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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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Ohr, als sie sich gerade ihren Gedanken hingab.
    »Bitte vergeben Sie mir, aber Sie sind ganz bleich geworden. Mögen Sie noch ein Glas Wein?« Woraufhin er sich anschickte, ihr erneut einzuschenken.
    »Nein danke«, murmelte sie. »Es geht mir ganz gut. Es ist nur …« Sie betrachtete ihn kurz und dachte angestrengt nach. Es war natürlich riskant, sich ihm anzuvertrauen, aber sie bedurfte seiner Hilfe. »Wenn wir … uns vom Tisch erheben, könnte ich Sie kurz unter vier Augen sprechen?«
    Er nickte leicht, und selbst Mrs. Tipton konnte sein geflüstertes »Selbstverständlich« nicht vernehmen.
    »Es hört sich so an, als sei das Ableben von Tracey zum Wohle aller gewesen, aber ich beneide Sie nicht um Ihre Aufgabe, die Überlebenden vor Gericht zu bringen, Somerville«, sagte Mr. Goudge. »Sicherlich haben sie sich aus dem Staube gemacht, wo doch die Vorkommnisse auf White Ladies für so viel Trubel gesorgt haben.«
    »Stimmt«, pflichtete Déprez ihm vernehmlich bei. »Und wie ich gehört habe, ist in Hollesley Bay ein Kriegsschiff gesichtet worden. Das wird sie sicher von weiteren Schandtaten abhalten.«
    »Sicherlich«, stimmte Mr. Somerville ihm zu. »Nun, vermutlich wird es früh genug weiteren Unfug geben: Wilderei oder Diebstahl. Das ist Wasser auf die Mühlen eines Friedensrichters, und wenn es um Verbrechen geht, gibt es nichts, was es nicht schon mal gegeben hat. Wie das Paradies und der Sündenfall. Habe ich nicht recht, Mr. Hunnable?«
    »Ja, leider.« Mr. Hunnable nickte. »Die Welt ist schlecht.«

14
    »Verschlüsselte Dokumente?« , wiederholte Déprez ungläubig. »Wie sind …«
    Mary blickte sich kurz um. »Psst« , warnte sie ihn. »Sonst bemerken die anderen etwas und hören, worüber wir sprechen.«
    »Oh, ja natürlich«, murmelte Déprez und fragte sie mit völlig veränderter Stimme: »Dr. Johnson sagt, glaube ich, genau das Gleiche in einem seiner Essays im Rambler , oder vielleicht war es auch im Rasselas ?«
    »Ja, das war der zweite Essay in The Rambler. « Mary bemerkte, dass Mrs.Tipton sie aus einiger Entfernung beobachtete, deshalb sprach sie eher unzusammenhängend. »Zu Hause hatten wir eine gebundene Ausgabe der Essays.« Die anderen waren in Gespräche vertieft, sie diskutierten über die Möglichkeit, Whist zu spielen, aber es war so gut wie aussichtslos, dem prüfenden Blick von Mrs. Tiptons Argusaugen zu entgehen. Nachdem sich alle vom Esstisch erhoben hatten, zogen sich die Damen in den reich mit Möbeln ausgestatteten Salon zurück, wo Mrs. Somerville Tee servieren ließ. Mary hatte ungeduldig darauf gewartet, dass die Männer ihnen folgten. Als Mr. Déprez sich endlich neben sie auf dem kleinen Sofa niederließ, vergeudete sie keine unnötige Zeit und erzählte ihm die Geschichte - zumindest in groben Zügen.
    »Und Blackstones Kommentare enthalten den Schlüssel … Dessen bin ich mir sicher«, spornte sie ihn an. »Die Ziffernfolge in den Dokumenten beginnt immer entweder mit einer eins oder einer vier, und es gibt vier Bände der Kommentare . Die Abfolge bezieht sich somit auf etwas, das in einem der beiden Bände auf einer bestimmten Seite steht. Wenn wir uns diese Seiten anschauen, werden wir verstehen, was in den Dokumenten steht.«
    »Aber die Dokumente selbst - wo befinden sie sich?«
    »In Lindham Hall.«
    »Hoffentlich an einem sicheren Ort?«
    »Natürlich. Ich weiß, ich sollte Mr. Somerville unterrichten, aber...«
    »Nein, nein«, pflichtete Déprez ihr bei. »Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Man sollte lieber Vorsicht walten lassen. Später können wir ihm alles erklären.« Dabei nickte er nachdenklich. »Sie glauben also … Mr.Tracey hatte zwei Schlüssel in seiner Manteltasche.«
    »So ist es. Er muss vorgehabt haben, eine verschlüsselte Botschaft zu verfassen, möglicherweise hielt er sich auch im Great White Horse auf, um dort eine Nachricht entgegenzunehmen. Und in beiden Fällen brauchte er diese Seiten von Blackstone.«
    Déprez nickte abermals und schien das vor ihm stehende Porzellangefäß eingehend zu betrachten. Als ein Bedienter mit einem Tablett voller süßer Leckereien und Gebäck erschien, fing er wieder an zu sprechen. Mary schluckte ihren Ärger herunter, Déprez war über diese Unterbrechung jedoch sichtlich erfreut, denn er bot seinen Rat bezüglich der verschiedenen Delikatessen an und ermutigte Mary, sich an der Auswahl gütlich zu tun. Er selbst habe eine ausgesprochene Vorliebe für Süßes, gab er zu und lud sich

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