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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Winifred Watson
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bleibt da noch? Ich frage euch? Ist es das wert?«
    »Oh ja!«, riefen die anderen jungen Damen schockiert im Chor.
    »Vielleicht ändert sich ja das Ideal«, sagte Miss Dubarry tröstend. »Dann hast du auf einmal von Natur aus die richtige Figur, und wir müssen den ganzen Tag herumsitzen und aufs Tanzen verzichten und eimerweise Schlagsahne trinken, bis sie uns zu den Ohren herauskommt.«
    »Wenn ich fünfzig bin«, sagte Rosie melancholisch, »dann ist es mir egal, ob ich dick oder dünn bin.«
    Die Musik setzte ein.
    »Tanzen wir?«, fragte Julian.
    Er und Rosie begaben sich aufs Parkett. Rosie schmiegte sich wie hingegossen in seine Arme, was ihrer formellen Haltung etwas sehr Persönliches, Intimes verlieh. Wange an Wange tanzten sie davon.
    Miss Pettigrew sah ihnen wie gebannt nach.
    »Was für eine entzückende Frau!«, sagte sie bewundernd. »Ich habe noch nie jemanden wie sie gesehen. Ist sie Ausländerin?«
    »Sie wird fett werden«, sagte Miss LaFosse düster. »Lassen Sie sich das gesagt sein. Man kann nicht immer ›Nein‹ sagen.«
    »Sie ist eine typische Haremsdame«, sagte Miss Dubarry. »Ich mag keine Haremsdamen. Sie behandeln ihre Geschlechtsgenossinnen nicht gut.«
    »Ich mag sie schon«, sagte Tony. »Sie wissen, wo ihr Platz ist, und haben keine Flausen im Kopf. Ein Mann, und der ist der Herr. Die anderen Männer existieren nicht für sie. Sie gehören in den Serail und wollen nirgendwo anders hin. Ihre Pflicht besteht darin, einen Haufen Kinder zu
produzieren und ihrem Herrn und Meister die Wünsche von den Augen abzulesen. Was wollen sie mehr? Was will er mehr? Also ich finde das höchst befriedigend.«
    »Pah!«, schnaubte Miss Dubarry verächtlich. »Ich schätze Unabhängigkeit an einer Frau. Und Männer, die wirkliche Männer sind, tun das auch. Er wird sie sechs Wochen nach der Heirat satthaben. Zum Kuckuck! Erdbeeren und Schlagsahne sind zur Abwechslung ja mal ganz nett. Aber auf Dauer …! Stellt euch bloß vor, mit einer Frau zu leben, die nie Nein sagen kann.«
    »Ich pflichte Tony bei«, meldete sich Michael zu Wort. »Die Frauen von heute …«
    »Sei still!«, befahl Miss LaFosse. »Keine Widerworte. Deine Vorstellungen kennen wir alle zur Genüge. Völlig antiquiert. Guinevere, das sind die Lindsays, Peggy und Martin. Ein Jahr verheiratet und immer noch zusammen.«
    Miss Pettigrew wandte sich dem verbliebenen Paar zu. Beide hatten glatte, junge, lebhafte Gesichter, glattes braunes Haar, blaue Augen und ein fröhliches Lächeln. Sie hätten Zwillinge sein können. Martin trug das Haar nach hinten gekämmt, Peggy hatte einen Pagenkopf.
    »Offiziell die Lindsay-Zwillinge«, erklärte Miss LaFosse. »Kommt in der Presse besser an als Mann und Frau. Sie gehören ins komische Fach. Revuen, Varieté oder was sich sonst so bietet.«
    Miss Pettigrew nahm all diese interessanten Menschen erfreut zur Kenntnis. Mit großen, glänzenden Augen betrachtete sie den Raum. Das Schlagzeug dröhnte, die Becken schlugen Krach, die Saxophone jammerten, die Geigen schluchzten, das Klavier perlte. Die Musik riss alle von den Stühlen, machte Lust zu tanzen. Miss Dubarry und Tony entschwebten. Die Lindsays taten es ihnen nach. Unbemerkt von Miss Pettigrew schüttelte Miss LaFosse den
Kopf. Ein junger Mann sang in ein Mikrofon. Das Licht wurde gedämpfter. Die schleppenden Schritte erzeugten ihren eigenen Rhythmus.
    »Das also«, sagte Miss Pettigrew, »ist ein Nachtclub! Und ich habe immer nur die übelsten Dinge darüber gehört!«
    Miss LaFosse dachte an die diskret geschlossenen Türen in der oberen Etage.
    »Nun ja«, sagte sie vorsichtig, »es gibt solche und solche. Hier wird Ihnen wahrscheinlich niemand von der königlichen Familie über den Weg laufen.«
    »Ich habe keinerlei Verlangen, jemanden von der königlichen Familie kennenzulernen«, sagte Miss Pettigrew. »Ich würde vor Ehrfurcht zur Salzsäule erstarren. So wie es ist, bin ich es sehr zufrieden.«
    Die Musik verstummte. Die Lichter erstrahlten heller. Der Tisch füllte sich wieder. Der Dirigent gab Miss LaFosse ein Zeichen. Miss LaFosse nickte. Miss Pettigrew hörte, wie ihre Freundin namentlich angekündigt wurde, woraufhin sich stürmischer Applaus erhob. Es wurde dunkel, und ein einzelner Scheinwerfer beleuchtete Miss LaFosse, die mutterseelenallein und seelenruhig auf die Bühne schritt, dabei lässig die Schultern kreisen ließ und gekonnt die Hüften schwenkte. Sie lehnte sich an den Flügel, die eine Hand in die Hüfte

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