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Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser

Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser

Titel: Miss Daisy Und Der Tote Auf Dem Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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sein.
Poindexter erklärte es ihm. »Ver-vers-stehen Sie, S-Sir, das
Heck soll ei-eigentlich an der S-startli-li-linie sein, aber damit
hat ein lä-längeres Boot einen V-vorteil, weil ja der erste Bu- bug über der Zielli-linie gewinnt. Also wird das lä-längere
Boot zurü-rückgeholt, damit die Bu-buge in einer Li-linie
stehen.«
Alec verkniff sich die Frage, warum man dann nicht einfach
beide Buge auf die Startlinie brachte. Schließlich hatte jeder
Sport, jeder Beruf und jedes Handwerk seine eigenen Ge- heimregeln, die Außenstehenden völlig unverständlich waren. Einer der Amtsträger auf der Stewards-Barkasse hob den
Arm. In das sofort eintretende Schweigen brach der Ruf eines
Kuckucks ein. Daisy packte Alec am Arm, auf rührende Weise
aufgeregt.
Der Startschuß knallte. Die Ruder durchschnitten die Was- seroberfläche. Runde Rücken der Männer, angestrengt vorge- beugt. Die Boote schossen vor. In wunderschöner Gleich- mäßigkeit, so graziös wie der Flügelschlag eines Reihers,
hoben sich die Ruder, schwebten durch die Luft nach hinten,
tauchten wieder ins Wasser.
Beim dritten Ruderschlag zogen die Boote an ihnen vor- über. »Vorne im Bug sitzt Cherry«, erklärte Daisy, »dann kommt Rollo, dann Fosdyke, schließlich DeLancey als Schlagmann. Er muß mit den Füßen steuern und den Schlag ausrufen, und dann … Himmel, der sieht ja ganz fürchterlich schlecht aus.«
Noch während sie sprach wurde deutlich, daß DeLancey sich nicht nach vorne beugte, um den nächsten Schlag zu tun, sondern sich vor Schmerzen wand. Er ließ sein Ruder fallen, griff sich an den Kopf, um sich dann über den Bootsrand zu lehnen und in den Fluß zu speien.
»O Gott, genau wie Bott gestern«, stöhnte jemand auf.
Das Boot geriet außer Kontrolle. Die anderen drei Ruderer versuchten verzweifelt, irgendwie Kurs zu halten. Obwohl das Rennen schon so gut wie verloren war, brüllte Chering- ham irgendwelche Kommandos. Der Verlust des Schlagmanns und gleichzeitig eines von vier Ruderern, ganz zu schweigen vom Ungleichgewicht, das sich durch den herüberhängenden Körper DeLanceys ergab, machten die Sache jedoch aus- sichtslos.
Das Boot schlingerte, tot im Wasser, und glitt stromab- wärts.
Der Schlagmann wollte sich anscheinend wieder aufrecht hinsetzen, erhob sich aber dann mit einem verkrampften Zucken und kippte vornüber in den Fluß.
Ehe die Zuschauer auch nur aufkeuchen konnten, war Che- ringham schon hinter ihm ins Wasser gesprungen. DeLanceys widerstandsloser Körper wurde von der Strömung ein paar Meter den Fluß hinabgetragen, dann erreichte ihn Chering- ham und drehte ihn auf den Rücken. Mit kräftigen Bewegun- gen schwamm er mit seiner Last auf das Ufer zu.
In den wenigen Sekunden, bevor die beiden den Ponton am Ufer erreichten, ergriff Alec die Initiative.
»Bitte treten Sie zurück, meine Damen und Herren. Die brauchen jetzt Platz. Officer, bitte hierher zu mir. Poindexter, Wells, helfen Sie den beiden bitte aus dem Wasser. Und Sie beide, unterstützen Sie bitte den Constable dabei, die Men- schen zurückzuhalten.«
Einer der älteren Herren, ein stämmiger, wohlhabend aus- sehender Gentleman mit einem Jagdhocker in der Hand, schob sich durch die Gaffer hindurch. »Ich bin Arzt«, tat er kund.
»Ausgezeichnet. Vielen Dank, Sir.« Alec wandte sich wie- der um und sah, wie Poindexter und Wells links und rechts von DeLancey standen und ihn heraushievten.
Sie legten ihn auf das Gras. Noch im Niederknien griff der Arzt schon nach dem Handgelenk.
Cheringham schob sich selbst auf das Ufer, und das Wasser strömte an ihm herab. »Dreht ihn mal auf den Rücken«, keuchte er. »Ich weiß, wie man jemanden künstlich beatmet.« Er ließ sich neben DeLanceys regloser Gestalt auf die Knie fallen.
Der Arzt schüttelte den Kopf. »Kein Puls zu fühlen. Tut mir leid, junger Mann. Nichts mehr zu machen. Merkwürdig. Er war doch gar nicht lange genug im Wasser, daß er ertrinken konnte. Mir scheint das …« Er hob eines der Augenlider von DeLancey an und untersuchte das blicklose Auge.
Cheringham ließ die Schultern hängen.
Alec half ihm beim Aufstehen. »Sie haben Ihr Bestes getan. Jetzt treten Sie bitte alle drei mal zurück.« Während Chering- ham und die anderen beiden Ruderer einen Schritt zurück machten, erschien Daisy, ganz blaß im Gesicht. »Daisy, ich bitte dich!«
»Nur eines. Ich glaube, es könnte sich hier um eine Niko- tinvergiftung handeln«, sagte sie zögerlich.
Der Arzt schaute zu ihr empor und schüttelte wieder

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