Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser
hat, dann würde er uns das doch erzählen. Er brauchte Bott nicht zu erschießen, oder? Dann hätte er selbst keinen Ärger, aber seine Rache, wenn wir Bott festnehmen.«
»Das ist Hörensagen, Ernie. Der Bericht eines Geständnisses wird als Beweismittel nicht zugelassen. Wir hätten für eine Festnahme Botts keinen Grund, wenn er sein Geständnis nicht uns gegenüber wiederholt.«
»Aber dann hätten wir eine bessere Grundlage, auf der wir weitersuchen können«, beharrte Ernie, »selbst wenn wir die Er-zählung Seiner Lordschaft nicht einfach so glauben können.«
»Stimmt. Der Ärger ist nur, daß es ganz danach aussieht, als stünde Aussage gegen Aussage: DeLanceys Wort gegen das von Bott. Wenn wir davon ausgehen, daß Bott sich berappelt und redet.« Alec runzelte die Stirn. »Ein Selbstmord ist mir nie in den Sinn gekommen. Schmauchspuren an Botts Hand sind mir nicht aufgefallen, und der Arzt hat sie auch nicht erwähnt.
Ich frage mich, was für Patscherchen Tom auf der Mauser gefunden hat, falls überhaupt welche darauf sind?«
232
Tom Tring kam katzengleich in das Krankenzimmer zurück-geschlichen. Während seiner Abwesenheit, so nahm Daisy an, hatte er bestimmt die Fingerabdrücke auf der Pistole untersucht. Fast hätte sie ihn gefragt, ob er etwas Interessantes festgestellt hatte, doch dann erinnerte sie sich gerade noch rechtzeitig, daß Susan von der Waffe nichts wußte.
»Ich hab die Kollegen in Birmingham angerufen, Miss
Hopgood«, sagte Tom. »Die schicken jetzt jemanden bei Mr.
und Mrs. Bott mit der Nachricht vorbei.«
»Vielen herzlichen Dank, Mr. Tring. Das ist bestimmt viel leichter für sie, als es durch ein Telegramm zu erfahren.«
»Wird er wohl noch aufwachen? Wie sieht es aus?«
»Er hat sich nicht bewegt, auch nicht die Augen geöffnet«, sagte Daisy, »aber er hat vorhin etwas gemurmelt. Wir konnten nur keine Silbe verstehen. Hören Sie nur, da fängt er schon wieder an.«
Tom beugte sich über die reglose Gestalt im Bett, das Ohr dicht an den zuckenden Lippen. Als das Murmeln endete, richtete er sich kopfschüttelnd wieder auf. »Weiß nicht, ob er klar spricht oder in Zungen redet. Sie sagten es schon, man kann nicht verstehen, was er sagt.«
»Aber das alles kann doch nur bedeuten, daß er bald aufwachen wird, nicht wahr?« fragte Susan voller Hoffnung.
»Könnte durchaus sein, Miss. Wenn Sie nichts dagegen haben, sollte ich mich lieber neben ihn setzen. Wenn er anfängt, klarer zu sprechen, muß ich hören können, was er sagt.«
Nur zögerlich räumte Susan ihren Platz an der Bettkante.
Tom setzte sich, nahm sein Notizbüchlein hervor und legte es auf einen seiner baumstammdicken Schenkel.
»So, Miss. Jetzt sollten wir mal ein bißchen ruhig sein. Ich würd nur ungern was verpassen.«
Einige Minuten saßen alle schweigend da. Susan hatte die Augen fest auf Horace Botts Gesicht gerichtet. Daisy hörte im Nachbarzimmer die fröhliche Stimme einer Krankenschwester. In der Stadt herrschte sonntägliche Ruhe, bis die Glocken zum Gottesdienst riefen. So früh noch – sie hatte das 233
Gefühl, ein ganzes Jahrhundert wäre seit ihrem Aufstehen in der Morgendämmerung vergangen!
Wie schön hatte sie sich den Morgenspaziergang vor-
gestellt. Eine winzige halbe Stunde hatte sie von diesem ver-patzten Wochenende retten wollen. Wenn sie nur nicht
Cherrys Einladung nachgekommen wären, einen Ausflug auf dem Fluß zu machen! Aber Cherry hätte Bott vielleicht nicht alleine retten können. Dann wäre Bott wahrscheinlich gestorben, und niemand hätte geahnt, daß Lord DeLancey mit seinem Tod etwas zu tun hatte.
Daisy fragte sich, ob Alec bei DeLancey Fortschritte
machte. Sie hatte ihn nicht genau identifizieren können. Daher brauchte er nur zu bestreiten, daß er auf der Insel gewesen war. Wenn er konsequent blieb, würden Alecs Ermittlungen in einer Sackgasse enden.
In dem Fall würden sie sich auf Botts Bericht verlassen müssen. Aber dafür müßte der endlich das Bewußtsein wie-dererlangen und reden – sofern er dazu bereit wäre. Daisy hätte zu gerne gewußt, was auf Temple Island geschehen war.
Wenn sie nur fünf Minuten früher dagewesen wären, dann hätten sie vielleicht die ganze …
»Nein!« Bott setzte sich kerzengerade auf, die Augen noch geschlossen. »Nein! Nicht! Ich kann doch nicht schwimmen«, rief er mit hoher, entsetzter Stimme aus.
»Horace!« Susan sprang auf.
Tom wehrte sie ab. »Ganz langsam, Miss. Der schläft noch, träumt nur. Sie wollen
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