Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
Vom Netzwerk:
hat, nicht wahr?«
    Der Sergeant besah sich seinen unterstrichenen Ausländer. Er malte ein Fragezeichen dahinter. Dann setzte er noch zwei hinzu. Irgendwie entsprachen sie nicht dem, was er empfand. Er ergänzte seine Interpunktion durch drei Ausrufezeichen, und dann war ihm wohler.
    »Wahrscheinlich haben Sie recht«, meinte der Superintendent. »Das Mädchen konnte zwar Englisch, aber sie war gebürtige Französin. Wenn Sie also gehört haben, daß sie Französisch gesprochen hat, dann ist anzunehmen, daß die vorangegangene Unterhaltung ebenfalls auf französisch geführt worden ist.«
    Verstohlen strich der Sergeant alles bis auf das kleinste Fragezeichen hinter ›Ausländer‹ aus.
    »Sie sagen außerdem«, fuhr Superintendent Delphick fort, »daß Sie den Mann zwar nicht genau beschreiben können, ihn aber wiedererkennen würden. Ist das richtig?«
    »Jaaa. Es ist ziemlich schwierig«, erklärte sie, »weil alles so schnell ging und weil es ziemlich dunkel war. Und dann war ich natürlich auch nicht darauf gefaßt, daß. Ich erinnere mich nur noch an langes Haar und an seinen Gesichtsausdruck. Oder eher an meinen Eindruck von diesem Ausdruck.«
    Sergeant Ranger besah sich seine Stenogramm-Schnörkel. Eine großartige Hilfe. Fahndungsbefehl an alle Stationen: Gesucht – langhaariger Gesichtsausdruck. Damit würden sie weiterkommen. Und rasch.
    »Ihr Eindruck, ganz recht.« Der Superintendent lächelte. »Unter den gegebenen Umständen kann man wohl keine präzisere Beschreibung erwarten. Worauf ich hinaus möchte: Dieser Eindruck hat sich Ihnen eingeprägt wie eine Fotografie, und wir müssen versuchen, das Negativ auf irgendeine Art zu entwickeln. Ich sehe hieraus.« Er tippte mit dem Finger auf das Schriftstück: ». daß Sie Zeichenunterricht geben?«
    »Aber nur an einer sehr kleinen Schule«, entgegnete sie rasch. »In Hampstead. Und ich gehöre nicht zum regulären Lehrkörper; ich mache das auf Honorarbasis. Ich unterrichte auch am Polytechnikum – Abendklassen, verstehen Sie? Und ich habe ein paar Privatschüler, die ich.« Sie unterbrach sich. »Entschuldigen Sie. Ich schweife ab.«
    »Aber nein. Das ist kein Abschweifen. Entscheidend ist, daß Sie Künstlerin sind. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, möchte ich Sie nämlich bitten –«, er beugte sich zu ihr –, »jetzt Bleistift und Papier zu nehmen, sich still hinzusetzen, sich auf Ihre Erinnerung von diesem. eh, Eindruck zu konzentrieren und dann zu versuchen, ob Sie ihn auf dem Papier wiedergeben können. Es macht nichts, wenn es Ihnen nicht gelingt. Es ist ein Schuß ins Blaue – vielleicht trifft er. Nehmen Sie sich ruhig Zeit. Inzwischen kann ich mich mit diesen Aussagen hier befassen. – Herein!« rief er, nahm die Papiere auf und lehnte sich zurück.
    Mit einem Tablett in der Hand kam der Constable herein und stellte zwei Teetassen auf den Schreibtisch. »Einmal stark mit, einmal schwach ohne, Sir.« Der Superintendent nickte, und der Constable verschwand.
    Der Superintendent überflog das längste der Protokolle. Mrs. Mabel Dorothea Walters, 14 Lime Avenue, Barnet, Hertfordshire: Noch nie bin ich so erschrocken gewesen … Bla-blabla. Meine Nerven … blabla. Ich hatte wirklich das Gefühl, ich müßte … Quatsch! Da kann kein Mensch was mit anfangen, höchstens der Psychiater von dieser. dieser Mrs. Walters. Er notierte sich: Im Wagen geblieben. Nichts gesehen. Vorschlag: Nicht zur Voruntersuchung bestellen. Mit Coroner sprechen. Er nahm sich den nächsten Text vor. Edward Cyril Walters, 14 Lime usw. Beim Verlassen des Cambridge Theaters usw. Schaltete die Scheinwerfer ein und ließ den Motor an … zwei Leute auf der Erde … er rannte … ich rannte … ich entdeckte … ich versuchte … sie sagte … ich sagte … Sie sagte: ›Er konnte nicht anders. ‹ Und irgend etwas, es wäre sein letzter Akt, aber ›so unnötig‹ . Stirnrunzelnd rahmte er die beiden letzten Sätze ein. Dann notierte er sich: Knapp, objektiv, hat aber nichts gesehen. Nur als Bestätigung für Zeugin Seeton brauchbar.
    Sergeant Ranger trank seinen Tee. Hm, nicht schlecht. Schmeckte wenigstens nach was. Besser als die labbrige Brühe, auf die der Super so wild war. Was dachte sich das Orakel eigentlich – so dazusitzen und über den Papierkram nachzugrübeln. Bei diesem Tempo würden sie die ganze Nacht hier hocken. Er müßte doch das alte Mädchen ausquetschen, ihr eine Beschreibung aus der Nase ziehen, statt sie die Zeit mit Zeichnen vertrödeln zu

Weitere Kostenlose Bücher