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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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eingestellt, daß es zum Schluß noch zu
einer heftigen Auseinandersetzung kommen wird. So etwas habe ich schon mehr als
einmal erlebt. Ich hatte mich damals an der Fakultät verliebt, aber ich war
leider zu spät gekommen. Und dann war die Chance verpaßt. Es war eine wirkliche
Chance gewesen. Sie war hübsch, ein Mädchen mit Zukunftsaussichten, war die
Tochter eines Arztes, dem die Gelder der Kranken nur so zuströmten. Aber was
nutzt schon das Wörtchen »wenn«?
    Und nun schlug mir das Herz wieder
schneller. Ja, ich hatte mich in die Fellachin verliebt. Aber es war ein rein
körperliches Verlangen, ähnlich dem, das mich damals zu Safejja ins Genevoise
getrieben hatte.
    »Ich brauche ein Zimmer
für länger!«
    Mich trifft ein zufriedener Blick aus
neugierigen blauen Augen, dann lehnt sie sich in dem Kanapee unter dem
Jungfrauenbild zurück. In ihren Bewegungen liegt eine Anmut, die ihr wohl aus
besseren Zeiten geblieben ist. Ihr goldblond gefärbtes Haar zeigt, daß sie sich
an diese Zeiten klammern will.
    Mit unverblümtem Geschäftssinn feilscht
sie mit mir um den Preis und betont, daß die Zimmer im Sommer teurer seien.
    »Aber sind Sie denn jetzt erst nach
Alexandria gekommen?«
    Das ist keine Frage, die ganz nebenbei
gestellt wird, sondern leitet ein längeres Verhör ein. Um mich mit ihr auf
guten Fuß zu stellen, gehe ich darauf ein und lege ein Geständnis über meine
Arbeit, mein Alter, meinen Heimatort, meine soziale Position ab. Währenddessen
kommt die Fellachin von einem Gang zurück. Sie sieht mich und schaut zu Boden.
Mit einem Blick hat sie die Situation erkannt. Im Hinausgehen stolpert sie vor
Verlegenheit. Aber natürlich bemerkt Madame ihre Verlegenheit ebensowenig, wie
daß sie vor Scham rot geworden ist. Als sie mich ins Zimmer führt, das letzte
freie Zimmer mit Blick zur Straße, sind wir zwei Freunde, die sich schon sehr
lange kennen.
    Befriedigt inspiziere ich
das Zimmer und setze mich dann guter Dinge in den großen Sessel. Während ich
dort sitze, erfahre ich auch den Namen der Fellachin, ohne nach ihm gefragt zu
haben, denn sie wird gerade gerufen.
    Bald darauf kommt sie mit Bettüchern
und Decken in mein Zimmer, um mein Bett zurechtzumachen. Ich beobachte sie
glücklich und betrachte voller Neugier und Verlangen ihr Haar, ihre
Gesichtszüge, ihre Figur. Beim heiligen Abul-Abbas, das Mädchen ist wirklich
hübsch, mehr noch, bezaubernd.
    Und sie besitzt Charakter! Sie will
mich heimlich ansehen, aber ich nehme mich vor ihr in acht.
    »Ich bin so glücklich, Zuchra«, lächle
ich ihr zu. Sie arbeitet weiter, als habe sie mich gar nicht gehört.
    »Gott schenke dir ein langes Leben! Ich
fühle mich wieder ins Rif zurückversetzt, aus dem ich hierher gekommen bin.« Da
sie lächelt, fahre ich fort:
    »Gestatte, Zuchra, mein Name ist Sarhan
al-Buheri!«
    Nun kann sie sich nicht mehr
beherrschen: »Buheri?« fragt sie.
    »Aus Firqasa in al-Buhera.«
    Sie unterdrückt ein Lachen: »Und ich
bin aus al-Zijadijja!«
    »Mein Gott, wie schön!« rufe ich
enthusiastisch, als sei die gemeinsame Herkunft aus ein und demselben
Gouvernorat ein Wunder, geeignet, mir mein Glück und meine Liebe zu garantieren.
    Sie ist fertig und will das Zimmer
verlassen, aber ich bitte sie: »Bleib noch ein bißchen, ich möchte dir noch
sehr viel sagen!«
    Sie wehrt jedoch mit einer
unschuldig-koketten Kopfbewegung ab und geht. Ich bin glücklich darüber, daß
sie meiner Bitte nicht entsprochen hat, denn ich halte das für eine
»Sonderleistung«, die einem gewöhnlichen
    »Kunden« nicht zuteil geworden wäre.
Ja, sie ist eine reife Frucht, die ich nur zu pflücken brauche. Aber ihr Leib
ist noch unschuldig, wie mir scheint, und ich weiß nicht, wie ich ihn
vorbereiten soll. Ich liebe sie und will sie besitzen. Wenn wir doch in einer
gemeinsamen Wohnung lebten, fern von dieser Pension, in der ständig irgendein
Störenfried auftaucht!
    Am Frühstückstisch lerne
ich zwei seltsame alte Männer kennen. Der Ältere von beiden ist ein lebender
Leichnam, eine Mumie, aber doch von einer gewissen Fröhlichkeit. Es heißt, er
sei früher Journalist gewesen. Der andere ist Tolba Marzuq. Sein Name war mir
nicht unbekannt, auch wenn ich mich nicht gleich an ihn erinnerte. Er war unter
denen, deren Besitz seinerzeit sequestriert wurde. Was ihn wohl in diese
Pension geführt hat? Er vor allem macht mich neugierig, denn alles Ausgefallene
ist aufregend, ob nun ein Verbrecher, ein Wahnsinniger, einer, der verurteilt
oder einer,

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