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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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sie
unbekümmert zu trösten: »Das soll dir doch egal sein!«
    »Dir ist alles egal, aber ...«
    »Eins vor allem ist mir nicht egal,
Zuchra ...« Ich beuge mich etwas zu ihr hinunter, um ihr mit den Augen zu
verdeutlichen, was ich meine, und bitte sie dann in echtem Verlangen: »Laß uns
doch zusammenleben, irgendwo, weit weg von hier!«
    »Und wo?« fragt sie zweifelnd.
    »In einer Wohnung nur für uns beide!«
    Sie schweigt und will mehr hören. Da
ich ihr aber diesen Wunsch nicht erfülle, umwölken sich ihre Augen in
Enttäuschung. Sie fragt weiter: »Wovon sprichst du eigentlich?«
    »Du liebst mich genauso, wie ich dich
liebe!«
    »Ich liebe dich, ja, aber du, du liebst
mich nicht«, antwortet sie mit gedämpfter Stimme.
    »Aber Zuchra!«
    »Du schaust auf mich herab, genau wie
alle anderen!«
    »Ich liebe dich, Zuchra«, sage ich und
meine es aufrichtig, »ich liebe dich von ganzem Herzen, Gott ist mein Zeuge!«
    Voller Kummer überlegt sie ein Weilchen
und fragt mich dann: »Hältst du mich eigentlich genauso für einen Menschen wie
dich selbst?«
    »Kann es denn daran überhaupt einen
Zweifel geben?«
    Sie schüttelt verneinend den Kopf.
    Ich begreife natürlich, was in ihr
vorgeht, und betone: »Es gibt so viele Schwierigkeiten ...«
    Sie schüttelt wieder den Kopf, zieht
aber diesmal zornig die Augenbrauen zusammen und stößt hervor: »Für mich gab es
auch Schwierigkeiten, als ich auf dem Dorf lebte, aber ich habe mich von ihnen
nicht kleinkriegen lassen!«
    Ich habe nicht gewußt, daß sie so stolz
auf sich ist. Ich spüre, wie die Liebe mich in den Abgrund zieht. Ich stehe mit
beiden Füßen unmittelbar an seinem Rand und beuge mich mit all meinem Gewicht
nach hinten, um mich in letzter Minute zu retten. Ich nehme ihre Hand zwischen
meine Hände, küsse sie innen und außen und flüstere ihr ins Ohr: »Ich liebe
dich, Zuchra!«
    Jedesmal, wenn ich in das
schöne, kräftige Gesicht von Husni Allam schaute, träumte ich von herrlichen
Nächten. Aber eines Tages hörte ich von dem Projekt, dessentwegen er nach
Alexandria gekommen ist, um es zu prüfen und in die Tat umzusetzen. Jetzt habe
ich meine Meinung über ihn geändert.
    Tolba Marzuq kann ich aus meiner
Kalkulation streichen, er ist eine Illusion, fern aller Realität. Husni Allam
dagegen ist ein Mann voller Tatendrang. Ich muß mir unbedingt einen Platz in
diesem Projekt sichern. Das bedeutet nicht nur Arbeit und Erfolg, sondern
rettet mich auch im letzten Augenblick vor den teuflischen Plänen Ali Bakirs.
Wirklich bedauerlich ist nur, daß Husni Allam nicht zu fassen ist, wie
Quecksilber. Zwar redet er hin und wieder von dem Projekt, aber im Grunde
streift er die ganze Zeit nur planlos in der Gegend umher, rast wie ein Irrer
mit seinem Auto durch die Stadt, und auf dem Platz neben ihm sitzt immer
irgendeine Frau.
    Einmal meinte ich zu ihm: »Ein Realist
vergeudet seine Lebenszeit nicht bei Vergnügungen!«
    »Und womit vergeudet er sie dann?«
fragte er und lachte.
    Ich antwortete umsichtig, auf meinen
Vorteil bedacht: »Er prüft die Dinge, denkt nach und handelt dann
entsprechend.«
    »Ist ja ganz schön, was Sie da sagen,
aber mir gelingt das Prüfen und Nachdenken immer nur, während ich mich
vergnüge!« Dann, laut lachend:
    »Wir leben schließlich in der Zeit
unmittelbar vor dem Weltuntergang!«
    Ich ließ ihn allein und seufzte: »Mein
Gott, ich möchte gern nützlich sein und auch selbst meinen Nutzen haben. Wie
schafft man das bloß!«
    Wir schleudern uns
gegenseitig Schimpfworte an den Kopf, so verletzend wie Steine oder Abfälle.
Wütend schreie ich: »Jedesmal zanken wir uns! Das ist wie das Jüngste Gericht!«
    Wir schleudern uns gegenseitig
Schimpfworte an den Kopf. Machmud Abul-Abbas, der mich zu seiner dritten
Lektion in Rechnen und Buchführung in ihre Wohnung begleitet hat, ist
verblüfft. Entschlossen, endgültig zu gehen, stehe ich auf, und der Mann geht
mit mir. An der Haustür bitte ich ihn, umzukehren und ihr zu erklären, daß ich
beschlossen habe, auf Nimmerwiederkehr zu verschwinden.
    Ich mache mich auf den Weg ins Miramar.
Erst als Zuchra mir die Tür öffnet, begreife ich, daß ich verfolgt werde. Da
nämlich packt mich eine Hand am Nacken, und ich höre Safejjas Stimme kreischen:
»Du willst mich verlassen? Hältst du mich vielleicht für ein Kind oder ein
Spielzeug?«
    Mit Mühe reiße ich mich von ihr los,
aber sie ist schon in die Wohnung gestürmt. Keuchend flüstere ich ihr zu: »Geh
doch endlich! Die Leute

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