Miras Welt (Mira und Melissa) (German Edition)
Lebenshilfebüchlein mit schönen Fotos und Sprüchen und anderes mehr. Eines fiel mir besonders auf: „Über die Trauer“ von Mira Mertens. Auf dem Cover war ein sehr schönes Bild eines Segelschiffes am Horizont. Das Wasser glitzerte herrlich. Ich bekam richtig Reiselust beim Betrachten.
Ansgar machte die ersten Bilder von den Tischen. „Vergiss bitte nicht das rosenbewachsene Gartentor und die Girlande aus Blumen über der Haustür.“
„Ey, bin ich ein Anfänger oder was?“ knurrte Ansgar mich an.
„Schon gut, schon gut. Knips einfach alles und ich suche dann die brauchbaren Aufnahmen aus. Ich möchte auch Bilder von den Gruppenmitgliedern und vor allem von Frau Mertens.“ Ansgar schaute mich fragend an: „Von wem?“ „Na, von der alten Dame mit den weißen Löckchen, die hier das Sagen hat!“
Ansgar und ich, wir konnten uns vom ersten Tag an nicht leiden. Weiß der Geier, warum. Inzwischen hatten wir gelernt, uns zu nehmen wie wir waren und unsere gegenseitige Abneigung einigermaßen höflich zu überspielen. Am besten beachtete ich ihn erst wieder, wenn es Zeit war, den Auftrag zu beenden.
„Hallo Melissa, schön Sie wiederzusehen!“ Neben mir stand plötzlich Klara. Sie trug einen wunderschönen tiefroten Pullover aus Merinowolle zu einer schwarzen Jeans.
„Guten Tag, Klara, die Freude ist auf meiner Seite. Hier ist ja ganz schön was los!“
Sie strahlte mich an. „Oh ja, das Fest wird sicher wieder ein ganz besonderes. Von Jahr zu Jahr wird es besser angenommen von der Bevölkerung. Sehen Sie sich überall um! Im Wohnzimmer ist ein kaltwarmes Büffet aufgebaut, hier auf der Diele und auch im Garten hinter dem Haus ist der Flohmarkt aufgebaut – greifen Sie ruhig tief in die Tasche! Und Joachim gibt in einer Stunde ein Konzert.
„Wo ist Mira?“
In dem Moment als ich fragte, kam sie aus der Küche und trug einen großen Krug mit Kirschsaft und eine Kuchenplatte durch die Diele ins Wohnzimmer.
„Lassen Sie mich helfen, Mira! Das ist doch beides zu schwer für Sie!“ Ich griff beherzt zu, nahm die große Platte mit duftendem Kuchen an mich und trug sie zur Tafel.
„Melissa, danke schön. Sie kommen ja wie gerufen. Mögen Sie ein wenig helfen? Die Kinder vom Waldkindergarten sollen für ihre Basteleien belohnt werden, sie sollen Engelkekse bekommen. Gretchen hat die Kekse. GRETCHEN! Wo bist du? Bring mal deine Kekse her!“
Und schon verschwand eine rotwangige und glückliche Mira in der Menge der Anwesenden. Sie schien in ihrem Element zu sein.
Mir wurde jetzt eine große Schachtel mit Keksen in die Arme gedrückt mit den Worten: „Sie wissen ja Bescheid.“ Das musste wohl besagte Gretchen sein, dachte ich mir. Eine stämmige Frau jenseits der 50, mit einer energischen Ausstrahlung. Welche Gabe sie wohl in Miras Engelarbeitsgruppe mitbrachte? Ich grinste in mich hinein, denn ich sah in meiner Fantasie eine Gretchen, die in Feldwebelmanier kleine freche Teufelchen in einen gruseligen Höllenschlund zurückschickte: „Im Gleichschritt - Marsch, Marsch!“
Ich brauchte nicht lange nach den Kindergartenkindern zu suchen, die hatten die Kekse erspäht und kamen auf mich zu gerannt, reckten ihre Ärmchen hoch und zogen kreischend an meiner Kleidung. „Hey, mal langsam, ihr bekommt alle einen Keks“, lachte ich. „Aber nur wenn ihr aufhört, an mir herumzuzerren!“ Die Kekse aus Mürbeteig in Engelform waren groß, dufteten nach Butter und Orange und waren mit kleinen silbernen Zuckerperlen verziert. Als die Raubtiere gefüttert waren, äh… die Kinderchen ihren Obolus bekommen hatten, ging ich weiter durchs Haus und in den Garten hinaus. Überall tummelten sich Besucher. Die Stimmung war heiter, alle fühlten sich wohl. Plötzlich zupfte jemand an meinem Rock. Ich beugte mich hinunter und sah einen Dreikäsehoch, der mich angrinste und ein Tonpappenengelchen in die Höhe reckte. „Hier, für dich. Ich mag dich.“ Dann verschwand er flink wie ein kleines Wiesel, weil die Erzieherin ihre Schützlinge zusammenrief, um wieder in den Kindergarten zurückzugehen. Ich war so überrascht, dass ich mich gar nicht bedanken konnte. Das Engelchen war aber auch niedlich, meine Güte. Es hatte Haare aus Lametta und ein süßes Gesichtchen, mit ungelenker Hand gemalt, und dadurch sehr, sehr charmant. Ich beschloss spontan, es an meinen Rückspiegel zu hängen, als Schutzengel für meine oftmals rasanten Autofahrten. Sicher ist sicher!
Klara kam erneut auf mich zu. „Mira hat mir gesagt,
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