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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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kriege wieder nur Hässliche.«
    Dr. Bert Gode, der Stationsarzt der Chirurgie, macht einen ziemlich entspannten Eindruck. Habe ich mir zu große Sorgen gemacht? (Als in meinem Kopf noch Platz für etwas anderes als Dr. Thalheim war …) Oder will er uns nur beruhigen? Dr. Gode jedenfalls lächelt ermutigend und erklärt, die Stationsarbeit auf der Chirurgie sei für alte Hasen wie uns sicher kinderleicht. Wir werden weiterhin Blut abnehmen, Infusionsnadeln legen und die körperliche Untersuchung üben. Neu ist nur der Verbandswechsel. Wie auf der Inneren müssen wir bei Neuaufnahmen die Anamnese erheben, wie im vergangenen Tertial werden wir eigene Patienten betreuen. Dr. Gode grinst. »Und dann schneiden Sie denen ein bisschen den Bauch auf – oder was sonst so anfällt – und wir helfen Ihnen dabei.« Die PJler lachen. Das klingt absolut machbar. Ein kurzer Blick zu meinen Freundinnen zeigt mir, dass sie hingerissen sind. Isa lauscht dem flapsigen jungen Arzt mit offenem Mund und Jenny hat sich regelrecht in Positur gestellt – mit hoch erhobenem Kopf und blitzenden Augen fixiert sie Dr. Gode, bevor sie mit einer winzigen Kopfbewegung ihre blondeMähne über die Schulter fallen lässt. Ich selbst bin ein klein bisschen weniger begeistert. Dr. Gode will uns bestimmt nur die Angst nehmen und sicher sollte man dafür dankbar sein. Doch in meinem Kopf warnt eine warme Oberarztstimme liebevoll davor, das kommende Tertial zu leicht zu nehmen. Dr. Thalheim hätte unsere Aufgaben niemals so neckisch verharmlost. Mann, warum denke ich an ihn immer noch in der förmlichen Titel-Nachname-Anrede? Will mein Inneres etwa auch nicht glauben, dass wir beide nicht mehr nur Oberarzt und PJlerin sind? Tobias …
    »Sieht der nicht toll aus?«, flüstert Jenny, als Dr. Gode sich umdreht, um die Stationspläne auszuteilen. Wie – »toll«? Seit wann stehen wir denn auf Sonnyboys mit Ken-Frisur?! Klar, Dr. Gode ist ein netter Anblick. Ein Fotoroman-Arzt. Nichts könnte ihm besser stehen als ein weißer Kittel, er passt prima zu seiner sonnengebräunten Haut. Das Haar sitzt, das Grinsen entblößt eine blinkendweiße Zahnreihe. Aber ich mag kantige Typen. Tobias. Gleich werden wir uns wiedersehen. Spätestens mittags in der Cafeteria. Ich kann ja schlecht zu ihm rübergehen, an seiner Bürotür klopfen und »Hallo, Schatz!« flöten. (Ich könnte. Aber ich trau mich nicht.) Überhaupt: Was sage ich, wenn wir uns wiedersehen? Küssen wir uns zur Begrüßung? Nichts möchte ich lieber. Aber: Trau ich mich das? Und selbst wenn – da ich ihn nicht einfach nur küssen und jede andere Kommunikation vermeiden kann, stellt sich doch die Frage: Rede ich ihn jetzt mit dem Vornamen an?
    Eine große, schlanke Ärztin mit perfekt sitzender Frisur öffnet die Tür und sagt: »So, Herrschaften, der angenehme Teil ist vorbei.«
    Ich weiß nicht, ob sich das auf Dr. Gode, das vergangene Tertial oder das Leben im Allgemeinen bezieht, doch der Anblick der taffen Ärztin, die uns nur mit einem eiligen Blick streift und Dr. Gode den Stationsplan aus der Hand nimmt, macht auf jeden Fall eines deutlich: SIE ist NICHT der angenehme Teil.
    Dr. Gode tritt einen Schritt zurück und stellt uns Dr. Thierschvor, die Oberärztin der Chirurgie. Sie ist höchstens Mitte dreißig. Das muss eine steile Karriere gewesen sein. Wenn sie allerdings so schnell und entschieden durch ihre Ausbildungsjahre marschiert ist, wie sie jetzt uns voraus zu den Patientenzimmern stiefelt, wundert es mich, dass sie noch nicht Chefärztin ist. Oder Päpstin.
    Dr. Thiersch stellt uns die Patienten vor wie andere Leute Schubladen aufziehen, wenn sie morgens in Eile Socken suchen. Tür auf, »Tag, Frau Jahn! Das ist Frau Jahn, gerade angekommen, Meniskusschaden«, Tür zu, nächste Tür auf, »Herr Kohler, Bauchspeicheldrüse«, Tür zu, Tür auf, »und hier liegt Frau Schneider, ihr nehmen wir übermorgen ein paar Gallensteine raus.«
    In meinem Kopf geht ein sensibler Oberarzt mit mir von Zimmer zu Zimmer, begrüßt die Patienten, fragt nach ihrem Befinden und stellt mich höflich vor. Wie nennt er mich jetzt in Gedanken? Immer noch Fräulein Weissenbach? Oder längst Lena?
    Dr. Thiersch erklärt den Patienten recht knapp, dass sie uns später kennenlernen werden. »Mit Dr. Gode, den Sie doch im Grunde lieber sehen als mich, oder?« Und schon ist sie weitermarschiert und wir folgen ihr als brave, perplexe Schlange in den OP-Bereich. Dr. Thiersch bleibt im Vorraum stehen und

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