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Mischpoche

Titel: Mischpoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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wieder Sinn und Weihe.
    Wie geplant, erschien Nemeth am Montagmorgen zur genannten Zeit und händigte ihm einen Eisenbahnerausweis, der ironischerweise auf den Namen Volker Hagen lautete, aus. »Um 16 Uhr geht ein Zug nach Arnoldstein ab. Von dort bringen dich die Kollegen dann morgen nach Tarvis. Von dort musst allerdings als Urlauber weiterfahren. Der 9 Uhr 30er bringt dich in einer guten Stunde nach Udine. Natürlich gäb’s später auch den Beschleunigten, aber in so einem Pimperlzug wirst niemandem auffallen. Da glaubt ein jeder, du bist einfach nur zur Erholung da.«
    »Sag, und was machen wir, wenn die Italiener den Zug heute schon ’raufschicken?«
    »Dann wissen die Kollegen in Arnoldstein das. Denn dort muss er auf jeden Fall vorbei, wenn er aus Udine wegfährt. Eine andere Route gibt es nicht.«
    »Na dann, schau’n wir uns das einmal aus der Nähe an«, meinte Bronstein und schüttelte Nemeth die Hand.
    Den ganzen Tag über war Bronstein wie elektrisiert. Lange vor der Zeit war er am Südbahnhof, ausstaffiert wie ein Wintersportler, dem man eigentlich kaum den Eisenbahner abnehmen würde, wie er sich, als er im Abteil in den Spiegel blickte, eingestand. Doch er verstaute schnell sein Gepäck und sah in seinem abgetragenen Militärmantel und seinem groben Gewand dann doch wieder einem Bahnbediensteten nicht unähnlich. Tatsächlich brauchte er kurz vor Baden dem Schaffner nur den Ausweis hinzuhalten, und der winkte ab, ohne den Karton näher zu betrachten. »Gute Fahrt, Kollege«, murmelte er nur, und schon war Bronstein wieder alleine.
    Er hatte sich eigentlich einen Band von Karl May zur Lektüre mitgenommen, doch war er von der schneebedeckten Landschaft so fasziniert, dass er die Augen nicht davon lassen konnte, bis die Dunkelheit die Oberhand gewonnen hatte. Und dann war an Lesen auch nicht mehr wirklich zu denken. Bronstein machte es sich in seinem Sitz so bequem wie möglich, und tatsächlich gelang es ihm, ein wenig zu schlummern. Ein wenig zu schlafen, um genau zu sein, denn als ihn der Schaffner rüttelte, stellte Bronstein fest, dass er bereits in Arnoldstein angekommen war. Ein paar von Nemeths Freunden nahmen ihn im Empfang und wiesen ihm ein Zimmer im Eisenbahnerheim zu, wo er nun endlich doch den Zeilen von Karl May entsprechende Aufmerksamkeit widmen konnte. Doch noch ehe sich Old Shatterhand und Winnetou das erste Mal begegneten, schlief Bronstein bereits den Schlaf des Gerechten.
    Die Bahnfahrt von Tarvis nach Udine erwies sich als mühsam. Ein halbes Dutzend Tunnel, mindestens ebenso viele Brücken und unzählige Viadukte zierten die rund 20 Kilometer, die Pontebba von Tarvis trennten, und Bronstein fragte sich ernsthaft, wie lange es dauern würde, bis endlich Udine erreicht war. Noch bis Venzone gestaltete sich die Fahrt ähnlich anstrengend, doch dann änderte sich das Terrain, und der Zug konnte so richtig Fahrt aufnehmen. Tatsächlich stieg Bronstein 40 Minuten später aus seinem Waggon und blickte direkt auf das Schild ›Udine‹.
    »Sie müssen der Freund von Andrea sein!«
    Bronstein war ehrlich erstaunt, auf diesem verlassenen Perron von jemandem angesprochen zu werden, doch als er sich nach der Stimme umdrehte, wusste er schon, um wen es sich handelte. »Und Sie sind sicher Luigi.«
    Der Mann nickte. »Die Waggons stehen dort hinten«, sagte er dann, »jetzt wäre es zu auffällig, sich dort umzusehen. Das machen wir in ein paar Stunden, wenn es dunkel geworden ist. Ich werde Sie hinführen und Ihnen alles zeigen.«
    »Ist das nicht gefährlich? Ich meine, werden die Waggons nicht bewacht?«
    »Doch, doch. Aber von unseren Leuten. Anscheinend wollen die Faschisten kein Aufsehen erregen, und darum dürfen sich keine Uniformierten dort herumtreiben. Es sei denn, sie tragen Eisenbahneruniformen.«
    »Na«, lächelte Bronstein, »dann bin ich ja doch noch zum Urlauber geworden.« Auf Luigis fragende Miene erklärte er ihm die Bedeutung dieses Satzes, worauf auch Luigi lachte. »Ja, Udine hat einige wirkliche Sehenswürdigkeiten. Den Dom zum Beispiel und die Loggia di San Giovanni. Die sollten Sie sich unbedingt ansehen. Haben Sie genug Lire dabei?«
    Jetzt erst musste sich Bronstein eingestehen, keine einzige Münze in italienischer Währung bei sich zu haben, doch Luigi winkte nur ab. »Hier haben Sie. Das reicht für ein gutes Essen in einer ordentlichen Gastwirtschaft. Und für einen Espresso doppio. Wir treffen uns in sechs Stunden wieder hier.«
    Bronstein kam sich nun

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