Ich fühle mich in eurem Luxusbau ausgesprochen
unbehaglich!« Es ist mir zur Gewohnheit geworden, mit dem Personal der Hotels,
in denen ich absteige, freundschaftlich zu verkehren und, wenn ich die Leute
brauche, nicht nur freundlich, sondern auch großzügig zu ihnen zu sein.
    Der Mann fragte mich jetzt: »Wollen Sie
länger in Alexandria bleiben?«
    »Sehr lange!«
    »Wäre es dann nicht günstiger, in einer
guten Pension zu wohnen?«
    Als ich ihn neugierig ansah, fuhr er
fort: »Es gibt da eine gute, sehr saubere Pension. Sie zahlen dort weniger und
haben mehr Gesellschaft. Aber das muß selbstverständlich ein Geheimnis zwischen
uns bleiben!«
    Er ist höflich, nützlich und falsch.
Verrichtet seinen Dienst auf der einen Seite und arbeitet zugunsten der anderen
wie viele meiner teuren Landsleute. Natürlich herrscht in einer Pension eine familiäre,
eine intime Atmosphäre. Und das ist passender für jemanden, der an ein neues
Projekt denkt. Was hat mich denn zum Cecil gezogen außer der alten Gewohnheit
und natürlich meinem immer noch ungebrochenen Stolz!
    Das Guckloch in der Tür
wurde geöffnet und gab ein hübsches Gesicht frei, hübscher, als es sich für ein
Dienstmädchen ziemt. Hübscher auch, als es sich für eine Dame ziemt. Was für
ein bezauberndes junges Mädchen! Sie wird sich auf den ersten Blick in mich
verlieben.
    »Ja?«
    Ein Fellachenmädchen? Seltsam! Von nun
an soll das Cecil in seinen schwarzen Wellen begraben liegen!
    »Mohammed Kamil im Cecil-Hotel hat mir
die Pension empfohlen.«
    Sie ließ mich im Entrée Platz nehmen
und verschwand im Inneren der Wohnung. Ich schaute auf die Fotos, um einen
ersten Eindruck von denen zu erhalten, die auf ihnen abgebildet waren. Wer war
dieser englische Offizier? Und wer die Schöne, die sich auf die Stuhllehne
stützte? Sie war aufregend hübsch, aber das Foto war alt. Nach der Mode des
Kleides mußte sie eine Zeitgenossin der Jungfrau Maria sein!
    Dann kam eine alte Frau mit gefärbtem
Haar in leuchtendem Goldblond, sicher die Besitzerin der Pension. Ganz der Typ
einer französischen Kupplerin im Ruhestand, oder auch nicht im Ruhestand, wie
ich hoffe. Und das dort ist ihr Foto aus der Zeit, bevor sie das Alter zur
Ruine gemacht hat. Jetzt klären sich die Dinge langsam. Mohammed Kamil hat sich
über mein Unbehagen seine eigenen Gedanken gemacht. Gut so! Je angenehmer das
Leben wird, desto besser läßt sich's über die neuen Projekte nachdenken.
    »Ich möchte ein Zimmer, Madame.«
    »Sie haben im Cecil gewohnt?« Das
imponiert ihr zweifellos. Sie wäre am liebsten vierzig Jahre jünger. Ich bejahte.
    Sie fragte: »Wie lange wollen Sie
bleiben?«
    »Mindestens einen Monat, vielleicht
wird aber auch ein ganzes Jahr daraus.«
    »Ein Zimmer können Sie haben, aber für
die Sommermonate treffen wir eine Sondervereinbarung.«
    »Einverstanden!«
    »Sie sind

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