Miranda - so stolz und so süß (German Edition)
längst gewonnen. Ich bin Kavalier, Adela, und werde mich weiterhin so benehmen, als seist du eine Dame.”
Miranda stieg die Hitze ins Gesicht. Sie bemühte sich jedoch, die Verärgerung nicht zu zeigen.
“Ich bin ein Mann von Welt”, fuhr er fort. “Ich weiß, du kannst für dich nur anführen, eine Frau zu sein, und daher bist du eher zu bemitleiden, als dass man dich schmähen dürfte.”
Miranda hörte auf, ihre Rolle zu spielen. Sie war viel zu wütend, um jetzt noch vorzugeben, Adela zu sein. Wie konnte Leo so über ihre Stiefmutter reden? Was wusste er überhaupt über sie? Welches Recht hatte er, ein Urteil über sie zu fällen?
“Wenn hier jemand bemitleidet werden muss, dann bist du das”, erwiderte sie. “Ich habe gehört, dass man über dich sagt, du hättest kein Herz. Jetzt habe ich das bestätigt gefunden. Du hast wirklich kein Herz, Leo.”
“Ich handele zum Besten meiner Angehörigen”, erwiderte er in einem Ton, der anders war als sonst, nicht mehr so gelassen.
“Und ich nehme an, du weißt, was gut für sie ist, nicht wahr?”
Miranda konnte nicht wissen, wie sehr sie ihn verärgert und diese verrückte, alle Gefühle freilegende Tollkühnheit in ihm wachgerufen hatte, die er sich zu unterdrücken bemühte, seit er Adela kannte.
“Ich weiß, was man über mich redet”, sagte er. “Ich weiß, dass mir angeblich die Leidenschaft anderer Männer fehlt. Ich schäme mich nicht meines gesunden Menschenverstandes, bin aber auch nicht so gefühllos, wie du zu glauben scheinst. Vielleicht überrascht es dich zu hören, Adela, dass ich mir seit unserer ersten Begegnung nichts mehr gewünscht habe, als dich zu küssen.”
Ruckartig hob Miranda den Kopf, beugte sich vor und starrte Leo von der Seite an. Er wandte ihr das Gesicht zu, und in seinen Augen sah sie, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Er wollte sie küssen. Er hielt sie für ihre Stiefmutter und nahm deshalb an, sie hätte nichts gegen seine Avancen.
“Nein”, flüsterte sie.
“Oh, doch, Adela. Ganz entschieden.”
Jäh hielt er an, schwang sich aus dem Sattel und zog sie zu sich, obwohl sie sich heftig sträubte. Im Nu hatte er die Arme um sie geschlungen und küsste sie begierig. Dann stöhnte er leise auf, als habe er starke Schmerzen, und drückte sie so fest an sich, dass sie sich kaum noch bewegen konnte.
Eigenartigerweise hatte Miranda in Anbetracht dessen, was soeben geschehen war, gar nicht den Wunsch, sich zu bewegen.
Erneut küsste Leo sie, warm und begierig, eine Reaktion von ihr fordernd, für die sie noch viel zu unerfahren war, auch wenn sie sich eifrig bemühte. Für sie waren die Gefühle, die der Kuss in ihr auslöste, noch schockierender als er selbst. Sie erlebte ein Gefühl der Hingabe, des wilden Begehrens. Mehr noch, sie hatte das Gefühl, nichts Unrechtes zu tun.
“Adela”, flüsterte Leo und küsste sie auf die Wange und das Ohr. Das war sehr angenehm und erregend, doch das eine von ihm geäußerte Wort hatte sie in die kalte Wirklichkeit zurückgerissen. Er hielt sie für ihre Stiefmutter und glaubte, er küsse Adela und nicht die praktisch veranlagte, tüchtige und unerfahrene Miranda.
Er musste gemerkt haben, dass sie sich ihm innerlich entzog. Er beugte sich etwas zurück und lachte rau und verlegen.
“Großer Gott! Ich scheine mich schon wieder vergessen zu haben! Es ist riskant, sich in deiner Nähe zu befinden, Adela!”
Miranda hatte den belustigten Unterton in seiner Stimme gehört. Seine Unsicherheit war ihr jedoch entgangen. Sie merkte, dass sie den Tränen nahe war.
“Ich entschuldige mich wieder und bitte dich, mein überstürztes Verhalten den Verlockungen zuzuschreiben, denen ich mich ausgesetzt sehe.”
“Bitte, lass mich los, Leo.”
Er wollte widersprechen, sah jedoch offenbar ein, das sei sinnlos. Kaum hatte er sie losgelassen, wich sie einige Schritte zurück, wandte sich ab und verschränkte fest die Hände.
“Ich begleite dich nach Hause”, sagte er leise.
“Das wirst du nicht”, widersprach sie. “Bitte, lass mich jetzt allein. Ich brauche diese Art deiner Hilfe nicht.”
“Vor einer Weile hast du sie noch gebraucht”, entgegnete er gekränkt.
“Ja.” Miranda schaute ihn an. Sie war blass, und ihre Augen wirkten übernatürlich groß. Sie sah sehr jung und verletzbar aus, und Leo hatte bei der Erinnerung dessen, was er getan hatte, starke Gewissensbisse. “Auf Wiedersehen, Leo.”
7. KAPITEL
Leo sah Adela sich hocherhobenen Hauptes, die
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