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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rothe-Liermann Antonia
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einer so schwierigen Operation sicherlich Standard. Ich drücke ihr die Daumen und gehe zum Mittagessen, heute will ich mir eine gewisse Begegnung auf keinen Fall entgehen lassen. Schon den ganzen Vormittag habe ich das Gefühl, seine Stimme zu hören, seine Hand auf meiner Schulter zu spüren. Ich kann es nicht erwarten, ihn zu sehen.
    Die Cafeteria ist voll. Schlechte Voraussetzungen für ein unbeobachtetes Signal. Oder gerade gut? Ruben funkelt mich an, der Schalk strahlt ihm schon wieder aus den Augen. »Du kommst spät!«, lacht er. »Wir verzehren uns schon vor Sehnsucht!«
    »Wir«?! Er deutet zu einem der Tische. Tobias sitzt dort mit seiner Stationsärztin. Ich kenne Dr. Ross aus dem letzten Tertial; sie nickt herüber, als ich zu ihrem Tisch sehe, dann wendet sie sich wieder dem Essen zu. Tobias sieht mich an, lächelt, die Menge um uns herum ist verschwunden. Ich lächle zurück, dann muss ich mich schnell wieder dem Tresen zuwenden; ich merke, dass ich vollkommen unangemessen strahle.
    »Ich habe deinen Oberarzt noch nie so lange Mittagessen sehen«, grinst Ruben. »Fast, als wolle er möglichst viel Zeit hier verbringen!«
    Ich sehe noch einmal hinüber, idiotisch geschmeichelt. Dr. Ross redet auf Tobias ein, er nickt. Doch dabei sieht er wieder zu mir; ich würde nicht darauf wetten, dass er Dr. Ross’ Ansprache nachher wiedergeben könnte.
    »Was ist denn heute zwischen euch los?«, fragt Ruben amüsiert. »Mit eurer Energie könnte ich einen Herd einsparen!« Ich antworte nicht, doch mein Grinsen verrät mich trotzdem. Ruben zieht ein empörtes Gesicht und zeigt vorwurfsvoll mitder Suppenkelle auf mich. »Ich glaub es nicht, Lena! Das hast du nicht gemacht!«
    »Ich hab gar nichts gemacht!«, verteidige ich mich schnell, doch das Grinsen bleibt.
    »Glückwunsch!«, lacht Ruben leise. »War es der Schnee?« Ich starre ihn an, sprachlos. Er zuckt gönnerhaft mit den Schultern. »Ich dachte, Schnee wär das Beste, um euch eine romantische Situation zu verschaffen!«
    »Jetzt mach aber mal einen Punkt!«, drohe ich scherzhaft zurück. »Du hast den Schnee NICHT gemacht!«
    Er grinst breit. »Hauptsache, er hat gewirkt!«
    Ich bin so übermütig euphorisch, dass ich nach dem Essen sogar ganz dicht an Tobias’ Tisch vorbeigehe. Dr. Ross ist inzwischen beim Kaffee, sie spricht immer noch. »Hallo!«, sage ich zu ihr und meine ihn.
    »Fräulein Weissenbach«, sagt Tobias, »wie geht es Ihnen?«
    Ich versuche, mein Lächeln im Zaum zu halten, damit es nicht mein Gesicht sprengt, und antworte: »Wunderbar.«
    Um noch einen Moment für mich zu haben, nehme ich mal wieder die Treppe nach oben. Auf dem Absatz vor der Chirurgie sitzt jemand, der dort absolut nicht hingehört. Jedenfalls nicht jetzt.
    »Jenny!« Ich bin verwirrt. »Was ist los?! Du musst in 10 Minuten im OP sein!«
    Jenny sieht auf, ihr Gesicht ist dunkel. »Ausgetauscht.«
    Ich setze mich zu ihr, erschrocken. Hat die Nervosität sie doch überrollt? »Verdammt, du hättest dich nicht so reinsteigern sollen!«, entfährt es mir.
    Jenny schnaubt verächtlich. »Es interessiert kein Schwein, wie ich mich reinhänge. Ob das MEINE Patientin ist. Ob ich die ganze OP allein und im Schlaf gemacht hätte! Denn ich bin nicht zuverlässig genug für so eine schwierige OP. Das macht jetzt die treue Sabrina!«
    Ich verstehe überhaupt nichts. Erst nach und nach kriege ich heraus, dass Dr. Thiersch Jenny nicht zum OP-Vorgespräch gebeten,sondern ihr im stillen Kämmerlein eröffnet hat, dass Jenny ihrer Meinung nach nicht zuverlässig genug ist, um bei Paulas OP zu assistieren. Jenny kann sich das nicht erklären – sie hat sich doch nie etwas zuschulden kommen lassen! Nicht auf dieser Station. Gut, sie hat sich nicht immer so engagiert wie jetzt, im letzten PJ-Tertial gab es einigen Ärger. Aber seit Langem hat sie sich schon nichts mehr vorzuwerfen. Jenny ist vollkommen ratlos.
    »Hat sie überhaupt nicht gesagt, worauf sie sich bezieht?«, frage ich entgeistert.
    Jenny schüttelt den Kopf. »Sie war mal wieder in Thiersch-Eile, schnell rein ins Zimmer, ›Sie sind nicht zuverlässig genug für eine so komplizierte OP, Frau Schulte ersetzt Sie‹, raus aus dem Zimmerchen.« Noch gestern bei der Visite war alles in Ordnung, nach dem Aufklärungsgespräch bei Paula hat die Oberärztin Jenny sogar gelobt! Ich bin absolut verwirrt.
    »Warst du irgendwie frech? Hast du was Blödes zu ihr gesagt? Irgendeine Aufgabe schleifen lassen?« Jenny sieht mich gekränkt

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