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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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im
klaren.«
    »Wäre es nicht das sicherste, Sie
suchten sich einen Verwaltungsposten im Staatsdienst?«
    Auch er war mir in diesem Moment
widerwärtig. Die leichte Klangfarbe eines Menschen, der aus dem Rif kam,
haftete ihm an wie Speisengeruch einem Gefäß, das nicht sorgfältig abgewaschen
wurde. Und er war reichlich rüpelhaft. Für ihn wäre es keine Beleidigung
gewesen, wenn Mirved ihn als unerzogen oder ungebildet bezeichnet hätte. Wenn
ihm jetzt noch einfällt, nach meinem Diplom zu fragen, werfe ich ihm mein
Teeglas ins Gesicht.
    »Woher hast du diese
Begeisterung für die Revolution?«
    »Sie ist meine Überzeugung, Onkel.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Du mußt mir aber glauben!«
    Er lachte müde und meinte dann:
»Offensichtlich hat die Tatsache, daß dir Mirved einen Korb gegeben hat, dich
um deinen Verstand gebracht.«
    Gleichgültig entgegnete ich: »Ich hatte
ohnehin nur flüchtig an eine Heirat gedacht.«
    »Gott erbarme sich deines Vaters«, gab
er mit demselben Gleichmut zurück, »er hat dir seine Starrköpfigkeit vererbt,
aber nicht seine Klugheit.«
    Ich war so wütend, daß
ich am liebsten die Revolution, personifiziert in der Gestalt von Sarhan
al-Buheri, der zweifellos aus ihr Nutzen zog, angegriffen hätte, aber ich
beherrschte mich.
    Die Alte fragte mich: »Warum erzählen
Sie uns nichts von Ihren Plänen?«
    »Ich habe noch nichts Geeignetes
gefunden.«
    »So sind Sie also reich?«
    Ich lächelte selbstsicher, ohne zu
antworten. Da schaute sie mich aufmerksam an.
    Ich verließ die Pension
zusammen mit Sarhan, und der Lift brachte uns hinunter. Er sah mich mit einem
Lächeln an, das zu einem besseren gegenseitigen Kennenlernen aufzufordern
schien. So legte sich meine Wut auf ihn langsam. Fast so, als wolle er einen
Schnitzer korrigieren, den er gar nicht bemerkt hatte, sagte er: »Ein
Verwaltungsposten im Staatsdienst ist heute sicherer als alles andere, aber ein
freier Beruf, mit Bedacht gewählt ...» Wir verließen den Lift, bevor er seinen
Satz beendet hatte, doch sein bekräftigender Tonfall machte weitere Worte
überflüssig. Wir trennten uns. Er ging zur Straßenbahnhaltestelle, ich zur
Garage. Ich kam am Cafe Miramar unten im Gebäude vorbei und mußte daran denken,
wie ich in früheren Tagen mit meinem Onkel dort gesessen hatte, bevor die
Katastrophe eingetreten war.
    Er ging jeden Nachmittag dorthin, um
die Wasserpfeife zu rauchen, und saß dann, in seine leichte Abaja gehüllt, inkognito
da wie ein König im Gewand eines Mannes aus dem Volk, umringt von einer Schar
von Scheichs, Abgeordneten und angesehenen Männern. Ja, das sind längst
vergangene Tage, aber er hätte noch mehr verdient als das, was ihn ohnehin
getroffen hat.
    Ohne ein bestimmtes Ziel zu haben, nur
getrieben von meinem ewigen Verlangen nach Schnelligkeit und Vagabundieren,
bestieg ich meinen Ford.
    Ich sagte mir, daß es gut wäre, Sarhan
al-Buheri nicht links liegen zu lassen, denn seine Erfahrung und seine Bekannten
in der Stadt konnten mir vielleicht von Nutzen sein. So fuhr ich im irren
Tempo, das meinen aufgepeitschten Nerven entsprach, an den Stranden von
Mazarita, von Schatbi und Ibrahimijja vorbei. Die Luft unter dem von Wolken
verschatteten Himmel war angenehm, erfrischend, aktivierend. Die Corniche,
eingefaßt von der Bläue des Meeres, wirkte rein und klar, war sie doch frei vom
Schweiß und Lärm der Sommergäste. Ich war fest entschlossen, nur noch nach
Tanta zu fahren, um Geld zu holen oder Land zu verkaufen. Zum Teufel mit dieser
Stadt und den Erinnerungen an sie!
    Ich fuhr in Richtung Sijuf und raste
dann über die Straße nach Abuqir, die schönste aller Straßen. Mit der
Geschwindigkeit des Wagens stiegen wieder meine Lebensgeister und meine Lust zu
provozieren. Doch zum letzten Glück fehlten mir die Europäerinnen, die es
früher hier gab, die alte Pracht, die Barren reinen Goldes. Dann sah ich mir
die Morgenvorstellung im Kino Metropol an. Ich flirtete mit einem Mädchen im
Aufenthaltsraum vor dem Büfett. Wir aßen im Omar Khajjam gemeinsam zu Mittag
und schliefen während der Siesta miteinander in ihrer Wohnung in
al-Ibrahimijja. Als ich am späten Nachmittag in die Pension zurückkam, wußte
ich nicht einmal mehr ihren Namen.
    Das Entrée und der Salon waren leer.
Ich nahm eine Dusche, und als das Wasser an mir hinunterlief, fiel mir das
hübsche Fellachenmädchen wieder ein. Nachdem ich in mein Zimmer zurückgekehrt
war, verlangte ich eine Tasse Tee, um sie wiederzusehen. Ich bot

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