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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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Im Augenblick brauche ich einen Drink. Im Augenblick muss ich dringend einen Drink haben. Der Portier unten sah mir ganz vernünftig aus. Ich bin gleich wieder da.«
    Er stampfte durchs Zimmer und warf die Tür hinter sich zu.
    »Du liebe Güte!«, sagte Miss Pettigrew zittrig.
    »Das«, sagte Miss LaFosse freundlich, »war Michael.«
    »Michael?«, japste Miss Pettigrew.
    »Michael«, sagte Miss LaFosse.
    »All … Allmächtiger!«, hauchte Miss Pettigrew.
    Sie suchte nach einem Stuhl und setzte sich. Es dauerte geraume Zeit, bis sie wieder Herrin ihrer Sinne war, sich all ihre vorgefassten Ansichten über Michael aus dem Kopf geschlagen und durch klare Urteile über den Mann in Fleisch und Blut ersetzt hatte. Dann begannen ihre Augen zu leuchten; ihre Wangen färbten sich rosig; vor Wonne bebte sie am ganzen Leib. Sie setzte sich aufrecht
hin und bedachte Miss LaFosse mit einem flammenden Blick.
    »Oh, meine Liebe!«, sagte sie fröhlich. »Ich gratuliere.«
    »So!«, sagte Miss LaFosse. »Wozu?«
    Miss Pettigrew ließ sich nicht den Wind aus den Segeln nehmen. Sie war zur glühenden Anhängerin mutiert, so glühend, wie es nur eine alte Jungfer mit romantischen Idealen sein kann.
    »Wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre«, sagte sie strahlend, »und dazu imstande, würde ich Ihnen diesen Mann stibitzen.«
    »Wirklich?«, fragte Miss LaFosse interessiert.
    »Ich habe mir Sorgen gemacht«, bemerkte Miss Pettigrew heiter, »heimliche Sorgen, meine Liebe. Ich habe mir nichts anmerken lassen, aber damit ist es vorbei. Jetzt bin ich die Ruhe selbst.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass Michael Ihnen gefällt«, sagte Miss LaFosse. »Nach dem, was Sie vorher über ihn gesagt haben?«
    »Da kannte ich ihn ja noch nicht«, entschuldigte sich Miss Pettigrew. »Damit wäre wieder einmal bewiesen, wie gefährlich es ist, sich vorgefassten Meinungen hinzugeben.«
    »Und Sie empfehlen … Michael?«, fragte Miss LaFosse verdutzt.
    »Für Sie … haargenau das Richtige«, sagte Miss Pettigrew fest.
    All ihr Kummer war verflogen. Miss LaFosses Zukunft war gesichert. Das Leben mit Michael konnte unmöglich öde, unbedeutend und enttäuschend sein. Zum Kuckuck mit ihren lächerlichen Befürchtungen. Er war der ideale Gefährte. Als Frau von Michael würde Miss LaFosse weiter das grandiose, buntschillernde Leben führen, das ihr
zustand. Dieser junge Mann hatte nichts Mittelmäßiges an sich. Alles war gut. Ihr war eine schwere Last vom Herzen genommen.
    »Weißer Samt und ein Schleier und Orangenblüten«, sagte Miss Pettigrew verzückt. »Ach, meine Liebe. Ich weiß, es ist dreist, wir kennen uns ja erst so kurz, aber wenn Sie mich wissen ließen, wann es so weit ist, wäre ich liebend gern in der Kirche dabei, und wenn es das Letzte ist, was der Herrgott mir vergönnt.«
    »Oh, Guinevere!«, gluckste Miss LaFosse. »Nicht so hastig.«
    Ihre Miene wurde ernst. Sie fingerte am Saumband ihres Ärmels herum.
    »So einfach liegen die Dinge nicht.«
    »Wieso nicht?«, wagte Miss Pettigrew sich vor. »Er will Sie doch heiraten, oder?«
    »Er wollte«, sagte Miss LaFosse.
    »Wollte!« Miss Pettigrew sah ihre Felle davonschwimmen. »Sie haben aber doch gesagt, dass er will«, versuchte sie es tapfer erneut.
    »Das war, bevor er hierhergekommen ist.«
    »Und?«
    »Sie haben doch gesehen, wie er sich aufgeführt hat.«
    »Ja«, sagte Miss Pettigrew. »Ich hatte den Eindruck, er war wegen irgendetwas ein wenig verärgert.«
    »Ich glaube, er war sogar sehr verärgert«, sagte Miss LaFosse.
    »Wenn … wenn ich irgendwie von Nutzen sein kann«, sagte Miss Pettigrew ohne große Hoffnung.
    »Es ist reichlich verzwickt«, sagte Miss LaFosse.
    »Nicht schon wieder«, sagte Miss Pettigrew.
    »Und es ist keine sehr appetitliche Geschichte.«
    »Das halte ich schon aus.«

    »Also gut«, seufzte Miss LaFosse. »Ich sehe besser zu, alles zu erklären, bevor Michael zurückkommt. Michael wollte mich heiraten. Er hat mir unentwegt zugesetzt. Und dann, in einem unbedachten Augenblick, habe ich mir überlegt, wenn ich Michael heiraten würde, wäre ich sicher vor Nick. Also habe ich Ja gesagt. Er hat eine Sondererlaubnis besorgt, und wir sollten gleich am nächsten Morgen standesamtlich getraut werden. An dem Morgen kam Nick … und … na ja … ich bin eben einfach nicht hingegangen. Daraufhin hat Michael eine Sauftour gemacht, und als ein Polizist ihn wegen Trunkenheit und ungebührlichem Verhalten einlochen wollte, hat er ihm eins verpasst und dafür

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