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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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wurde von einem Lastwagen überfahren, damit hatte ich eine Sorge weniger.«
    »Sehr gut«, pflichtete Miss Pettigrew schwach bei.
    »Wie lautet die vollständige Bezeichnung?«, fragte Miss LaFosse interessiert.
    Miss Pettigrews Fortschritte in puncto Scharfsinn an einem einzigen Tag waren bemerkenswert. Sie verstand auf Anhieb.
    »Pettigrew«, sagte sie. »Guinevere Pettigrew. Wie lächerlich, werden Sie jetzt sicher denken.«
    »Perfekt«, hauchte Miss LaFosse. »Absolut perfekt. Eine fantastische Kombination. Und alles Ihr Eigen. Keine Gefahr, dass irgendein mieser Rotzlöffel Sie vor aller Welt zum Narren macht. Haben Sie wirklich niemals überlegt, Theaterluft zu schnuppern? Bei Ihrem Talent für Nachahmung und so weiter? Ich habe einigen Einfluss, wissen Sie.«
    »Nein«, sagte Miss Pettigrew bestimmt, wenn auch mit einem neuen Gefühl von Wichtigkeit, Ansehen und Würde. »Niemals.«
    »Wie schade.« Miss LaFosse schüttelte den Kopf. »Sehr schade. Ein perfekter Name, fürs Rampenlicht verloren.«

    Sie fuhr mit dem Kamm durch ihr Haar.
    »Sie haben wunderschönes Haar«, sagte Miss Pettigrew wehmütig und betrachtete betrübt ihre eigenen glanzlosen Strähnen im Spiegel. »Es macht solch einen Unterschied aus.«
    »Allen Unterschied der Welt«, stimmte Miss LaFosse zu. »Zum Glück habe ich Naturlocken, aber wenn ich keine hätte, müsste eben eine Dauerwelle her. Es geht nichts über eine gute Dauerwelle, wenn man etwas an sich ändern will. Die hält sogar bei Regen. Wenn man die Haare nur onduliert, ist das im Nu wieder weg und sieht schlimmer aus als vorher.« Sie beäugte Miss Pettigrew kritisch. »Ich glaube, es führt kein Weg daran vorbei. Ich möchte Sie nicht kränken, aber meinen Sie nicht auch, dass ein Außenstehender manchmal besser weiß, was einem nottut, als man selbst? Alphonse ist der Richtige dafür. Er weiß, was zu tun ist. Wir gehen zu ihm.«
    Miss Pettigrew saß still auf ihrem Stuhl, mit rosigem Gesicht, leuchtenden Augen und zitterndem Mund.
    »Ach meine Liebe«, sagte sie. »Wie könnten Sie mich kränken, aber vergessen Sie dabei nicht, dass …«
    Es klingelte durchdringend.
    »Na!«, sagte Miss LaFosse. »Würde es Ihnen etwas ausmachen …«
    Ausmachen! Miss Pettigrew war wieselflink auf den Beinen und machte die Schlafzimmertür fest hinter sich zu. Man konnte nie wissen. Vor lauter Eile stolperte sie um ein Haar über ihre eigenen Füße, blieb eine himmlisch atemlose, erwartungsvolle Sekunde vor der Tür stehen – und riss sie auf.

SECHSTES KAPITEL
    15:13 – 15:44
     
     
    O h!«, stieß Miss Pettigrew hervor. Um ein Haar wäre sie umgerannt worden – von einer weiblichen Gestalt, die sich als ungewöhnlich attraktiv entpuppte. Die Frau war jung, schlank, bestrickend. Der einzige Farbtupfer in ihrem milchweißen Gesicht war ihr verwegen geschwungener roter Mund. Ihr lackschwarzes Haar trug sie in der Mitte gescheitelt und zu einem kunstvollen Knoten im Nacken aufgesteckt. Ein Hütchen saß schief auf ihrem Hinterkopf. Schwarze, unnatürlich gebogene Augenbrauen über erstaunlich blitzblauen Augen. Lange schwarze Wimpern, dicht und aufwärtsweisend wie bei den berühmtesten Filmstars – sie vor allem schlugen Miss Pettigrew in Bann. Von den eng anliegenden, muschelförmigen Öhrchen baumelten leuchtend grüne Ohrringe. Als die Frau an ihr vorbeischoss, drang Miss Pettigrew ein betörender Duft in die Nase. Und wie sie gekleidet war … Miss Pettigrew seufzte resigniert. Ihre Lebenserfahrung befähigte sie nicht, Pariser Damenmode zu beschreiben. Die Unbekannte hatte ihren Pelzmantel aufgerissen und ihre Handschuhe auf die Couch geworfen. Offensichtlich gedachte sie, länger zu bleiben. Miss Pettigrew wandte sich ab und schloss die Tür.
    Die Besucherin lugte zerstreut umher.
    »Wir kennen uns nicht.«

    »Nein«, sagte Miss Pettigrew.
    »Ist Delysia da?«
    »Ja.«
    »Ich muss mit ihr sprechen. Unbedingt. Kann ich mit ihr sprechen?«
    »Gewiss doch«, sagte Miss Pettigrew.
    »Ich …« – sie blickte hektisch zu der geschlossenen Schlafzimmertür, »ich störe hoffentlich nicht. Wie es heißt, ist Nick wieder da.«
    »Miss LaFosse ist allein.«
    »Gott sei Dank!«
    »Wenn Sie so gütig wären, mir Ihren Namen zu nennen«, sagte Miss Pettigrew, »dann setze ich Miss LaFosse von Ihrem Eintreffen in Kenntnis.«
    Die Besucherin war schon halbwegs bei besagter Tür. Sie sah sich überrascht um.
    »Bemühen Sie sich nicht. Sie kennt mich.«
    Sie eilte zur Tür und riss sie

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