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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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wirklich gut bewährt«, sagt er eilig und laut. »Wir sind alle sehr stolz auf sie.«
    Doch er erntet nicht den gewünschten Erfolg. Dr. Dr. Kreuzsieht ihn ein wenig missbilligend an und entgegnet: »Ich wäre stolzer gewesen, wenn sie mir das selbst mitgeteilt hätte.«
    Ich weiß, dass Isa nur Mut gesammelt hat, um den Chef allein über ihre Erfolge aufzuklären, und ärgere mich. Durch Dr. Godes Eifer sieht es nun so aus, als sei Isa wieder angstgehemmt und der Stationsarzt müsse ihre Chefarzt-Panik kaschieren. Tatsächlich muss Isa in der Folge mindestens doppelt so viele Fragen beantworten wie wir anderen.
    Bei Frau Schneider bin ich an der Reihe. Die Patientin erholt sich gut und tut mir auch noch den Gefallen, eine freundliche Bemerkung über mich und meine aufopfernde Bereitschaft zum Kaffeebring-Service zu machen – und da ich es schaffe, meine miese Verfassung kurz zu verdrängen, und Dr. Kreuz’ Fragen zur Wundheilung und Nachbehandlung umfassend beantworten kann, machen wir wohl einen recht guten Eindruck. Ebenso zufriedenstellend geraten meine Ausführungen bei Herrn Kohler und Frau Jahn. Offenbar sind mir heute alle Patienten wohlgesinnt – welche Erleichterung in meinem Zustand! – und Herr Kohler erwähnt sogar lobend mein Einfühlungsvermögen. Ich habe also das Gefühl, ziemlich gut abzuschneiden.
    Bei Paula Schwab hält Jenny die Visite und sammelt noch einmal Pluspunkte. Denn Paula spricht auch bei der Chefarztvisite ausschließlich mit Jenny. Als Dr. Dr. Kreuz fragt, ob die Vorbereitungen abgeschlossen und die Patientin über die OP-Risiken aufgeklärt sei, zuckt sie die Schultern und entgegnet, dass sie ohnehin nichts ändern könne und Jenny ja wohl wisse, was sie tue. Es wird ganz deutlich, dass Jenny die Einzige ist, die Paulas Vertrauen besitzt. Ich bin froh, dass auch meine Freundinnen gut abschneiden – und überhaupt nicht gefasst auf das, was mich nach der Visite erwartet.
    Als wir das letzte Zimmer verlassen, winkt Dr. Dr. Kreuz mich neben sich. »Was ist los mit Ihnen?«, fragt er. »Sie wirken müde und lustlos.« Ja, ich weiß. Pflaumenlikör und Liebeswirren. Es tut mir schrecklich leid. Ich würde natürlich niemals zugeben, welche Nachtaktivität für meinen schlechten Zustand verantwortlichist, aber ich habe innerlich ja bereits heiß und heilig geschworen, beim nächsten Mal den frischesten und engagiertesten Eindruck der ganzen Gruppe zu machen!
    Doch offenbar geht es dem Chef nicht um mein etwas müdes Schleichen und mein verringertes Stimmvolumen. »Sie haben mir drei Patienten vorgestellt, von denen Sie nicht einen in den OP begleitet haben«, nörgelt er. Ich falle aus allen Wolken, mein Kater ist vergessen. »Dass Sie die Patienten einfühlsam aufklären können, ist gut und schön. Sie wissen aber, dass Sie nicht nur dafür hier sind. Geschweige denn zum Kaffeeholen.«
    Ach Mann! Frau Schneiders Anmerkung, dass ich eigenhändiges Kaffeebringen versprochen habe, sollte ein Lob sein! Aber es war ja fast klar, dass der Chefarzt das in den falschen Hals kriegt. Andererseits stimmt es, Lena, Du bist nicht dafür hier! Wie kommt es, dass die kleine Isa bereits zwei OPs verbuchen kann und Du es immer noch nicht weiter geschafft hast als einmal rein in den grünen Kittel – und dann wieder raus aus dem OP-Bereich?! Aber jetzt kann ich doch schlecht Dr. Thiersch anschwärzen! Dr. Dr. Kreuz geht schon weiter, er will wohl gar keine Antwort hören. »Ich erwarte, dass Sie bis zur nächsten Woche mindestens eine OP absolviert haben.« Dann ist er verschwunden. Wie aber soll ich das machen, lieber ungnädiger Chef?! Wenn mich die Eisprinzessin nun mal auf dem Kieker hat?! Wie oft werde ich denn überpünktlich erscheinen, dauernd aufzeigen und Dr. Thiersch um den gestärkten Kittel kriechen müssen, bevor sie mir vergeben wird?
    Als die PJler nach der Chefarztvisite in alle Richtungen davoneilen, winkt mich der sonnige Dr. Gode in den Arztraum, wo er Kaffee ausschenkt und offenbar ein Nachgespräch in Gang bringen möchte. »Na?«, lächelt er kollegial. »Gefeiert?« Ich zucke die Schultern, nicht besonders interessiert daran, den Stationsarzt in unser Privatleben und unsere Abendunterhaltung einzubeziehen. Aber dann ergreife ich doch die Gelegenheit und erzähle von dem unerwarteten Chefarztangriff. Dr. Gode wiegt nachdenklich den Kopf. »Es ist wahr«, sagt er schließlich, »Sie müssenoperieren.« Er überlegt, dann grinst er breit. »Können Sie nicht einfach ein

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