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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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Student?«
    »Ich komme aus besten Verhältnissen.«
    Sie kam mit einer Liste und fragte nach
meinem Namen.
    »Husni Allam«, sagte ich.
    Ein ungebildeter Mensch. Ein Rüpel mit
hundert Feddan auf der Hand.
    Glücklich, weil er die Art Liebe nicht
kennt, von der die Schlagersänger schluchzen.
    Ein angenehmes Zimmer mit
veilchenfarbenen Wänden. Da erstreckt sich das Meer in reinem Blau bis zum
Horizont. Eine herbstliche Brise spielt mit den Vorhängen, und am Himmel
treiben verstreute Schäfchenwolken. Ich sah dem Fellachenmädchen zu, wie es das
Bett mit Laken und Decken zurechtmachte. Ihr Körper war kräftig und anmutig,
mit ausgeprägten Rundungen. Wenn ich mich nicht täusche, hat sie bisher weder
ein Kind geboren noch abgetrieben! Jedenfalls dürfte es angebracht sein, daß
ich mir Zeit nehme, um die Geheimnisse hier einzukreisen.
    »Wie heißt du, meine Schöne?«
    »Zuchra«, entgegnete sie mit ernstem
Gesicht.
    »Du bist, was dein Name sagt, eine
hübsche Blume!«
    Sie bedankte sich mit einer Neigung des
Kopfes, jedoch ohne zu lächeln.
    »Gibt es noch andere Gäste in der
Pension?«
    »Zwei ältere Herren und einen jungen
Mann in Ihrem Alter, mein Herr.«
    »Und welchen Kosenamen hat er dir
gegeben?«
    Höflich und kühl erwiderte sie: »Mein
Name ist Zuchra.«
    Sie ist ernster, als es nötig wäre. Sie
wird jeder Wohnung zur Zierde gereichen, die ich in Zukunft miete. Sie ist
zudem viel hübscher als meine dämliche Verwandte, die beschlossen hat, ihren
Bräutigam nach Vorschrift der National-Charta zu wählen.
    Vergiß es, Sunnyboy, vergiß es!
    »Meinst du es wirklich
ernst?«
    »Aber natürlich, meine Liebe!«
    »Ich bin mir ziemlich sicher, du kennst
die Liebe gar nicht.«
    »Ich will dich heiraten, wie du
siehst.«
    »Mir kommt es so vor, als ob du gar
nicht lieben könntest.«
    »Ich will dich heiraten. Heißt das
nicht, daß ich dich liebe?«
    Gegen meinen Zorn und meine Wut
ankämpfend, stieß ich hervor: »Und ich bin doch durchaus geeignet für eine Ehe,
nicht wahr?«
    »Wie stehen die Bodenpreise zur Zeit?«
fragte sie nach kurzem Zögern.
    Ich sah die Schuld für diese
demütigende Situation bei mir und sagte im Hinausgehen: »Ich verlasse dich
jetzt, damit du in Ruhe überlegen kannst.«
    Am Frühstückstisch lernte
ich die anderen Gäste kennen. Amir Wagdi, ein Journalist im Ruhestand,
mindestens achtzig, schlank und ziemlich groß, von einer Gesundheit, um die man
ihn nur beneiden konnte. Sein runzliges Gesicht mit den eingesunkenen Augen und
den hervorstehenden Knochen würde keinen Wurm mehr fett machen. Sein Anblick
war mir widerwärtig.
    Wie hatte er nur am Leben bleiben
können, während jeden Tag Generationen jüngerer Männer umkamen.
    Tolba Marzuq war mir kein Unbekannter.
Mein Onkel väterlicherseits hatte eines Tages die Sequestration seines
Vermögens mitfühlend kommentiert. Aber natürlich sagte ich ihm nichts davon.
Wir hatten die Nachrichten von der Sequestration gierig verschlungen wie einen
Horrorfilm und waren immer noch brennend an ihnen interessiert.
    Er fragte mich: »Stammen Sie aus der
Familie Allam in Tanta?«
    Ich bejahte mit heimlicher Freude.
    »Ich kannte Ihren Vater recht gut«,
sagte er da, »er war ein hervorragender Grundbesitzer und Landwirt.« Dann
wandte er sich an Amir Wagdi, der gerade vom Tisch aufstand, und lachte: »Er
stand Gott sei Dank nicht allzu lange unter dem Einfluß dieser Clowns.« Da er
merkte, daß ich nicht verstand, was er meinte, erklärte er: »Ich spreche von
den Wafdisten.«
    Gleichgültig bemerkte ich: »Soviel ich
weiß, war er Wafdist, als das ganze Land wafdistisch war.«
    Er glaubte mir und fragte dann weiter:
»Soweit ich informiert bin, haben Sie noch Geschwister?«
    »Mein Bruder ist Konsul in Italien, und
meine Schwester ist die Gattin unseres Botschafters in Abessinien.«
    »Und was tun Sie?« setzte er seine
Fragerei mit hüpfenden Pausbäckchen fort.
    In diesem Augenblick haßte ich ihn so,
daß ich ihm den Tod wünschte.
    Sollte er zur Wasserleiche werden oder
bei einem Brand verkohlen! Aber ich entgegnete, als mache es mir nichts aus:
»Nichts!«
    »Bestellen Sie denn Ihren Boden nicht?«
    »Er ist verpachtet, wie Sie vielleicht
wissen. Ich denke jedoch daran, etwas Neues anzufangen.«
    Sarhan al-Buheri, der dritte Gast,
Prokurist in der Spinnerei-Gesellschaft von Alexandria, und die alte Madame
hatten uns zugehört. »Und was wollen Sie tun?« fragte Sarhan al-Buheri.
    »Darüber bin ich mir noch nicht ganz

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