Miss Wyoming
versprühend vom Parkplatz. Sie rasten die Interstate Richtung Westen hinunter, zurück in Richtung Utah und Kalifornien, inmitten der Lastwagenladungen von Salat und Heuballen und Holzstämmen, die, wie John meinte, offenbar nie die Straßen verließen, als existierten sie in einer Art koffeinierter Endlosschleife. Eine Exxon-Tankstelle lag vor ihnen wie ein Leitstern. Ryan suchte sie mit dem Fernglas ab. »Da ist sie«, sagte er. »Park drüben bei der Reifenpumpe.«
»Gott sei Dank«, sagte John. »Ivan, fahr da rauf, aber nicht zu weit, sonst sieht sie uns und haut ab.«
Ivan bog auf die Tankstelle ein, die zu dem Zeitpunkt leer war.
»Ist sie im Laden, Kaugummi kaufen oder so was?«, fragte John.
»Wenn du so drauf bist wie ich«, sagte Ryan, »ist das Erste, was du tust, wenn du verfolgt wirst, eine Verschnaufpause zu machen und dich mit Kaugummi einzudecken.«
»Vermutlich ist sie auf der Toilette«, sagte Vanessa. »Ich werd mal nachschauen.«
Sie stieg aus dem Wagen und ging zum Eingang der Damentoilette an der Seite des Gebäudes. Sie klopfte an die Tür, und Marilyns Stimme ertönte von drinnen: »Ja?« Vanessa setzte einen Südstaatenakzent auf und sagte: »Keine Eile, Ma'am«, dann signalisierte sie den Männern im Wagen Daumen hoch und ging wieder zurück.
John stieg aus, baute sich hinter dem Wagen auf und aß geistesabwesend einen Cheeseburger. »Wenn wir sie weiter verfolgen, sind wir womöglich noch Stunden unterwegs«, sagte er. »Wer weiß, wo sie hinfährt.«
Ein schwarzer Minivan fuhr vorbei. Susan saß am Steuer. Sie sah John und stieg in die Bremsen. Camper und Willy wurden aufs Armaturenbrett geschleudert. Susan und John sahen sich in die Augen und lächelten. Sie sammelte sich wieder. »Scheiße, Susan«, brüllte Randy, ein verschüttetes Getränk im Schoß. »Was zum Teufel machst...?«
Susan legte den Rückwärtsgang ein, wendete mit quietschenden Reifen und hielt neben Johns Wagen. »Deine Mutter ist da drin«, sagte John und zeigte auf die Toilette. »Ich habe sie für dich gefunden. Du hast doch nach ihr gesucht, oder?«
Susan stieg aus dem Van, hob die Arme zum Mund und begann sich sacht vor und zurück zu wiegen, wie ein Halm im Wind. Sie sagte: »O John...«, aber ihre Stimme versagte. Vor Überraschung traten Randy und Dreama, die inzwischen aus dem Wagen gestiegen waren, instinktiv einen Schritt zurück, als sei Susan ein Auffahrunfall auf dem Highway zur Rush-Hour. Sie trippelte mit Geisha-Schrittchen zur Toilettentür.
Vanessa gab rasch die Tür frei, damit Susan sich ihr allein nähern konnte. Die anderen bildeten einen Halbkreis um sie. Ein Lastwagen brauste auf dem Highway vorbei. Die Sonne stand halb hinter einem Berggipfel, und ihre Schatten sahen aus wie schwarze Bänder. Die Hunde tobten kläffend in dem struppigen Gras hinter der Tankstelle. Susan klopfte an die Tür. Marilyn rief von drinnen: »Meine Güte, ich beeil mich doch schon, ich wechsel hier drin eine Windel, okay?«
»Mom?«
Alle spürten die Stille hinter der verschlossenen Klotür. Der letzte Sonnenstrahl verschwand hinter einem Hügel, ihre Schatten lösten sich auf, und die Luft wurde ein ganzes Stück kälter.
Der Tankwart kam um die Ecke, um nachzusehen, was es mit dieser Menschenansammlung auf sich hatte. Randy fragte ihn: »Haben Sie noch einen zweiten Schlüssel für die Damentoilette?«
»Nein, Sir, nur den einen.«
Hinter der Tür erklang das Weinen eines Kindes. Sofort stürzte Susan zur Tür und versuchte sie mit der Schulter einzudrücken, doch ohne Erfolg. Sie rammte sie erneut, und da schob Marilyn den Riegel zurück, und Eugene Junior kam herausgerannt. »Es geht ihm gut«, sagte Marilyn, dann schnappte Susan sich ihn und riss ihn mit sich zu einer niedrigen Mauer neben den Propangas-Tanks, wo sie ihn an ihre Brust drückte. Marilyn setzte sich völlig erledigt auf die Toilette. »Mom«, sagte Susan. »Ist schon gut.«
Marilyn kam nicht wieder heraus. Ihr Körper fiel in sich zusammen, und sie holte tief Luft. Die anderen lugten in den kleinen, grell beleuchteten Raum.
Kapitel Vierunddreißig
Susan knallte die Tür des Hauses in Cheyenne zu, und beinahe im selben Moment hatte Marilyn das Gefühl, sie stünde in Flammen. Aber das Feuer ging nicht wieder weg. Es brannte unter der Oberfläche weiter und flammte in den folgenden Monaten stündlich wieder auf, und wenn es brannte, verlor sie den Kopf und sagte hasserfüllte, rachsüchtige Dinge, die Don schließlich
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