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Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Titel: Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Dunn
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Allerdings wirbelten in ihrem Geist tausend Spekulationen herum.
    Was in aller Welt hatte Lord DeLancey auf Temple Island zu suchen? Im Morgengrauen, mit Horace Bott? Abgesehen natürlich von seinem Vorhaben, ihn zu erschießen. Wenn DeLancey Bott die Verantwortung für den Tod seines Bruders gab, dann konnten diese Schüsse nur Rache bedeuten. Aber was in aller Welt hatte dann umgekehrt Horace Bott im Morgengrauen auf Temple Island mit Lord DeLancey zu suchen?
    Eines immerhin war sicher: sie konnten sich unmöglich zu-fällig dort getroffen haben. Wenn DeLancey das Treffen vorgeschlagen hatte, dann mußte Bott verrückt gewesen sein, sich dort einzufinden – es sei denn, er war unschuldig und hatte obendrein keine Ahnung, daß er der Haupttatverdächtige war.
    Andererseits: warum sollte Bott sich mit DeLancey treffen wollen? In der Hoffnung, ihn von seiner Unschuld zu überzeugen? Sie Alec zu beweisen wäre sinnvoller.
    Ein Rendezvous mit Pistolen im Morgengrauen klang nach 203
    einem Duell. Aber diese Sitte war in England vor mehr als einem halben Jahrhundert ausgestorben. Außerdem fanden Duelle zwischen Gentlemen statt, und diesen Status billigte Lord DeLancey Bott nicht zu.
    Könnte es jemand anderes gewesen sein als Lord DeLan-
    cey? Aber das erchien noch unwahrscheinlicher als ein Duell.
    Nichts von dieser ganzen Angelegenheit ergab einen Sinn.
    Jedenfalls keinen, den sie erkennen konnte, dachte Daisy.
    Man näherte sich dem Landsitz der Cheringhams. Cherrys häufige Blicke über die Schulter und die vielen Kursverände-rungen über die Ruder hatten das Boot auf einem relativ ge-raden Kurs gehalten. Die Biege im Fluß tat das Ihre, so daß sie schon ganz dicht am Landesteg waren, ohne daß weitere Manöver notwendig gewesen wären.
    »In Ordnung, Fletcher, die Ruder bitte ins Boot, und dann den Bootshaken bemannen.« Cherry führte das Boot mit
    scheinbarer Leichtigkeit sanft an den Landesteg.
    Alec bemannte den Bootshaken. Doch kaum war Cherry
    an Land getreten und hatte das Boot sicher vertäut, sackte der Inspector von diesen frühmorgendlichen Leibesübungen erschöpft zusammen.
    »Meine Arme … Kann nicht mehr«, keuchte er auf. »Trau mich nicht … Bott hochzunehmen … fallen lassen.«
    »Sie haben das sehr gut gemacht«, sagte Cherry freundlich.
    »Beim Rudern braucht man fast jeden Muskel im Körper. Von manchen wissen die meisten Menschen gar nicht, daß sie sie haben. Ich sause mal hoch zum Haus und hole Hilfe. Ein paar von diesen laschen Fritten werden wohl wach sein.«
    »Bitte nicht … erzählen …«, keuchte Alec.
    Daisy dolmetschte: »Bitte erwähnen Sie Lord DeLancey
    nicht, Cherry. Und auch nicht die Schüsse oder die Pistole«, fügte sie hinzu, als Alec eine schwache Geste zu seiner zerknüllten Jacke machte.
    »In Ordnung.« Cherrys Energie, als er den Rasen hinauf-lief, war unerträglich. Alec kratzte alle seine verbliebenen Kräfte zusammen, um ihm ärgerlich hinterherzuschauen.
    204
    »Er hat schließlich über Jahre alle wichtigen Muskeln trainiert«, tröstete Daisy ihren Verlobten. Taktvollerweise ließ sie die zehn Jahre Altersunterschied unerwähnt. »Ich war ja schon nach zwanzig Metern völlig erschossen. Oh … Egal.
    Alec, hast du irgendwelche Vorstellungen, was die beiden dort zu suchen hatten? Lord DeLancey und Bott? Ich versteh das einfach nicht.«
    »Ich hatte bislang noch keine rechte Gelegenheit zum
    Nachdenken.« Mit dem Atem war auch seine Ironie zurückgekehrt. »Erzähl mir lieber, was du geschlußfolgert hast, oder besser, warum du zu keinem Schluß gekommen bist. Aber zunächst, wie geht es Bott?«
    »Er hat sich kein einziges Mal bewegt.« Daisy schaute unter dem Notverband nach, nahm dann das Taschentuch ab und faltete es noch einmal neu zusammen. »Die Blutung scheint aber gestillt zu sein.«
    »Was macht denn sein Puls? Ich gehe davon aus, daß er noch einen hat?«
    »Er atmet, wenn auch etwas schwer.« Sie legte das Taschentuch mit der sauberen Seite wieder auf die Wunde und nahm Botts Handgelenk. »Pulsmessen geht bei mir nie so gut. Er scheint regelmäßig zu sein, aber eher schwach.«
    »Ich hoffe wirklich, daß er sich erholt. Sonst finden wir nie heraus, was sich da abgespielt hat.«
    Als Daisy zu Ende erklärt hatte, warum sie sich das alles nicht erklären konnte, nahte Hilfe. Rollo, Leigh und Meredith galoppierten den Garten hinunter, als stellten sie den Sturm der Leichten Brigade im Krimkrieg nach. Tom Tring und Ernie Piper bildeten die

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