Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)
ja, Lena, wenn sich bei deinem Probeexamen herausstellt, dass du wirklich schon alles weißt, kannst du ja immer noch in den Urlaub fahren. Und dann nicht für neun, sondern für 104 Tage!)
Von dieser Aussicht aufgeheitert, nehme ich tatsächlich ohne Murren am Schreibtisch Platz. Nur schnell 320 Fragen ankreuzen. (Frage 1: Welches Reiseziel wählen Sie für Ihren übermorgen beginnenden Kann-bereits-alles-darf-mich-sonnen-Urlaub? A) Ostsee, B) Barcelona, C) Provence, D) Mexiko, E) Thailand. Das geht ja gut los! Schon die erste Frage ist eine kaum zu lösende Herausforderung! Und man muss fürchten, dass Frage 2 noch schwieriger wird. Wer soll Sie begleiten? A) Ihre Freundinnen, B) niemand, C) Dr. Tobias Thalheim, D) Alex … verdammt. Wer das beantwortenkann, bekommt die Approbation auf jeden Fall schon am Einlass!)
Konzentration, Lena. Die tatsächlichen Probeexamens-Fragen können doch nicht schwieriger sein als DAS! Zuversichtlich rufe ich die ersten echten Aufgaben auf. Ein Patient mit stabiler koronarer Herzerkrankung wird nach einer elektiven Ballonangioplastie … Ach nee, Lena. Eine Frage, bei der du das Medizinlexikon schon brauchst, um überhaupt den Inhalt zu verstehen, ist für den Einstieg denkbar ungeeignet.
Wie wäre das: Eine Frau kommt wegen eines Exanthems in Ihre Praxis. Sie sehen ca. 1 cm große, ovale, rötliche Herde am Stamm, die eine ringförmige Schuppung zeigen … Igitt. Auch nicht das Richtige. Kann ich nicht eine Eingangsfrage finden, die Lust darauf macht, noch 319 weitere Aufgaben zu lösen?
Vielleicht die hier: Bei dem 6-jährigen Kindergartenkind Fritz wird eine Hörstörung festgestellt. Es wird eine doppelseitige Schwerhörigkeit diagnostiziert. Welche Empfehlung ist bezüglich der bevorstehenden Einschulung des Jungen am besten zu geben? Ich muss mich zwischen A, B, C, D oder E entscheiden. Das ist machbar. Ich muss nur kurz all die Zusatzfragen loswerden, die in meinem Kopf dazu aufploppen. ( Wie kommen die Eltern des Kindergartenkinds auf die Idee, ihren Sprössling Fritz zu nennen? A) Sie sind Fans des alten Preußenkönigs und/oder hoffen, dass es ihr Sohn einmal ebenso weit bringt, B) Schon sein Großvater hieß Fritz, da muss der Junge jetzt durch, C) Die Frage stammt noch aus dem Jahr 1952, als Jungs noch Fritz heißen konnten, ohne dass ablenkungswütige Prüfungsaufgaben-Hinterfrager sich daran festgebissen haben …)
Konzentration, Lena, das ist ganz einfach. B) Der kleine Fritz bekommt Hörgeräte und soll ganz normal in eine Grundschule gehen. Schnell im Lösungskatalog nachgesehen: Richtig! Dem geplanten Urlaub-bis-zur-Bestandenzettel-Übergabe steht fast nichts mehr im Weg.
Der Lösungskatalog ist eine gemeine Verführung. Kaum habe ich einen Blick darauf geworfen, bin ich versucht, meinen ersten Kreuzchen-Test ein klein wenig zu beeinflussen: 1A, 2C, 3D, 4B,5A … Ohne dass ich es darauf anlege, frisst sich die Liste in meinem Kopf fest. Die ersten fünf Fragen? Kein Problem, ich könnte in Windeseile alles richtig ankreuzen.
Aufhören! Jetzt legst du den Lösungskatalog sofort zur Seite, sonst kannst du den ganzen Fragebogen wegschmeißen! Warum fällt es mir heute nur so schwer, mich zu konzentrieren? A) Weil Jenny im Flur unüberhörbar mit den Koffern rummst? B) Sind das nur obligatorische Startschwierigkeiten? C) Beschäftigt dich immer noch die Urlaubsbegleitungsfrage? Aber wieso?! Wenn das so weitergeht, wirst du gar keinen Urlaub machen – sondern in alle Ewigkeit vor dem ersten Testbogen sitzen bleiben und dir selbst nervige Zusatzfragen stellen!
Meine Zimmertür öffnet sich und Jenny strahlt herein. »In einer Woche bin ich wieder da«, flötet sie. »Spätestens an Tag 100. Und dann legen wir richtig los.«
ICH WILL AUCH! Wenn ich das jetzt sage, stopft Jenny mich in der nächsten Sekunde in ihren Schrankkoffer und eh ich »War nur theoretisch gemeint« sagen kann, liege ich mit ihr am Strand.
»Viel Spaß«, sage ich brav – entschlossen, mich bis zu ihrer Rückkehr an Tag 100 nicht vom Tisch weg-, dafür aber stracks auf Frage 320 zuzubewegen.
Und dann stehen wir doch auf der Straße und sehen zu, wie Jenny das Gepäck in ihr winziges Auto wuchtet. Dazu eine Luftmatratze, Kühltasche, Strandmatte, Sonnenschirm, Badmintonschläger, Taucherbrille und Sonnenhut. Bis Felix fragt, ob er vielleicht mit dem Motorrad hinter ihr herfahren soll. Jenny schnaubt. Den Beifahrersitz hat sie doch extra freigehalten! Wenn er seine
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