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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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ihn empfindet oder nicht. Und überhaupt: Wie alt ist sie? Wenn du als Frau langsam auf die dreißig zugehst und noch nicht verheiratet bist, dann nimmt dich sowieso keiner mehr. Außer ein Ausländer natürlich. Verstehst du, was ich sagen will?
    Ihr Westler träumt immer von der großen Liebe. Aber hier gibt es ganz andere Gründe, mit jemandem zusammen zu
sein. Und deine Chancen stehen gut, dass du diese erst viel zu spät entdeckst - und dass sie dir gar nicht gefallen werden.«
    Erschöpft von seiner langen Rede lehnte Minh sich zurück und nuckelte an dem Strohalm, der in seinem Eiskaffee steckte.
    Es war an mir, etwas zu sagen:
    »Oje! Oje! Oje!«
    »Siehst du!« Er blinzelte mich triumphierend an.
    Im Geiste ging ich seine Argumente durch und versuchte, eins nach dem anderen zu entkräften. Erfolglos, denn eigentlich kannte ich Lien wirklich überhaupt nicht. Jedes Szenario, das Minh mit schnellen Worten gezeichnet hatte, war möglich.
    Seufzend sagte ich:
    »Du hast recht, Minh. Ich weiß nicht viel über sie. Aber ich weiß, was ich für sie empfinde.«
    »Du bist verknallt. Das ist alles. So etwas kommt und geht.«
    »Nein, glaub mir. Ich hatte zu lange nicht mehr solche Gefühle, als dass ich es nicht ernst nehmen könnte.«
    »Du machst dir doch selber was vor. Zehn Jahre hattest du keine ernsthafte Beziehung. Und plötzlich glaubst du, in eine Frau verliebt zu sein, die du nur einmal im volltrunkenen Zustand gesehen hast; die du gar nicht kennst; die offensichtlich nichts von dir will und deren Motive höchst fragwürdig wären, selbst wenn sie sich auf dich einlassen würde. Das können doch keine echten Gefühle sein.«
    Es nervte. Schon wieder hatte er in allem recht. Fast. Denn ich war immer noch von meinen Empfindungen überzeugt - auch wenn alle äußeren Umstände gegen mich sprachen. Wieso manövrierte ich mich nur immer in diese aussichtslosen Positionen? War ich in Liebesdingen wirklich so ein Idiot, wie es den Anschein hatte?

15.
    Regenzeit. Beim Motorradfahren bekommt man zwangsläufig nasse Füße. Einmal am Tag schlägt eine Sintflut auf Saigon nieder, welche die Straßen knietief in Wasser taucht. Die Gullys gurgeln und ächzen umsonst. In wenigen Minuten bilden sich allerorts riesige Seen, die ein Fortkommen fast unmöglich machen. Wasser von unten, Wasser von oben. Wie auf Kommando hält der Verkehr inne. Es folgt eine Choreografie, deren Rhythmus das Prasseln der Regentropfen vorgibt: Jeder steigt von seinem Zweirad ab, zieht den Schlüssel aus der Zündung und lässt damit die Sitzbank aufschnappen. Darunter befinden sich der Tankstutzen und ein kleines Fach - oft gerade groß genug, um den ponchoartigen Regenmantel zu verstauen, den sich nun jeder überstülpt. Der Schlüssel kommt wieder in die Zündung, dann setzt sich die Kolonne wie auf Befehl in deutlich langsamerem Tempo wieder in Bewegung.
    Begleitet wird dieses Ensemble von einigen Nebendarstellern, die die Bühne so unvermittelt betreten, als würden sie den ganzen Tag nur auf ihren Einsatz warten: Sobald sich der erste Tropfen aus den Wolken löst, bezieht eine Horde fliegender Regenmantel-Verkäufer am Straßenrand Position, noch bevor dieser die Erde erreicht hat. Für sie ist der Regen ein Segen - genau wie für viele junge Pärchen, die zu zweit unter einem blickdichten Poncho verschanzt eine der wenigen
Gelegenheiten finden, mit den Händen den Körper des anderen zu erkunden.
     
    Auch in den Tagen nach meiner Begegnung mit Lien hingen die Wolken düster und matt am Himmel und über meinem Gemüt. Gelegentlich überkam mich zwar eine Euphorieattacke, doch die währte nie lange: Ja, mein Herz hatte endlich wieder einmal gezuckt. Ich hatte das Gefühl, dass sich alles verändert hatte - und doch blieben die Welt und mein Leben darin merkwürdig gleich. Alleine aufstehen, ins Büro. Die gleiche Arbeit, die gleichen Kollegen, die gleichen Gespräche. Abends etwas essen. Die üblichen Restaurants mit den üblichen Freunden. Und noch einen Drink. Alleine ins Bett. Alles wie immer. So wie es doch längst nicht mehr sein sollte.
    Doch meine Möglichkeiten, daran etwas zu ändern, waren ziemlich begrenzt. Natürlich hatte ich bereits am Tag eins der neuen Zeitrechnung Iain angerufen und gefragt, wer die Frau auf seiner Party gewesen sei.
    »Ich habe leider keine Ahnung.«
    »Hattest du sie denn nicht eingeladen?«
    »Nein. Ich glaube, sie ist mit diesem Japaner zusammen gekommen. Aber frag mich jetzt nicht, wer den

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