Miss Wyoming
allen Spielarten der elektronischen Medien und der Presse Höchstpreise. Sie kaufte zwei neue Autos, einen Mercedes für Don und einen BMW von der Farbe selbst gemachten Kirschweins für sich. Außerdem nahm sie eine Hypothek auf ein Haus im spanischen Missionsstil auf und leistete sich neue Kleider und Schmuck. Als Siegestrophäe gönnte sie sich eine echte Fendi-Wrap-around-Sonnenbrille, die sie auf der Nase hatte, als sie keine fünf Minuten nach ihrem Kauf die Bügel von dem Imitat abbrach, das sie vor vielen Jahren bei einer Tauschbörse in Laramie erstanden hatte. Marylin warf das Geld mit vollen Händen zum Fenster hinaus wie eine Betrunkene im Souvenirladen eines Spielcasinos. Hinter ihren Käufen steckte kein System - sie genoß nur das Gefühl von Macht, das sie jedes Mal verspürte, wenn etwas, das einmal jemand anders besessen hatte, plötzlich ihr gehörte.
Doch trotz alledem sprachen Don und Marilyn nicht viel über Susan, vor allem weil Susan sie lange vor dem Absturz, nämlich seit 1990 ihre Serie abgesetzt worden war, mit einer Endgültigkeit aus ihrem Leben getilgt hatte, die dem Tod nahe kam. Marilyn sah wirklich keinen Grund, weshalb Susan wegen des Geldes dermaßen wütend sein sollte. Hatte Marilyn nicht die Hälfte der Arbeit getan?
Sie hatten im Entertainment-Teil der lokalen Sonntagszeitung von Susans Heirat mit Chris gelesen. Sie waren Chris nur einmal begegnet, bei einer Nachtwache für Susan, die Marilyn auf einem öffentlichen Platz in Cheyenne organisiert hatte (Fotoexklusivrechte für Kontinentaleuropa an Paris Match, für Großbritannien an Hello!, für Amerika und Kanada an den Star, Film- und Fernsehrechte nicht freigegeben, da die Livebilder möglicherweise für ein A&E-Special über Susan benötigt wurden, das im nächsten Jahr produziert werden sollte). Marilyn und Chris umarmten sich vor den Kameras, zündeten Kerzen an und neigten die Köpfe. Währenddessen ertönten ununterbrochen Sprechchöre von Chris' jungen Fans auf der anderen Seite des Platzes. Hinterher verdrückte Chris sich und sprach nie wieder mit Marilyn. (»Weißt du was, Don - ich glaube, Sir Frederick Rockstar ist ein Arschloch,«)
Dann kam eines Morgens Julies Anruf: »Marilyn, kommen Sie nach New York. Es ist vorbei.« Als Marilyn erfuhr, wie viel Geld sie bekommen würde, johlte sie vor Freude, entschuldigte sich jedoch gleich darauf bei Julie dafür, dass sie ihr ins Ohr gebrüllt hatte. Sie suchte nach Don und fand ihn besinnungslos im hintersten Winkel seiner Lieblingsspelunke. Also flog sie an jenem Nachmittag ohne ihn nach Manhattan. Am nächsten Tag schritt sie mit Julie die Treppe des Gerichtsgebäudes hinunter und sprach mit der Presse. Nachmittags kaufte sie für 28 000 Dollar am oberen Abschnitt der Madison Avenue ein.
Tags darauf flog Marilyn heim nach Cheyenne, und einen Tag später erhielt sie den Anruf von einer PR-Frau der Fluggesellschaft, die ihr mit aufgekratzter Stimme von Susans Rückkehr unter die Lebenden berichtete. Sie legte auf und griff nach einem halben Scheißwunder, das Don neben dem Telefonbuch stehen lassen hatte. Susan würde am nächsten Tag nach Hause kommen.
Kapitel Dreiunddreißig
Zurück in den Außenbezirken von Cheyenne, hockte Marilyn hinter zugezogenen Vorhängen in ihrem Motelzimmer. Der Fernseher plärrte. Vanessa und Ryan standen hinter dem Mietwagen und hielten Wache, während Ivan und John zur Lobby gingen.
Ivan rief beim Flughafen von Cheyenne an, um zu vereinbaren, dass er den Jet über Nacht dort stehen lassen konnte, und dann mietete er Zimmer für sich und seine Begleiter, für den Fall, dass sie Marilyn bis in den Abend hinein beobachten mussten. John sah aus dem mit Ruß und Kreditkartenaufklebern bedeckten Fenster und behielt ebenfalls Marilyns Zimmertür im Auge. Alle versammelten sich wieder am Wagen, wo Ryan sagte: »Ich bin am Verhungern. Wir haben kein Mittag gegessen.«
»Ich auch«, sagte Ivan. »Ich fahr mal eben Burger holen. Eine Viertelmeile hinter uns liegt ein A&W «
»Tja, aber nicht mit diesem Wagen«, sagte John. »Was?«, fragte Vanessa. »Meinst du etwa, Marilyn macht sich jetzt gleich aus dem Staub? Wir sind alle unterzuckert. Das ist das Risiko wert, uns was Anständiges zu essen zu besorgen. Bring mir eine große Pommes mit - pass auf, dass sie Pflanzenöl nehmen und kein Schmalz - und einen Eistee.« John war zu hungrig, um zu streiten, und er gab bei Ivan seine Bestellung auf. Als dieser mit dem Mietwagen
Weitere Kostenlose Bücher