Miss Winbolt ist schockiert
mit ihnen zu tun zu haben?“
„Als Juana mit meinem Bruder durchgebrannt ist, um ihn zu heiraten, hat die Lopez-Familie sie komplett aus ihrem Leben verbannt. Daran wird sich auch jetzt nichts ändern, obwohl Juanas Kinder Waisen sind.“
„Also trägst du die Verantwortung. Was gedenkst du zu tun?“
„Mir bleibt nichts anderes übrig, als ein Zuhause für uns alle zu finden. Die Kinder sind im Augenblick gut versorgt, auch wenn ich schwer einschätzen kann, wie sehr sie durch die Schicksalsschläge der letzten Jahre gelitten haben. Für sie wird es das Beste sein, wenn wir alle gemeinsam in einem eigenen Haus leben.“
„Hast du schon etwas Geeignetes gefunden?“
„In dieser Gegend kommt nur Charlwood infrage. Dort bin ich heute vorbeigekommen. Es ist ein hübsches Gut mit fruchtbarem Boden. Das Herrenhaus ist stark heruntergekommen, es würde sich jedoch lohnen, es zu restaurieren. Auch aus dem Garten und dem Park könnte man etwas machen. Ursprünglich muss alles von Meisterhand angelegt worden sein.“
„Charlwood kenne ich gut. Es war einmal ein prachtvolles Anwesen, aber es gab einigen Streit um die Eigentumsrechte, und nun steht es seit Jahren leer.“
„Das ist der Haken – alles ist zu lange vernachlässigt worden. Man braucht Monate, um das Haus wieder bewohnbar zu machen, vielleicht sogar ein ganzes Jahr.“
„Die Lage ist wunderschön, William. Ich glaube, es wäre das Richtige für dich.“
„Es kommt meinen Vorstellungen zumindest sehr nahe. Aber in erster Linie sollen die Kinder so schnell wie möglich ein Zuhause haben, wenn sie hier ankommen.“
„Vor allem brauchst du eine Frau. Hast du daran schon gedacht? Eine Mutter ist für die Kinder wichtiger als die eigenen vier Wände.“
„Ich verspüre zwar nicht die geringste Lust, zu heiraten, aber es bleibt mir wohl nichts anderes übrig. Es ist eine schöne Misere.“
„Zwei Waisen aufzuziehen wird sicher nicht leicht, und nicht jede Frau ist bereit, eine fertige Familie zu übernehmen.“
„Da die Kinder der einzige Grund sind, weshalb ich eine Heirat überhaupt in Erwägung ziehe, muss meine künftige Ehefrau sie bedingungslos akzeptieren. John war mein Bruder, und ich fühle mich für seinen Nachwuchs verantwortlich. Es gibt keine Alternative.“
„Gut, dann musst du schnellstmöglich eine wohlerzogene junge Dame finden und sie heiraten! Das ist viel wichtiger als jedes Haus.“
„Wie zum Teufel soll ich denn um die Hand einer Frau anhalten, ohne ihr ein Zuhause anbieten zu können? Was soll ich ihr sagen? ‚Madam, mein Herz, mein Name und zwei Waisenkinder gehören Ihnen, aber wir müssen auf den Feldern leben.‘ Keine halbwegs vernünftige Frau würde so einen Antrag annehmen, oder?“
„Sei nicht albern, William! Natürlich ist das abwegig. Aber Charlwood hat doch ein sehr hübsches Witwenhaus. Steht es ebenfalls zum Verkauf?“
„Ja.“
„Dann könntest du dort mit deiner Familie wohnen, bis das Herrenhaus instand gesetzt ist. Es ist vielleicht etwas klein …“
„Das kann man wohl sagen. Deshalb habe ich es erst gar nicht in Erwägung gezogen.“
„Ist es denn auch in einem so schlechten Zustand wie das Herrenhaus?“
„Nein, man könnte es schneller wieder in Ordnung bringen.“
„Dann wäre es doch für die Übergangszeit eine Lösung.“
„Schon, wenn es rechtzeitig fertig wird …“
„Reggie und ich gehen Ende Oktober in den Norden. Bis dahin könntet ihr bei uns bleiben, falls das Haus nicht eher bezugsfertig ist. Dann ist das also eine beschlossene Sache. Da kommt Reggie. Wir sollten uns zu Tisch begeben.“
Später am Abend kam Lady Deardon auf die Frage nach einer geeigneten Gattin für ihren Patensohn zurück. „Ich habe darüber nachgedacht, wie du eine Frau finden kannst, William. Ich denke, sie sollte nicht zu jung sein.“
„Auf gar keinen Fall. Die Debütantinnen, die ich seit meiner Rückkehr nach England kennengelernt habe, machten einen furchtbar dummen Eindruck. Meistens verstanden sie gar nicht, wovon ich gesprochen habe. Ich will eine Frau, die klug und humorvoll ist.“
„Bist du nicht ein bisschen zu anspruchsvoll für einen Mann in deiner Situation? Gleich erzählst du mir bestimmt noch, dass sie überdies vermögend sein muss!“
„Das wäre ausgezeichnet!“, rief Will und grinste. „Eine reiche Witwe wäre am besten! Charlwood wieder herzurichten wird eine Menge Geld kosten, und jetzt kommen auch noch die zusätzlichen Ausgaben für das Witwenhaus dazu.
Weitere Kostenlose Bücher