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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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im Wunderland denken mußte – obwohl Fußballerstrümpfe natürlich kürzer und dicker waren.
    Der trübe Tag – der ältere Mann – lächelte und begann zu sprechen.
    »Miss Seeton? Nein, bitte, bleiben Sie sitzen. Ich bin Superintendent Delphick von Scotland Yard, und das hier ist Detective Sergeant Ranger von derselben Behörde.« Er trat hinter den Schreibtisch und setzte sich; der Sergeant ließ sich auf einem Stuhl neben dem Schreibtisch nieder. »Sehr freundlich von Ihnen, auf uns zu warten. Tut mir leid, daß es so lange gedauert hat, aber man hat uns erst zu Hause aufstöbern müssen.«
    »Oh, wie ärgerlich.« Miss Seeton war sichtlich verlegen. »Ich fürchte, es war meine Schuld.«
    Eine Augenbraue des Superintendent hob sich. »Ihre Schuld bestimmt nicht, Miss Seeton. Ganz im Gegenteil. Man hat uns geholt, weil es da einen Zusammenhang mit einem anderen Fall geben könnte, mit dem ich zu tun habe, und deshalb dachte man, es wäre besser, wenn wir von Anfang an dabei wären. Das Mädchen kennen wir nämlich.«
    »Das arme Ding, das erdolcht worden ist?«
    »So arm auch wieder nicht.« Delphick sprach ganz sachlich. »Sie war eine bekannte Prostituierte.«
    »Oje«, entfuhr es Miss Seeton. »Ein sehr schweres Leben. Immer Nachtarbeit. und dann das Wetter, natürlich. Und so unrentabel, würde man denken.«
    »Nicht unbedingt. Wie bei vielen anderen Tätigkeiten hängt es davon ab, wie weit man es in seinem Beruf bringt.«
    Sergeant Ranger ließ beinahe den Kugelschreiber fallen. Meine Herren, das Orakel ging ja ran! Bei Leuten wie Miss Seeton konnte man doch nicht gleich mit Ausdrücken wie ›Prostituierte‹ kommen und sofort danach von den Einkünften reden. Man drückte es durch die Blume aus. Zum Beispiel: Sie war eine. hm. Prostituierte. Das ›Hm‹ machte es allerdings nicht viel besser, und ›Ehem‹ machte es noch schlimmer. Vielleicht hatte das Orakel recht. Jedenfalls hatte das alte Mädchen nicht mit der Wimper gezuckt.
    »Ich würde nicht all zuviel Mitleid auf sie verschwenden«, fuhr Superintendent Delphick fort. »Sie war, wie man’s auch betrachtet, ein kleines Miststück. Ja?« Das bezog sich auf das Klopfen an der Tür.
    Eine Tasse auf der Untertasse balancierend, trat der Constable ins Zimmer. »Der Tee für die Dame, Sir.« Er setzte die Tasse auf dem Schreibtisch neben ihr ab.
    Der Sergeant fühlte sich verpflichtet zu protestieren. »Himmel noch mal, was ist denn das? Spülwasser?«
    »Sehr dünn, wie bestellt«, meldete der Constable. »Kein Zucker.«
    »Vielen Dank«, sagte Miss Seeton. »Wissen Sie, ich mache mir nichts aus.«
    »Eingedicktem Sirup. Ich auch nicht«, sagte der Superintendent. »Bringen Sie mir bitte auch etwas von dem hier, wenn’s geht, und für Sergeant Ranger eine Tasse dickflüssige Gerbsäure.«
    »Sofort, Sir.« Der Constable verschwand.
    Miss Seeton nahm einen Schluck. Sehr viel besser. Richtig angenehm.
    »Jetzt wollen wir mal sehen.« Der Superintendent nahm ein Schriftstück zur Hand und überflog es, während er weitersprach. »In Ihrer Aussage heißt es, der Mann, der Sie angefallen hat, sei Ausländer. Stimmt das?« Der Sergeant blickte von seinen Notizen auf. Endlich ging es richtig los. Er unterstrich das Kürzel für Ausländer. »Sie wissen nicht, welcher Nationalität er war, nur, daß er bestimmt kein Engländer war?« Miss Seeton nickte. »Haben Sie irgendeine Vermutung – vielleicht aus dem, was er gesagt hat?«
    »Nein.« Sie dachte nach. »Nein. Wissen Sie, er hat überhaupt nichts gesagt.« Es lag etwas wie Überraschung in ihrer Stimme.
    »Aber Sie bleiben trotzdem dabei, daß er kein Engländer war. Wieso können Sie das mit solcher Sicherheit sagen? Nein, nein«, fuhr er hastig fort, als er ihre Verlegenheit sah. »Ich sage nichts gegen Ihre Schlußfolgerung. Ich möchte nur wissen, warum Sie zu diesem Schluß gekommen sind. Um mich so weit wie möglich in Ihre Lage zu versetzen. Um zu sehen und zu spüren, was Sie dabei gesehen und gespürt haben.«
    Miss Seetons Gesicht hellte sich auf. »Tja, es war eigentlich das Mädchen. Sie hat was zu ihm gesagt – oder ihn vielmehr beschimpft, und das klang wie Französisch. Genau weiß ich es aber nicht. Die einzelnen Worte habe ich nicht verstanden, sie hat sehr schnell gesprochen, und mein Französisch ist nicht sehr gut. Und dann hat er sie in die Seite geboxt – oder so sah es in dem Augenblick aus. Sehen Sie, wenn er Engländer wäre, hätte er nicht verstanden, was sie gesagt

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