Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser
sagte Alec zögerlich.
Miss Carrick und Miss Cheringham warfen sich einen Blick zu. »Da draußen sind eine ganze Menge Boote«, sagte Miss Cheringham. »Ich fahr mal bei euch mit.«
Obwohl es für alle jede Menge Platz gab, wollte Daisy nicht, daß Miss Carrick ganz alleine im Boot blieb, und tauschte daher mit ihrer Cousine die Plätze.
»Ich wollte mich nur vergewissern«, entschuldigte sich Miss Cheringham bei Alec, der das Boot mit einem Bootshaken vom Landesteg abstieß. »Daisy hat uns gestern kreuz
und quer über den Fluß gelenkt. Aber das muß ja nicht
heißen, daß Sie davon schon angesteckt sind.«
Alec lächelte sie an. »Andererseits könnte es ja auch sein,
daß ich uns geradewegs auf ein anderes Boot zulenke und
zwei Bootsbesatzungen in den Fluten versenke. Sie hatten
durchaus recht, mir nicht zu trauen, Miss Cheringham.« »Nennen Sie mich doch bitte Tish. Schließlich sind wir
ja bald Vetter und Cousine. Es sei denn, Patricia ist Ihnen
lieber.«
Noch während Alec ihr erklärte, daß Tish ihm sehr gut ge- fiele, überlegte er, was das über sein Alter aussagte, wenn sie
ihm anbot, sie bei ihrem richtigen Vornamen anstelle des
Spitznamens zu nennen. Waren seine Haare etwa über Nacht
grau geworden, ohne daß er es gemerkt hatte?
Daisy war fünf Jahre älter als ihre Cousine, sagte er sich zu
seiner Beruhigung. Obwohl sie in ihrem hübschen Sommer- kleid mit dem von Margueriten umrandeten Hut nicht älter
als achtzehn wirkte.
Zwei ganze Tage, und keine Vorhaben außer einem: ihre
Gesellschaft zu genießen, freute er sich.
Sie kamen am anderen Ufer an und stiegen aus. Alec und
Daisy gingen auf dem Treidelpfad am Fluß ein kleines Stück
hinter den anderen, die sich beeilten, um den Start des Am- brose-Vierers nicht zu verpassen.
»Du hast aber eine charmante Cousine«, sagte Alec. »Hab
ich das richtig verstanden, daß ihr Vetter da mitrudert? Erzähl
mir doch ein bißchen von der Mannschaft, die ich gleich an- feuern soll.«
»Genau, Cherry ist einer davon.« Daisy steckte eine Hand
in die Armbeuge ihres Verlobten. »Für Tish ist er aber eher so
was wie ein Bruder. Seine Eltern haben sie mehr oder minder
großgezogen, als meine Tante und mein Onkel im Ausland
waren. Er ist mit Dottie verlobt. Die beiden sind unheimlich
helle und werden wohl in der Wissenschaft Karriere machen.
Aber nett sind sie trotzdem, nicht das geringste bißchen herablassend zu uns Normalsterblichen von durchschnitt- licher Intelligenz.«
»Damit meinst du doch sicher nur dich selbst!«
»Unbedingt.« Ihre Augen funkelten, als sie zu ihm empor- blickte. »Mir ist deine intellektuelle Brillanz durchaus be- wußt, auch wenn du nicht mit uralten griechischen Zitaten um dich wirfst wie Jupiter mit Blitzen.«
»Zeus tut das. Machen die beiden das denn?«
»Selten, aber es kommt vor. Rollo Frieth: der arme Kerl ist im Gegensatz zu ihnen gerade durch die Examina gefallen. Er und Cherry sind älter als die meisten in der Mannschaft, weil sie im Großen Krieg gekämpft haben. Rollo ist Mannschafts- kapitän, Cherrys Freund und Tishs Verehrer, die Reihenfolge ist wohl egal. Er ist ein durch und durch netter Mensch und wirkt sehr ausgleichend. Beste Voraussetzungen also für den Kapitän dieser Mannschaft.«
»Streiten die sich denn so viel?« fragte Alec. Er machte eine Geste zu den jungen Männern vor ihnen auf dem Pfad. »Die wirken doch alle ganz friedlich.«
»Die meisten sind es auch, insbesondere der junge Fosdyke, der anscheinend nichts im Leben kennt außer rudern, laufen, essen und schlafen. Ein netter, zuvorkommender Junge, das kann man nicht anders sagen. Er rudert auch im Vierer mit. Und dann ist da der Honourable Basil.«
Er konnte es schon an ihrem Tonfall erraten. »Die Fliege in der Suppe?«
»Eine Stechmücke, eher.« Sie rieb sich nachdenklich den Arm und erklärte: »Ich bin neulich abends gestochen worden. Jetzt guck nicht so entsetzt: von einer echten Mücke, nicht von Basil DeLancey. Ich glaube, der ist gar nicht so schlimm, wie alle glauben, aber beschwören will ich es nicht.«
»Eher ein Don Juan?«
Sie runzelte die Stirn. »Nein, so auch wieder nicht. Cherry hat erzählt, er hätte ein Ladenmädchen in Schwierigkeiten ge- bracht, und dann hat er Tish verfolgt wie Nachbars Lumpi. Aber ich glaube, damit will er eher Cherry und Rollo ärgern, das meint er gar nicht … Nein, das ist es auch wieder nicht. Er sagt einfach nur, was ihm gerade durch den Kopf geht, und da spazieren eben mitunter auch ganz gewaltige
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