Miranda - so stolz und so süß (German Edition)
überlassen.”
Miranda antwortete nicht gleich. Sie nahm in einem mit gelbem Brokat bezogenen Sessel Platz und unterdrückte mühsam den Wunsch, sich vor Miss Lethbridge negativ über Leo zu äußern.
“Vielleicht ist das der Grund”, murmelte sie und rang sich ein Lächeln ab.
Sophie schien zu bemerken, wie gezwungen das Lächeln war. “Nun, man kann sich immer auf Leo verlassen. Haben Sie sich schon verlaufen?”
“Wie bitte?”
Sophie kicherte. “Ich meine, haben Sie sich schon im Haus verlaufen? Es ist so verwirrend angelegt. Als Kinder haben wir dort Verstecken gespielt. Julian kannte viele Verstecke, wo wir ihn nie gefunden haben.”
“Das kann ich mir gut vorstellen.”
“Ich habe noch einen Brief von Jack bekommen. Er trifft in dieser Woche hier ein.”
Miranda lächelte. “Wie angenehm für Sie.”
“Oh, er kommt nur her, weil Leo hier ist. Er will mich so oft wie möglich mit ihm zusammenbringen. Der arme Jack! Er gibt nie auf.”
Darauf schien es nicht viel zu sagen zu geben. Daher schwieg Miranda.
“Nach seiner Ankunft werden wir eine Gesellschaft geben, ein Diner dansant. Sie müssen daran teilnehmen, Miranda, und die Leute aus der Nachbarschaft kennenlernen. Alle sind sehr freundlich, überhaupt nicht überheblich oder eingebildet.”
“Nicht einmal Leo?”
“Oh, er ist längst nicht so hochnäsig, wie er tut. Wenn ich in seiner Gegenwart unruhig werde, denke ich daran, wie er als Junge die Masern hatte. Man hat mir später davon erzählt. Es heißt, er soll sie überall gehabt haben.”
“Sophie! Ich befürchte, du lernst nie, dich richtig zu benehmen.”
Die tiefe Stimme hatte halb verzweifelt, halb belustigt geklungen. Überrascht schaute Miranda zur Tür und sah einen hellhaarigen Mann, bei dem es sich eindeutig um Miss Lethbridges Vater handelte, da die beiden sich sehr ähnlich sahen. Er war klein und hatte ein zerfurchtes Gesicht. Wenn man den verschmitzten Ausdruck in seinen grünen Augen sah, begriff man jedoch, dass er nicht so streng war, wie er wirkte.
Miranda hatte angenommen, er sei ein harscher und gefühlloser Mensch, der seine Tochter bei sich behalten wollte, statt ihr noch weitere Möglichkeiten auf dem Heiratsmarkt geben. Nun änderte sie jäh ihre Meinung über ihn. Wenn er Miss Sophie davon abhielt, noch eine erfolglose Saison in London zu verbringen, dann nur, weil er sie gern hatte und beschützen wollte.
“Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mrs Fitzgibbon”, sagte er und lächelte fragend. “Seit Sophie bei Ihnen war, hat sie viel über Sie geredet.”
“Ich habe es sehr geschätzt, Sir, dass sie mich aufgesucht hat. Das war ein Lichtblick an einem ansonsten trüben Tag.”
Sir Marcus’ Lächeln wurde mitfühlend. “Mir ist zu Ohren gekommen, dass Sie die Bennetts entlassen haben. War das klug, Mrs Fitzgibbon? Das ist eine weit verzweigte Familie. Man weiß nie, wann einer von ihnen plötzlich vor der Haustür auftaucht.”
“Oh, Papa! Sie sind harmlos. Ich weiß, Mrs Bennett wirkt etwas bösartig, aber andererseits hat sie eine so komische Art. Und ihr Vater …”
“Ist ein abscheulicher alter Taugenichts”, warf Sir Marcus ein. “Im Nachhinein finde ich es gut, dass Sie die Bennetts los sind.”
“Das glaube ich auch. Jedenfalls dachte ich das, bis Mr Pendle bei mir eintraf.”
“Er ist seit einer Ewigkeit bei den Fitzgibbons. Selbst Leo hat Angst vor ihm”, sagte Sir Marcus.
“Ach, Unsinn!”, widersprach Sophie. “Leo hat vor nichts Angst. Ich habe Mrs Fitzgibbon gesagt, Papa, dass Jack herkommt und wir eine Gesellschaft geben werden.”
“Sie kommen doch, nicht wahr, Madam? Dann werden Sie meinen Sohn und Erben kennenlernen.”
“Ja, Sie müssen ihn kennenlernen!”, rief Sophie aus.
“Aber rechnen Sie nicht damit, dass er viel Sinnvolles sagt”, fuhr Sir Marcus fort. “Das tut er nie.”
“Du irrst dich, Vater”, entgegnete Sophie und schaute ihn verschmitzt an. “Er versteht sehr viel von Pferden und vom Kartenspiel und weiß immer, was sich gehört.”
“Du hast recht, meine Liebe. Ich gebe zu, mich geirrt zu haben. Er weiß alles, was ein junger, nicht schlecht situierter Mann aus gutem Haus wissen muss.”
Man plauderte noch eine Weile, und dann verabschiedete sich Miranda. Nachdem sie das Haus verlassen hatte, fand sie, nie in einem Haus gewesen zu sein, wo die Stimmung gelöster und glücklicher war. Sie bat den Kutscher, sie im Dorf abzusetzen, und fügte hinzu, sie zöge es vor, die drei Meilen
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