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Mischpoche

Titel: Mischpoche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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endgültig wie ein Geheimagent vor, als er Luigi durch Kälte und Dunkelheit, mehr stolpernd als gehend, über verschneite Nebengleise folgte. Endlich kam eine Laterne in Sicht, die im Wind hin und her schaukelte. Luigi rief etwas, das Bronstein wie »ecco« klang, worauf mehrere Männer zwischen den Waggons hervortraten. Luigi erklärte ihnen wort- und gestenreich irgendeinen Sachverhalt, von dem Bronstein nichts verstand, wobei er allerdings registrierte, dass Luigi mehrmals auf ihn wies. Die Männer musterten ihn und einer gab ihm dann mit einer ruckartigen Kopfbewegung zu verstehen, er möge ihnen folgen. Am hintersten Ende des Zuges öffneten sie eine Schiebetür und halfen Bronstein ins Innere des Waggons. Tatsächlich waren dort zahlreiche Holzkisten gestapelt. Ein bärtiger Eisenbahner öffnete eine davon, langte hinein und reichte Bronstein wortlos ein Gewehr. Trotz der Dunkelheit erkannte dieser sofort, dass es sich um einen Karabiner österreichischer Fabrikation handelte. Ein Mannlicher-Repetiergewehr, Modell 1895, so wie sie es im großen Krieg verwendet hatten. Der Bärtige erklärte etwas, und Luigi übersetzte dessen Ausführungen. »Er sagt, die stammen aus den Beständen, welche die italienische Armee 1918 von den Österreichern erbeutet haben. Die sollen jetzt zurückgeschickt werden, damit die Österreicher gegen sich selbst Krieg führen können.«
    »Weiß er, wann und wohin der Zug fahren soll?«
    »Er und seine Kollegen haben die Order erhalten, übermorgen mit diesem Zug über die Grenze zu fahren. Sie werden aber erst nach Abfahrt des Zuges den genauen Zielbahnhof erfahren, sagt er. Und er sagt weiter, dass man ihnen eine ordentliche Prämie versprochen hat, wenn sie sofort vergessen, dass sie jemals auf diesem Zug gewesen sind.«
    Wieder pfiff Bronstein durch die Zähne. Offenbar hatte Nemeth doch recht. Er trat ganz nahe an die Öffnung des Waggons und betrachtete den Karabiner im fahlen Licht der Laterne. Er sah zwar gepflegt, aber doch ein wenig ramponiert aus. Die Zeit war nicht spurlos an dem Gewehr vorübergegangen, aber für die Zwecke, für die es nunmehr eingesetzt werden sollte, mochte es allemal reichen.
    »Übermorgen, sagt er?«
    Luigi nickte.
    Bronstein reichte dem Mann die Waffe wieder. »Wie viele Waggons mit dieser Fracht haben sie?«
    »Derzeit zehn. Aber angeblich sollen morgen noch weitere kommen, heißt es.«
    Bronstein jonglierte mit ein paar Zahlen. Nein, das konnte nicht sein. Wenn man hochrechnete, wie viele Gewehre man in einem Waggon auf diese Weise unterbrachte, dann konnte die Ladung eigentlich nicht für die Heimwehren bestimmt sein. Wäre dem tatsächlich so, dann hätte jeder Hahnenschwanzler gleich drei Stutzen, und die meisten von ihnen konnten nicht einmal mit einem wirklich umgehen. Bronstein streifte der Gedanke, hier etwas weitaus Größerem auf der Spur zu sein, als er bislang angenommen hatte.
    Doch ein Detail dämpfte seine Euphorie gleich wieder. Übermorgen! Er konnte unmöglich drei Tage in Italien bleiben. Dazu hatte er weder die Mittel noch die erforderlichen Nerven. »Ich kann unmöglich so lange hier bleiben«, sagte er zu Luigi.
    »Das dachte ich mir schon. Aber das ist kein Problem. Wir bringen dich zurück nach Arnoldstein. Dort muss der Zug auf jeden Fall vorbei. Und Achille hier«, dabei deutete er auf den Bärtigen, »ist sich sicher, dass er dich unterwegs auflesen kann. Dann fährst du quasi auf der Lok mit und erfährst ganz genau, wohin der Zug fährt.«
    Unwillkürlich musste Bronstein lachen. »Ein Bubentraum wird wahr«, erklärte er, »schon als kleiner Junge wollte ich immer einmal auf einer Lokomotive mitfahren.« Die anderen fielen in sein Lachen ein.
    Der Mittwoch erlebte eine bemerkenswerte Premiere. Wenige Monate vor seinem 50. Geburtstag stand Bronstein erstmals auf Schiern. Wenn er schon mitten im tiefsten Winter in Kärnten war, so hatte er sich nach seiner Rückkehr aus Italien gedacht, so konnte er die Wartezeit auf Achilles Zug mit etwas Nützlichem zubringen. Er hatte sich in einer Pension einquartiert und sich Langlaufschier aushändigen lassen, die man dort tageweise verlieh. Seit der Weltmeisterschaft im deutschen Oberhof, die im Vorjahr stattgefunden hatte, war auch diese Form des Schilaufs, nicht zuletzt durch den schneidigen Baldi Niederkofler, populär geworden, und Bronstein erschien es ob seines Alters allemal sicherer, über eine Loipe zu marschieren, als sich waghalsig wie Gustl Lantschner über einen

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