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Miss Seeton riskiert alles

Miss Seeton riskiert alles

Titel: Miss Seeton riskiert alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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war. Von ihrem Wohnzimmer aus konnten sie fast alles, was die Dorfbewohner taten, beobachten, kommentieren und mißdeuten. Sie hatten ein außerordentliches Geschick darin, für Zwist und Mißverständnisse bereitwillige Zuhörer zu finden. Ihr augenblicklicher Besuch in Rytham Hall, der Villa von Sir Colveden, stand im Zusammenhang mit dieser ihrer Berufung. Es war natürlich reiner Zufall, daß gerade Teezeit war. Nein, wirklich, das hatten sie nicht beabsichtigt… Sie wollten nicht stören… Aber wenn der Tee gerade fertig sei, würden sie eine Tasse nicht ablehnen.
    Lady Colveden hatte nur ungern zusätzliche Tassen kommen lassen und Kuchen angeboten. In Wirklichkeit hatten die Damen zur Teezeit nur vorgesprochen, um sicher zu sein, Sir George zu treffen.
    »Warum?« fragte Sir George.
    Mrs. Blaine stellte ihren Teller hin und beugte sich vor, um ihren Worten Gewicht zu verleihen. »Nun, in Ihrer Stellung als – «
    »Richter«, ergänzte Miss Nuttel.
    »Sie werden wissen, mit wem Sie zu sprechen haben, und können Ihren – «
    »Einfluß geltend machen«, steuerte ihre Freundin bei.
    »Unsinn«, sagte Sir George.
    Hastig unterbrach ihn Lady Colveden. »Mein Mann meint damit, daß wir nicht im geringsten mit Ihnen übereinstimmen. Wir persönlich mögen Miss Seeton gern. Wir glauben, daß sie für das Dorf eine Bereicherung ist.«
    »Sie würde überall eine Bereicherung sein«, sagte ihr Sohn Nigel.
    »Auf jeden Fall können Sie nichts tun«, fuhr seine Mutter fort. »Diese Idee, einen Antrag auf Ausweisung zu stellen, ist lächerlich. Ich meine, Sie können den Leuten nicht einfach befehlen, irgendwoanders hinzuziehen, nur weil sie nicht Ihren Beifall finden. Sonst zögen wir alle dauernd wie die Zigeuner umher.« Was für eine idiotische Situation! George und Nigel suchten anscheinend Streit. Sie mußte irgendwie den Ausbruch offener Feindseligkeiten verhindern. Für die Männer war ja alles gut und schön. Sie vergaben jedoch, daß man schließlich in einem kleinen Ort lebte, in Komitees und sonstwo noch war und alle Unannehmlichkeiten – eben unangenehm waren. Festigkeit und Takt waren vonnöten. »Es ist alles Unsinn!« erklärte sie fest. »Ich bin sicher, das Ganze ist ein Mißverständnis.«
    »Mangel an Verständnis«, verbesserte Nigel.
    Es wäre taktvoll von Nigel gewesen, wenn er nicht auch noch seinen Senf dazugegeben hätte. Lady Colveden unternahm einen erneuten Anlauf. »Was um Himmels willen hat Miss Seeton getan, daß Sie so aus der Fassung geraten sind?«
    »Getan?« rief Mrs. Blaine aus. »Sie waren selbst dabei – Sie haben sie gesehen! Zu nachtschlafender Zeit nach Hause zu kommen, vor allen Leuten und aufgetakelt wie ein – ein – «
    »Straßenmädchen«, ergänzte Miss Nuttel.
    »Dazu die vielen Männer!« Mrs. Blaine zerkrümelte vor Aufregung ihren Kuchen. »Und alle betrunken, und außerdem das – das – « – »Geld«, sagte Miss Nuttel.
    »Natürlich ist es nicht unsere Sache – «
    »Richtig.«
    »Genau das«, riefen Vater und Sohn im Chor.
    »Aber wir haben wirklich das Gefühl – «
    »Ganz entschieden«, fügte ihre Freundin hinzu.
    »Daß dies aufhören muß!«
    »Was meinen Sie?« fragte Nigel. »Die Männer, das Trinken oder das Geld?«
    »Nigel«, bat Lady Colveden, »geh und hol etwas heißes Wasser, ja?« Sie atmete erleichtert auf, als ihr Sohn das Zimmer verließ. Wenigstens einer, der im Augenblick außer Gefecht gesetzt war.
    »Oh, wir sind es nicht«, beteuerte Mrs. Blaine. »Wir können uns um uns selber kümmern. Es ist – «
    »Das Dorf«, stellte Miss Nuttel fest.
    »Ja, es ist die Wirkung auf das Dorf. Diese Frau hat nur Unruhe gebracht, seit sie hier ist!«
    Mrs. Blaine setzte sich aufs hohe Roß. »Es ist jetzt genug!
    Was haben wir hier nicht schon alles erlebt: Drogen und Mord und Raubüberfälle und Hexerei und die Zeitungen und Mord und Auslandsreisen, die ihrem Alter gar nicht angemessen sind – und Mord und das Fernsehen, und sie haben niemals auch nur das Interview gebracht, das ich gegeben habe«, daraus sprach wirklicher Kummer, »und – und – « – »Prostitution«, bot Miss Nuttel an.
    »Das ist es, was ich meine. Es ist alles zu, zu schrecklich und deshalb«, Mrs. Blaine legte Sir George ein Blatt Papier vor, »haben wir diesen Antrag aufgesetzt und dachten, wenn Sie ihn unterzeichnen und – «
    »Ich?« Sir George erhob sich, nahm das Papier und prüfte die fünf Unterschriften. »Norah Lindly?« donnerte er. »Niemals von ihr

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