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Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman

Titel: Miss Saigon der Hund der Japaner und ich Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Tausch
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mitgebracht hat. Es waren ja ziemlich viele Leute da. Ich habe auf jeden Fall irgendwann den Überblick verloren.«
    »Schade. Falls du was rausfindest, sag mir Bescheid, O.K.?«
    »Die Kleine gefällt dir wohl.«
    »Blödsinn! Ich schulde ihr noch eine Stange Geld, das sie in der Klinik für mich ausgelegt hat. Und das möchte ich ihr zurückgeben.«
    Gut, dass wir telefoniert haben. So blieb Iain verborgen,
wie sich auf meiner Stirn trotz Klimaanlage ein paar Schweißtropfen sammelten. Ich war ein lausiger Lügner.
    »Ausgesprochen edelmütig. Falls ich was höre, lass ich es dich wissen. Aber viel mehr interessiert mich, was du heute Abend machst. Lust aufs ›Apocalypse Now‹ oder ein bisschen Pham-Ngu-Lao-Action?«
    Iain war einer der Jungs, mit denen ich häufig gemeinsam das Nest unsicher machte.
    »Tut mir leid. Aber wir haben diese Woche eine wichtige Präsentation. Ich bin sicher lange im Büro.«
    Wieder spürte ich Hitze in mir aufsteigen. Doch diese kleine Unwahrheit war notwendig, denn Iain war ein Partyberserker, der Ausreden wie »keine Lust« nicht gelten ließ. Geschweige denn einen Grund wie »Ich will mal ein bisschen alleine vor mich hingrübeln«. Die Wahrheit hätte er erst recht nicht verstanden. Denn die lautete, dass ich auf einmal überhaupt keine Lust mehr auf andere Frauen hatte.

16.
    Zwei lange Wochen ätzten sich ereignislos in meine Nervenstränge. Dann erhielt ich eine SMS von Iain.
    Mich hat ein Typ angerufen und nach deiner Nummer gefragt. Kannte ihn nicht. Hab sie ihm trotzdem gegeben. Ging wohl um das Geld. Hoffe, du hast nicht auch noch Schulden bei der Mafia:-)
    Die Nachricht warf mehr Fragen auf, als sie löste: Ein Typ? Egal wie betrunken ich gewesen bin: den Unterschied hätte ich wohl bemerkt. War es ihr Freund? Ihr Mann? Vielleicht der dubiose Begleiter, von dem niemand wusste, wie er auf die Party gekommen war? Mein Hirn rotierte, entwarf die abstrusesten Szenarien und Erklärungen. Wie in schrecklichsten Pubertätszeiten verwendete ich den größten Teil meiner Energie darauf, beide Ohren in Alarmbereitschaft zu halten, damit ich nicht das geringste Zucken des Telefons verpassen würde. Doch auch nach Iains Nachricht blieb es noch zwei weitere Wochen still.
     
    »Du spinnst«, lachte Erik, als ich ihm erklärte, warum ich unmöglich zum Fußballtraining kommen konnte. »Verstehe ich dich jetzt richtig: Du willst nicht auf den Platz gehen, weil du Angst hast, den Anruf einer Frau zu verpassen, die
du fast gar nicht kennst, der du aber noch 75 Dollar schuldest?«
    »So wie du das sagst, klingt es in der Tat verwunderlich - aber: Ja!«
    »In dem Fall muss ich dir jede Zurechnungsfähigkeit absprechen und befehle dir als dein Kapitän, sofort deine Fußballschuhe einzupacken und ohne Widerspruch in dieses Auto zu steigen.«
    Mit ausladender Geste deutete der Hamburger Zweimetermann auf den Wagen, der vor meinem Haus geparkt war. Da ich seit Wochen durch Abwesenheit beim Training glänzte, hatte Erik beschlossen, selber nach dem Rechten zu sehen und mich notfalls mit Gewalt auf den Platz zu zerren. Irgendwann gab ich meinen Widerstand auf, und wenige Minuten später zwängten wir uns schon mit dem Auto über die Saigon-Bridge, um zum Trainingsgelände der »Raiders« zu gelangen. Der Platz hatte sich durch den allabendlichen Wolkenbruch mit Wasser vollgesogen, er war feucht, schwer und roch intensiv nach Gras. Schwärme von Mücken tanzten über den Rasen, und aus dem Grün heraus quakten Frösche.
    Passen. Flanken. Laufen. Schießen. An mir ist sicherlich kein großer Fußballer verloren gegangen. Aber einer mit Herz. Das Schöne an dem Spiel ist ja, dass man jeden versprungenen Ball durch Laufbereitschaft retten und jeden eleganten Tempodribbler mit einer wohldosierten Blutgrätsche aufhalten kann. Das Manko dieser Spielweise liegt in dem erhöhten Kraftaufwand, den es zu betreiben gilt. Bereits nach einer Stunde robbte ich völlig ausgelaugt über den Platz, zäher Schleim kroch mir den Hals hoch, meine Muskeln schmerzten. Beim abschließenden Spiel bot ich mich freiwillig an, die
ungeliebte Torwartposition zu übernehmen. Dadurch wollte ich die körperliche Belastung auf ein Minimum reduzieren - was ich so effektiv tat, dass ich mir wegen vermeidbarer Gegentore einige Pöbeleien der Mannschaftskollegen anhören musste.
    Als das Spiel schließlich abgepfiffen wurde, humpelte ich so schnell wie möglich in Richtung Kabine und checkte mein Handy.
    Nichts.
    Kein Anruf,

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