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Miramar

Titel: Miramar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagib Machfus
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Zuchra!«
    »Die Liebe ist eins, und die Ehe ist
etwas anderes«, wirft sie verächtlich hin, »du warst es, der mir das
beigebracht hat!« Jetzt öffnen sich ihre Lippen zu einem kleinen Lächeln und
verraten sie.
    »Was bist du doch für eine kleine Hexe,
Zuchra«, rufe ich. Eine Woge der Freude und Erleichterung überschwemmt mich.
Währenddessen tritt Madame ins Zimmer und schlürft ihren Tee aus einer Tasse,
die sie in der Hand hält. Sie setzt sich auf den Bettrand und erzählt mir die
Geschichte von Zuchras Angehörigen und wie sich das Mädchen geweigert hat
zurückzukehren.
    Hinterhältig frage ich: »Wäre es denn
aber nicht das beste, wenn sie zu ihrer Familie zurückkehrt?«
    Madame lächelt wie eine erfahrene
Kupplerin, die um alles weiß, und betont dann: »Ihre wahren Angehörigen sind
doch hier, Monsieur Sarhan!«
    Ich vermeide es, ihr in die Augen zu
sehen, und ignoriere den Hintersinn ihrer Worte bewußt. Aber ich vermute, daß
die Motte mit diesen Neuigkeiten von einem Zimmer zum anderen flattert.
Vielleicht geht ihr Verdacht ja auch viel weiter. Am Ende bin ich ganz
glücklich über meine vermeintliche Eroberung. In Wirklichkeit aber hat der
Starrsinn, der mir keinerlei Hoffnung gestattet, nicht einen Augenblick lang
nachgelassen. Ich frage mich, wann endlich ich den Mut finde, aus der Pension
auszuziehen.
    Es ist der vertraute und
schon irgendwie langweilige Anblick: Madame sitzt so dicht neben dem Radio, daß
man denkt, ihr Kopf werde darin verschwinden, und lauscht französischen
Schlagern. Amir Wagdi spricht Zuchra einige Worte auf Hocharabisch vor. Es
läutet, und Zuchras Lehrerin kommt herein: Entschuldigung, unsere Wohnung ist
voller Gäste. Wenn Sie gestatten, halte ich die Lektion hier ab ... Zweifellos
sehr freundlich von ihr!
    Wir heißen sie herzlich willkommen. Sie
ist hübsch, elegant und Beamtin.
    Ich beobachte sie, während sie Zuchra
unterrichtet, und fühle mich dazu getrieben, zwischen beiden zu vergleichen,
voller leidiger Erwägungen. Hier ist natürliche Schönheit, verbunden mit Armut
und mangelnder Bildung.
    Dort ist Kultiviertheit, Eleganz,
verbunden mit einer Beamtenstellung. Wenn doch Zuchras Persönlichkeit sich in
einem anderen Milieu und dessen Möglichkeiten hätte entfalten können! Madame
nimmt ungebeten an der Stunde teil, um ihre ewige Neugier zu befriedigen. So
erfahren wir den Namen der jungen Dame, ihre familiären Verhältnisse, hören
auch von ihrem Bruder, der zu einer Tätigkeit nach Saudi-Arabien delegiert
wurde.
    Plötzlich frage ich sie: »Wäre es
vielleicht möglich, daß er uns von dort einiges schickt, was es hier nicht zu
kaufen gibt?« Sie gibt zurückhaltend zur Antwort, sie werde sich erkundigen, ob
das möglich sei.
    Ich verlasse die Pension und gehe zum
Cafe de la Paix, um mich mit dem Ingenieur Ali Bakir zu treffen.
    Er schaut mich zuversichtlich an und
erklärt: »Inzwischen ist klar, was wir im einzelnen zu tun haben, und der
Erfolg ist ganz sicher!«
    Gut, so wollen wir den Sprung zum Erfolg
wagen, der unserem Erdendasein seinen Sinn und Wert geben wird!
    Dann fragt mich Ali Bakir: »Ich habe
Safejja Barakatim Delice getroffen.
    Stimmt es, daß ...?«
    »Dieses verdammte Weibsstück!« rufe ich
widerwillig.
    Er lacht und sieht mich interessiert
an: »Aber hast du sie wirklich verlassen wegen ...?«
    »Bitte, glaub ihr nicht! Wann hat man
sich je darauf verlassen können, daß sie die Wahrheit sagt?«
    Er schaut noch interessierter und
nachdenklicher und betont dann: »Unser Geheimnis jedenfalls ist von der Art,
die man nicht einmal seiner Frau und seinem Sohn anvertraut!«
    »Gott verzeihe dir! Was denkst du denn
von mir?« rufe ich vorwurfsvoll.
    Ist das wunderbar, sage
ich mir. Ein Blick, der der Eitelkeit jedes Mannes schmeicheln würde! Sie
lächelt nicht, zuckt nicht mit der Wimper. Sie — die Lehrerin — dreht den Kopf
plötzlich von Zuchra und ihrem Buch zu mir und wirft ihn mir zu, diesen Blick.
Er dauert nur wenige Sekunden. Sie wirft ihn mir zu, als Zuchra und Amir Wagdi
gerade nicht aufpassen. Und er dauert nur wenige Sekunden. Ich habe Dutzende
wie ihn auf mir ruhen fühlen, und in mir hat sich nichts geregt. Ich habe sie
für völlig nichtssagende Blicke gehalten. In ihrem Blick aber blitzt etwas
nicht zu Beschreibendes flüchtig auf, und das ist, als wolle sie mir eine ganze
Botschaft übermitteln.
    Ich habe mich daraufhin entschlossen,
meine Route zu ändern, habe mich ins Cafe Miramar unmittelbar hinter die
Scheibe

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