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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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Zwischenschicht-Rendezvous. Schwester Jana baut sich vor Jenny auf und stützt die Hände in die Hüften.
    »Was glaubst du, was ich eben sehen musste, als ich die Wäsche ins Treppenhaus gestellt habe?!«, grinst sie.
    Jenny schüttelt missbilligend den Kopf. »Wen interessiert das denn?!«
    Jana hat mich noch nicht entdeckt, sie tritt einen Schritt näher an Jenny heran. »Wenn jemand dich sieht, ist dein Ruf ruiniert«, warnt sie verschwörerisch.
    Doch Jenny ist nicht bereit, die neugierige Schwester zu ihrer Verbündeten zu machen und erteilt ihr eine Abfuhr. »Bisher hast nur du uns gesehen«, sagt sie. »Wenn du mich nicht verrätst, kann meinem Ruf doch nichts passieren.«
    Jana sieht mich, lässt Jenny stehen und zieht von dannen. Jenny lächelt mich missvergnügt an. »Hier gibt es eindeutig zu viele neugierige Augen«, sagt sie. »Ich hasse es, wenn Leute, die selber keinen zum Knutschen haben, sich in die Geschichten anderer Leute krallen.« Natürlich hat sie recht. Aber ich kann nur hoffen, dass sie das nicht zu laut gesagt hat.
    Am Abend bin ich gespannt wie ein Flitzebogen. Mal sehen, was Tobias aus dem peinlichen Gode’schen Cafeteria-Auftritt für Schlüsse gezogen hat. Wieder einmal lasse ich meine Freundinnen stehen, die sich einhellig beschweren, in letzter Zeit viel zu wenig von mir zu haben, und steige in den grünen Wagen.
    Tobias lacht:»War das wirklich nötig, Fräulein Weissenbach?!«
    Ich bleibe cool. »Was kann ich denn dafür, wenn ein anderer Arzt sich weniger Sorgen um sein Image macht?« Sein Lächeln verfliegt. »Du weißt, dass es nicht um MEIN Image geht.« Ja, natürlich.
    Wieder führt unsere Fahrt in eine mir unbekannte Gegend, diesmal halten wir vor einem gepflegten Altbau. Als er mir die Autotür öffnet, schmunzelt er. »Ich habe dir gesagt, dass es unspektakulär ist … Aber vielleicht wollen wir uns in Zukunft ja einfach hier treffen?«
    Von unspektakulär kann keine Rede sein. Tobias’ Wohnung ist riesig. Eine große Diele, ein Wohnraum mit offener Küche, ein Kamin mit einem Sofa davor. Die Stirnseite hat eine Glasfront, davor liegt ein Balkon mit schmiedeeisernem Gitter. Ich bin fast eingeschüchtert. »Was möchtest du trinken?«, fragt Tobias, nimmt mir die Jacke ab und scheint es gar nicht seltsam zu finden, dass ich in seiner Wohnung stehe wie ein deplatzierter Gartenzwerg. »Setz dich doch!« Ich setze mich auf die Couch, ganz an der Kante. Mann, fühle ich mich verlegen! Es wird erst besser, als er sich neben mich setzt, mir ein Glas Wein in die Hand drückt und lacht: »Ganz schön seltsam, was? Wer hätte das gedacht?!« Na, ich sicher nicht. Und jetzt? Schon im Auto ist es schwierig, locker zu bleiben. Was mache ich hier?!
    Er stellt sein Weinglas auf den kleinen Tisch und lächelt mich verschwörerisch an. »Ich zeig dir was!« Er steht auf, ich auch, alles ist besser, als hier so verlegen rumzusitzen. Tobias geht zum CD-Player, schaltet die Anlage ein. »Etwas Peinlicheres habe ich zur Entkrampfung der Situation nicht zu bieten«, sagt er und drückt auf die Fernbedienung.
    Eine kauzige Stimme singt: »Ich bin der Kürbismann. Kürbis ist mein Element, das weiß jeder, der mich kennt. Meine Herr’n, ich muss Sie warnen, die Frauen werden mich umgarnen!« Tobias steht neben dem Radio und lacht, wie ich ihn noch nie gesehen habe. »Jetzt weißt du es«, sagt er zufrieden grinsend. »Das spielt dein Oberarzt zum Feierabend.« Er dreht das alberne Lied etwas lauter. »Tut mir leid, aber ich könnte mich darüber totlachen.«
    Es muss dir kein bisschen leidtun. Ich liebe es, wie du da stehst und lachst und dass du mir so unerwartet eine Seite zeigst, die weder zu meinem Bild von dir passt noch – das bilde ich mir zumindest ein – irgendjemandem von deinen Arbeitskollegen bekannt ist. Ich gehe auf ihn zu, muss ebenfalls lachen. Das Krampfige ist weg.
    Tobias ändert die Musik, aber das beschauliche Klavierkonzert, auf das er umschaltet, macht mich jetzt nicht mehr verlegen. Mein Blick fällt auf seinen Schreibtisch, einen riesigen alten Sekretär voller Papiere. Dazwischen liegt ein Stück von einer Zeitung. Das Bild zeigt eine strahlende Frau, den Schauspieler daneben hat jemand unbarmherzig abgetrennt. Tobias hat mein Foto aus der Zeitung aufgehoben.
    Er bemerkt meinen Blick. »Ich habe dich vermisst«, sagt er leise. Und von da an ist alles ganz einfach.
    Eine Stunde später sitzen wir immer noch auf der gemütlichen Couch zusammengekuschelt,

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