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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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Problemen zu helfen, und? Haben sie dir vielleicht die Wege zum Paradies
geebnet zum Dank? Die Preise steigen, die Gehälter bleiben gleich, und unser
Leben verrinnt. Okay! Was machen wir falsch? Wie konnte das alles geschehen?
Sind wir vielleicht Versuchskaninchen? Mein Lieber, leg mich in die
Gebetsrichtung, und sarg mich ein!«
    Mir kam meine eigene Stimme wie die
eines Fremden vor, als ich ihn fragte: »Und, wann fangen wir an?«
    »Erst in zwei oder drei Monaten. Wir
müssen alles sehr gründlich planen.
    Dann werden wir aber später auch ein
Leben haben wie der unvergeßliche Harun al-Raschid!«
    Obwohl mein innerer Widerstand längst
zusammengebrochen war, machte ich mir große Sorgen. Er schaute mich prüfend an
und fragte: »Na, was ist los?«
    Ich mußte lachen, lachen, bis mir die
Tränen kamen. Er starrte mich die ganze Zeit mit kühl fragendem, festem Blick
an. Ich neigte mich über den Tisch zu ihm hinüber und flüsterte: »Okay, lieber
Kollege!« Er drückte mir die Hand und ging. Ich blieb mit reichlich
widersprüchlichen Empfindungen allein zurück.
    Mir fiel etwas ein, was noch nicht
allzu lange zurücklag. Machmud Abul-Abbas hatte mir gesagt: »Ustas, ich werde
Sie bald einmal bitten, daß Sie mir mit Ihren Erfahrungen behilflich sind!« Auf
meine Frage, worum es gehe, informierte er mich: »Ich werde — inschaallah — das
Restaurant von Panioti kaufen, wenn der beschließt, ins Ausland zu gehen.«
    Ich war ehrlich verblüfft, schaute auf
seine Auslagen voller Bücher, Zeitschriften und Zeitungen. Hatte ihm das
wirklich so viel eingebracht, daß er das Restaurant Panioti kaufen konnte?
    »Was wollen Sie denn von mir wissen?«
fragte ich ihn. »Schließlich verstehe ich von Speisen nur so viel, daß sie zum
Essen da sind!«
    »Ich werde Sie bitten, daß Sie mir bei
der Abrechnung helfen!«
    Ich sagte ihm meine Hilfe zu. Dann kam
mir der Gedanke, meine Feddan Acker zu verkaufen und sein Teilhaber zu werden.
»Vielleicht brauchen Sie ja einen, der mitmacht?« fragte ich ihn.
    »Nein!« entgegnete er mit sichtlichem
Widerwillen. »Ich halte nichts von Teilhaberschaft! Ich möchte schließlich
nicht, daß das Restaurant so groß wird, daß der Staat darauf aufmerksam wird!«
    Ich ging zum Hauptgebäude
der ASU zu einem Vortrag über den schwarzen Markt, dem eine öffentliche
Diskussion folgte. Als die Versammlung zu Ende war und ich mich schon auf dem
Weg zum Ausgang befand, hörte ich, wie jemand nach mir rief. Ich blieb im
dichten Gedränge stehen, blickte mich um und sah Rafat Amin auf mich zukommen.
Seit unserer gemeinsamen Studienzeit an der Universität waren wir uns nicht
mehr begegnet. Wir schüttelten uns herzlich die Hände und gingen mit der
Menschenmenge hinaus. Er erzählte mir, er habe an der Versammlung teilgenommen,
weil er — wie ich auch -Mitglied einer Grundeinheit sei, nämlich der der
Vereinigten Grubengesellschaft. Wir spazierten zur Corniche, denn es war ein
herrlicher Abend. Als wir endlich allein oder doch fast allein waren, konnten
wir uns vor Lachen kaum noch halten. Wir lachten ohne äußeren Anlaß, lediglich
aufgrund unserer gemeinsamen Erinnerungen, die wir nie vergessen werden,
gemeinsamer sozialer Erfahrungen, die wir Seite an Seite gemacht hatten.
Gemeinsam hatten wir Beifall zu Reden geklatscht, gemeinsam Begeisterungsrufe
ausgestoßen. Das war zu jener Zeit, als wir beide Mitglied im Wafd-Komitee der
Studenten an der Fakultät waren. Weißt du noch.. .?
    Natürlich, wer könnte das vergessen?
Damals waren wir Feinde des Staates.
    Ja! Aber heute sind wir der Staat. Auf
diese Weise sprangen wir in unserem Gespräch zwischen Vergangenheit und
Gegenwart hin und her.
    Schließlich meinte ich: »Ich kann nicht
glauben, daß du, ausgerechnet du, dich heute so ganz von deinem Wafd-Denken
gelöst haben solltest!«
    Wieder lachte er auf und entgegnete:
»Du dagegen warst nie ein richtiger Wafdist! Du hast später bloß eine Parteizugehörigkeit
gegen die andere eingetauscht, und wer damit den Anfang macht, wie du, ist
besonders charakterlos!« Dann stieß er mich mit dem Ellenbogen an und wollte
wissen: »Bist du denn nun wenigstens heute ein aufrichtiger Sozialist?«
    »Aber natürlich!«
    »Und warum bitte?«
    »Es gibt Faktoren bei der Revolution,
mit denen sich selbst ein Blinder einverstanden erklären muß!«
    »Und ein Sehender?«
    »Ich meine, was ich sage!« entgegnete
ich ernsthaft.
    »So bist du also ein sozialistischer
Revolutionär?«
    »Ohne jeden

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