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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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Miss Dubarry, »wo Sie doch uns einen Gefallen tun. Sie müssen mich retten. Bitte, bitte, vergessen Sie das nicht.«
    »Ach, Guinevere!«, sagte Miss LaFosse flehentlich. »Sie werden mich doch nicht im Stich lassen. Sie müssen einfach irgendwas wegen Tony unternehmen.«
    Miss Pettigrew sagte nichts weiter. Warum gegen das eigene Glück anreden? Ihre Lebensgeister regten sich. Sie stand da und ließ sich von Hochgefühl durchströmen, als wäre es eine Portion von Nicks Kokain. Ganz gleich, was passieren würde, sie war dazu bereit, war wieder freudetrunken und längst darüber hinaus, irgendetwas zu hinterfragen, was an diesem erstaunlichen Tag geschah. Ihr war nicht recht klar, was sie mit Tony anstellen sollte, aber ihre zwei Gefährtinnen hatten schon so viele rätselhafte Bemerkungen von sich gegeben, dass sie es dabei bewenden ließ.
    »Wo gehen wir denn hin?«, fragte Miss Pettigrew.
    »Zu einer Cocktailparty bei den Ogilveys.«
    »Zu einer Cocktailparty!«, sagte Miss Pettigrew verzückt. »Eine Cocktailparty! Ich?«
    »Warum nicht?«, fragte Miss Dubarry.
    »Warum nicht?«, echote Miss Pettigrew. Ihr Gesicht nahm einen fast schon überirdischen Glanz an. »Ihr Frauen!«, sagte sie. »Führt mich hin.«
    Sie führten sie ins Schlafzimmer. Sie nahm ein kurzes Bad, während Miss Dubarry und Miss LaFosse sich dem Inhalt
von Miss LaFosses Kleiderschrank widmeten. Sie zog die von Miss LaFosse zurechtgelegte seidene Unterwäsche an. Nie in ihrem Leben hatte sie je echte seidene Unterwäsche getragen. Sogleich fühlte sie sich verwandelt – verrucht, verwegen, zu allem bereit. Ihre Bedenken ließ sie mitsamt dem selbstgestrickten Wollunterzeug hinter sich.
    »Die psychologischen Wirkungen seidener Unterwäsche sind bisher noch nicht umfassend genug betrachtet worden«, sinnierte sie vergnügt.
    Wie eine Debütantin schritt sie zurück ins Schlafzimmer. Selbst ihre Beine, die sehr weit oben nur ein kurzer Spitzensaum bedeckte, brachten sie nicht zum Erröten.
    Miss Dubarry ließ sie vor dem Spiegel Platz nehmen.
    »Nein«, sagte Miss Pettigrew entschieden. »Ich möchte lieber nur das Endergebnis sehen und es mir nicht damit verderben, dass ich die Zwischenstadien beobachte, vielen Dank.«
    Sie drehten sie vom Spiegel weg. Der bedeutsamste Augenblick des Tages war gekommen.
    »Das Gesicht«, sagte Miss Dubarry.
    »Kannst du etwas damit anstellen?«, fragte Miss LaFosse nervös.
    »Mit dem Grundstock«, sagte Miss Dubarry, »liefere ich eine saubere Arbeit ab.«
    Sie trat zurück und betrachtete Miss Pettigrew, schritt einmal um sie herum, legte den Kopf schräg, furchte die Stirn. In ihrem professionellen Habitus wirkte Miss Dubarry wie ausgewechselt, nicht nervös, besorgt oder unschlüssig, sondern ernsthaft, bestimmt und sachkundig: eine Expertin am Werk.
    »Schau dir die Kinnkontur an«, sagte Miss Dubarry. »Klar umrissen wie ein Scherenschnitt. Keine Fettwülste, die man wegmassieren müsste. Und die Nase. Perfekt. Mit
einem Gesicht lässt sich einiges machen … aber mit einer Nase! Dazu braucht man einen Chirurgen, und das Risiko nehmen nur wenige auf sich.«
    »Sehr schön«, pflichtete Miss LaFosse bei.
    »Wenn man die fünfunddreißig überschritten hat«, belehrte sie Miss Dubarry, »muss man sparsam mit dem Make-up umgehen. Es gibt nichts Schlimmeres als eine Frau mittleren Alters mit zu viel Make-up. Damit betont sie ihr Alter, statt es zu überspielen. Nur ein sehr junges, faltenfreies Gesicht verträgt eine überreichliche Anwendung von Kosmetika. Es muss delikat und kunstvoll wirken und immer die Möglichkeit offenlassen, es könnte letztendlich doch alles natürlich sein, sodass der Betrachter sich fragt, ob das, was er da vor sich hat, Kunst oder Natur ist.«
    Miss Dubarry ging an die Arbeit. Miss Pettigrews Gesicht wurde abgeklopft, getätschelt, betupft, geknetet, mit Creme traktiert und von überflüssiger Creme befreit, Lotion wurde aufgetragen und wieder abgewischt. Ihre Haut kribbelte und fühlte sich glänzend an, gesund und verjüngt.
    »So!«, sagte Miss Dubarry schließlich. »Mehr lässt sich hier nicht machen. In meinem Salon wäre es natürlich etwas anderes. Aber man kann eben nicht alles haben.«
    Sie musterte Miss Pettigrew nachdenklich. Miss Pettigrew sah nervös zu ihr hin. Sie fühlte sich ein wenig schuldbewusst, als hätte sie auf welchem Wege auch immer in Miss Dubarrys Salon schweben sollen, wobei sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, dass noch mehr

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