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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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Tatsache und Kuh ist keine Spur abwertend. Die Kühe, die ich kenne, haben alle in etwa ihr Idealgewicht.
    Â»Bist du öfter hier?«, fragt mich der unglaublich schwarze Typ mit den unglaublich weißen Zähnen und er fragt es wirklich ganz freundlich und sogar mit so was wie echtem Interesse hinter dem Plauderton.
    Â»Hier« ist das Wiener Museumsquartier. Ich sehe mir jede Ausstellung in der Kunsthalle und im MUMOK – dem Museum Moderner Kunst – und sogar die meisten im »Zoom«-Kindermuseum an. Und die Sammlung Leopold kenne ich auswendig.
    Â»Das MQ ist mein Wohnzimmer«, sage ich und beobachtefasziniert, wie sich seine vollen Lippen zu einem sehr breiten Grinsen ziehen und wieder diese weißen Strahler freigeben. Seine Augen glänzen, wenn er so lächelt. Das kräftige Kinn, die hohen Backenknochen. Ich bin ziemlich sicher, dass es das schönste Gesicht ist, in das ich je geschaut habe. Und irgendwie macht es mich stolz, dass ich ihn diesmal absichtlich zum Lächeln gebracht habe.
    Â»Und du?« Keine Ahnung, wie alt er ist, sicher älter als ich, aber ich habe ihn ganz automatisch geduzt und er mich auch. Wir sind im MQ, Du-Country. Uns MQ-nauten vereint die Liebe zur Kunst oder zumindest die Nähe zu ihr und wir sind alle Brüder und Schwestern, peace .
    Â»Ich bin auch oft hier.«
    Â»Im Café oder im Museum?« Meine Frage ist berechtigt. Sicher gut die Hälfte der Leute, die man so im MQ trifft, kennt zwar alle Lokale, hat aber noch nie eines der Museen von innen gesehen. Die Location ist einfach cool.
    Bei mir ist es umgekehrt. Ich bin nur selten in einem der Cafés hier, ganz einfach, weil ich meistens allein in die Ausstellungen gehe. Allein in einer Ausstellung, das ist kein Problem, man konzentriert sich ja schließlich auf das, was man sieht, hat einen Fokus. Aber allein im Café? Da hat man bloß seine Kaffeetasse oder sein Glas mit dem Cola-Zitrone und anfangs nicht mal das. Dann bleibt nur Starren und Angestarrt werden. Starren würde ich ganz gern, ich liebe es, Leute zu beobachten. Aber angestarrt werden ist die Hölle, wenn man in einem Schwangeren-Kasack Größe XXL steckt und im Sommer schon schwitzt, wenn man sich nur die Sonnenbrille hochschiebt. Ich erspar mir das lieber.
    Er lacht schon wieder. »Sowohl als auch. Warst du schon drin oder gehst du erst?« Er meint die Erwin-Wurm-Ausstellung. Ich war schon. Das Haus auf dem Dach wollte ich mir nur zum Abschluss noch mal ansehen.
    Â»Ich war schon.« Komisch, wie hab ich ihn drinnen übersehen können? Ach ja, der Fokus.
    Er nickt. »Ich auch. Ich wollte mir nur zum Abschluss das Haus noch mal ansehen.« Hab ich das nicht auch grade gesagt? Nein. Ich hab’s nur gedacht, er hat’s gesagt. Trotzdem lustig. Er wendet das Gesicht wieder hinauf, mit demselben fragenden Blick wie vorhin. Sein Deutsch ist absolut akzentfrei, Hochdeutsch mit nur einer Spur wienerischem Beiklang. Er muss hier aufgewachsen sein, aber sicher in einem ziemlich elitären Umfeld. Ich tippe auf den dreizehnten oder neunzehnten Bezirk. Wahrscheinlich Diplomatensohn oder so.
    Ich schaue ebenfalls zum Dach. Das Haus sieht aus, als wäre es vom Himmel gefallen und kopfüber ins MUMOK gekracht. Ich habe irgendwo gelesen, dass der Künstler die hässlichen Fertig-Einfamilienhäuser, die überall aus dem Boden sprießen, als bedrohlich empfindet. Ein Angriff auf die Kunst, der hier symbolisiert wird. Das Haus als bösartiges Geschoss, das auf ein Museum abgefeuert wurde. Das Haus ist tatsächlich hässlich, der Prototyp des Billighauses. Das allergewöhnlichste »Dach über dem Kopf« von der Stange. Ich frage mich, ob es eingerichtet ist, ob auch das passende Ecksofa drinsteht, hellgrün gemustert, mit dem mahagonifurnierten Couchtisch davor, auf dem die Fernsehzeitung liegt, vis-à-vis der eingebaute Wandschrank, ebenfalls Mahagonifurnier, mit dem Fernseher. Dort läuft Fußball oder »Der Landarzt«. KleinbürgersTraum. Und eigentlich gar nicht sooo weit vom Geschmack meiner Mutter entfernt. Zum Glück ist sie beeinflussbar.
    Â»Ich frage mich, ob es eingerichtet ist«, sagt er.
    Ich schau ihn verblüfft an. Fragt sich das jeder , der da hinaufschaut?
    Â»Auf jeden Fall wüsste ich, wie es eingerichtet sein müsste . «
    Â»Ach ja?« Jetzt bin ich echt gespannt.
    Â»Na hör mal.« Er lacht wieder. » Dieses

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