Miranda - so stolz und so süß (German Edition)
gehen.”
“Nein, nein, ich werde laufen.”
Er warf ihr einen ungläubigen Blick zu. An diesem Tag nahm sie jedoch keinen Anstoß an seinem gebieterischen Gebaren. Seine Besorgnis wirkte tröstlich und beruhigend auf sie.
“Was hast du dir dabei gedacht, Adela? Ich habe Miss Lethbridges Kutscher auf dem Weg nach Oak House getroffen. Er hat mir gesagt, er habe dich im Dorf abgesetzt. Zunächst wollte er mir das nicht erzählen. Er war jedoch sehr besorgt und hat geäußert, er habe gehört, dass Mrs Bennett gegen dich Stimmung macht.”
“Oh.” Langsam gewann Miranda die Fassung zurück. Sie schob eine Locke unter den Hut. “Ich habe das Dorf nur bei meiner Ankunft gesehen und dachte, es sei gut, wenn ich es besser kennen würde.”
Leo schaute sie an, als habe sie den Verstand verloren. “Es besser kennenlernen? Was gibt es hier zu sehen?”
“Nun, es ist sehr hübsch. Ist dir das nie aufgefallen?”
Schweigend starrte er sie noch einen Moment lang an und brach dann in Lachen aus. Sie betrachtete ihn kühl, bis er zu lachen aufgehört hatte.
“Du wolltest mit Mr Thorne, diesem Schuft, sprechen, Adela! Gib es zu und lass es dabei bewenden.”
Offenen Mundes starrte Miranda Julians Vetter an. “Das werde ich nicht tun.”
“Adela” wiederholte er. “Das ist ein hübscher Name, viel hübscher als dieses Dorf. Und was Mr Thorne angeht, so ist er nicht mehr hier.”
Miranda war sprachlos. Leo hatte Mr Thorne vertrieben? Wie anmaßend von ihm! Und welche Erleichterung! “Du weißt also Bescheid?”, fragte sie dumpf.
“Meinst du, ich habe nicht gemerkt, dass du soeben Ausflüchte gemacht hast oder dass Mr Thorne dich mied?”
“Ich meinte meine Probleme mit ihm”, antwortete sie steif.
“Ja, das habe ich mir gedacht. Ich bezweifele, dass Julian ihn mehr als einmal jährlich getroffen hat, und dann auch nur, wenn er vor dem Gasthaus auf ihn wartete, was du kaum tun kannst, Adela.”
Miranda war überzeugt, dass ihre Stiefmutter sich nicht davon hätte abhalten lassen, das Wirtshaus zu betreten. Ehe sie Leo jedoch darauf hinweisen konnte, kam ihr ein anderer Gedanke. “Aber was soll aus meinen armen Pächtern werden, wenn Mr Thorne fort ist?”
Leo bedachte sie mit einem Blick, der halb Ungeduld, halb Nachsicht ausdrückte. “Du hättest nur zu mir kommen müssen, Adela. Ich hätte mich mit ihnen befasst.”
Miranda versteifte sich. “Du bist sehr anmaßend, Leo. Das sind meine Pächter, und Mr Thorne war mein Verwalter. Ich hätte mit ihm reden müssen und sollte mich auch mit ihnen befassen.”
Einen Augenblick lang starrte Leo sie enerviert an, hob Adela dann, ehe sie sich wehren konnte, aufs Pferd und schwang sich in den Sattel.
“Sag nichts”, riet er ihr. “Halt dich gut an mir fest. Und sträub dich nicht. Verlang nicht, dass ich dich absetze, und beleg mich nicht mit Schimpfwörtern. Ich kann mir denken, dass du viele kennst. Kurzum, ich habe die Absicht, dich nach Hause zu bringen, und daran wird nichts mich hindern.”
Wütend auf ihn hielt Miranda sich an ihm fest und sah stur geradeaus. Daher sah sie das kleine Lächeln nicht, das um seinen Mund lag, und auch nicht seinen amüsierten Blick. Schweigend legte man fast eine Meile zurück.
“Ich glaube, du hast vergessen, dass wir Gegner sind”, sagte Miranda schließlich, aber der leichte Ton, den sie angeschlagen hatte, täuschte Leo nicht mehr.
“Vielleicht ziehe ich es vor, das zu vergessen.”
“Ich kann das nicht vergessen”, erwiderte sie kühl. Sie zwang sich, an seine Beleidigungen und seine Bestechungsversuche zu denken, ganz zu schweigen von seinem schockierenden Benehmen.
“Nein, das merke ich. Bist du bereit, mein Angebot anzunehmen?”
Der Ton von Leos Stimme hatte sich verändert. Er hatte nicht mehr so höflich geklungen wie zuvor. Miranda redete sich ein, das könne ihr nur recht sein. Sie zog es vor, wenn Leo sich distanziert und unnahbar gab.
“Nein, ich nehme es nicht an.”
“Vielleicht möchtest du dich dafür bedanken, dass ich dir zu Hilfe geeilt bin, nicht nur einmal, sondern zweimal.”
“Ich dachte, ich hätte mich schon brieflich bei dir bedankt.”
“Pendle ist der Ansicht, du hättest ihn nicht verdient.”
Miranda verengte die Augen.
“Ist er dein Spion, Leo? Schickt er dir stündlich Berichte? Vielleicht sollte das so sein. Schließlich führen wir beide gegeneinander Krieg, du und ich.”
“Krieg?” wiederholte Leo spöttisch. “Wenn dem so wäre, hätte ich ihn
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