Miss Seeton und der Hexenzauber
Seeton und küßte sie. »Nennen Sie ihn Bob«, flüsterte sie ihr dabei verstohlen ins Ohr. »Wie schön, dich zu sehen«, flötete sie. »Wir haben schon gerätselt, ob du es bist, als wir dich von hinten sahen. Wir wollten nur mal kurz vorbeischauen. Wir haben noch nie so eine Versammlung miterlebt – war es nicht wundervoll? Wir waren sehr überrascht, daß du auch hier bist, aber derlei Dinge haben dich eigentlich ja schon immer interessiert, nicht wahr? Der Redner ist ein großartiger Mann, findest du nicht auch?«
Bob kam näher, bückte sich und drückte Miss Seeton einen Kuß auf die Wange. Sie wurde rot. »Spielen Sie mit«, murmelte er leise.
Mitspielen? Ja, natürlich, sehr gern. Aber was wollten sie spielen? Sie überlegte fieberhaft. Sie nannten sie Tante, also … Sie lächelte. »Liebe Güte, äh, Bob und Anne!« Sie tätschelte dem Mädchen die Hand. »Was für eine schöne Überraschung. Und wie geht’s den Kindern?« erkundigte sie sich strahlend.
Jetzt wurde Bob rot. Anne lachte. Wie unanständig von Miss Seeton, ihnen mehrere Kinder anzudichten, und das, noch bevor sie verheiratet waren! Sir George Colveden gesellte sich zu ihnen.
»Hallo, Sir«, grüßte Bob schnell. »Ich glaube, Sie sind meiner Tante schon einmal begegnet, hab’ ich recht?
Tante Em«, setzte er erklärend hinzu. »Und Anne kennen Sie selbstverständlich auch.«
»Natürlich.« Sir George nickte und gab allen die Hand.
»Schön, Sie zu sehen.« Seine Tante? Ihm schien, als würde hier einiges durcheinander gehen. Er konnte sich das nicht erklären – all diese verdammten Leute – und trotz des furchtbaren Gedränges waren offenbar alle verrückt danach herzukommen. Sir George wandte sich an Miss Seeton. »Hab’ Sie schon gesehen, als wir herkamen.
Kann ich Sie nach Hause fahren?«
»Sehr nett von Ihnen, Sir George, so zuvorkommend.
Aber ich denke, das ist nicht nötig. Sie müssen wissen, ich bin hergekommen mit …«
»Uns«, schnitt Bob ihr ohne zu zögern das Wort ab.
»War uns eine große Freude, Sie zu sehen, Sir, aber wir bringen Tante Em heim. Anne ist so klein, daß wir noch genügend Platz haben.« Er dachte daran, daß sie sich in Annes winzigem Auto wie die Sardinen
zusammenquetschen mußten, und hoffte, daß er dieses Angebot nicht noch bereuen würde.
Die drei unverletzten jungen Männer hatten sich etwas abseits gehalten, alles beobachtet und mit angehört. Jetzt folgten sie der Gesellschaft zum Haupteingang, lauschten noch immer und behielten Foxon im Auge, der neben dem Tisch stand, auf dem Stapel von Informationsschriften und Formulare lagen. Ein Mädchen verkaufte Exemplare von Jenseits vom Jenseits und drückte den Leuten Luftballons in der Form von Raumfahrern in die Hand. Die drei merkten, daß Miss Seeton zögerte, als sie Foxon sah, und daß Bob sie entschlossen durch die Tür schob. Draußen sahen sie Annes davonfahrendem Wagen nach. Sir George brach zusammen mit seiner Frau, seinem Sohn und Mrs. Trenthorne auf, und später setzte sich der deprimierte Foxon hinter das Steuer eines riesigen dunklen Sedan mit doppeltem Rückspiegel und langer Antenne und fuhr mutterseelenallein weg.
Kapitel 6
In Chief Inspector Brintons Büro rekelte sich Superintendent Delphick; Sergeant Ranger saß auf einem harten Stuhl, und Detective Constable Foxon stand.
Brinton funkelte seinen Untergebenen an. »Also schön, Sie hatten lange genug Zeit, sich sechs gute Gründe auszudenken, warum Sie es vermasselt haben. Lassen Sie sie hören.«
Foxon erwiderte mit puterrotem Gesicht: »Es gibt keine Entschuldigung dafür, Sir.«
Brinton schnaubte. »Das ist mal was anderes. Dann erzählen Sie uns wenigstens mit Ihren eigenen Worten, was passiert ist. Und«, mahnte er, als Foxon den Mund aufmachte, »nicht im offiziellen Jargon. Nichts von
›Maßnahmen‹ und ›Vorgehensweisen‹ und solchem Unsinn, verstanden? Bemühen Sie Ihre Phantasie und stellen Sie sich vor, Sie wären ein menschliches Wesen und kein Polizist; dann erzählen Sie uns alles.«
Das tat Foxon. Nichts sei passiert, berichtete er, bis er gelacht habe. Selbst dann habe er nicht begriffen, was eigentlich los war, und erst draußen hätten sie es ihm erklärt: Sie hatten gesagt, daß sie den Vorfall bedauerten, aber in ihren Versammlungen zu lachen sei genauso schlimm, als würde man in einer Kirche lachen. Sie könnten das auf keinen Fall dulden, weil es die Gemeinschaft störe – so nannten sie die Zuhörer. Sie seien der
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