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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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dessen Geschäftsführer, um ihm eine eigene Note zu verleihen, Laserdrucke aufhängte, die auf die Abteilungen MÖRDERISCHE MÜTTER, SÜSS UND DÄMLICH und mysteriöse Unterkategorien wie SPLATTERORGIEN und NIETEN hinwiesen, in der John zu seiner Belustigung seine alten Flops The Wild Land und The Other Side of Hate wiedersah.
    Ihm ging auf, dass er keine Ahnung hatte, in welchen Filmen Susan mitgespielt hatte. Er fragte den Angestellten mit dem Namensschild RYAN, ob er irgendwas von Susan Colgate da hätte, und dieser quietschte vor Freude. »Mieees Colllgate?
    "Aber ja doch. Hier entlang.« Er führte John zu einem ehemaligen Zeitschriftenständer, in dem von der Sonne ausgebleichte Kassettenhüllen standen. Oben drüber hing ein Laserdruck mit der Aufschrift ST. SUSAN, DIE GÖTTLICHE. Der Ständer war wie ein Altar mit Kerzen und Opfergaben geschmückt -japanische Schokoriegel, Pillenfläschchen, das Modell eines Airbus 340, dem eine Tragfläche fehlte, und ein Mosaik aus Porträtfotos von Susan, die aus einer Unzahl von Printmedien gerissen worden waren. Ryan stand geduldig daneben und wartete auf Johns Reaktion, doch dieser blieb stumm, während in seinem Hirn ein Feuerwerk abbrannte. Er verspürte ein sexuelles Bedürfnis, den Altar zu besitzen. »Sie ist was Besonderes, nicht wahr?«, meinte Ryan. »Hast du den gebastelt?«, fragte John und musterte Ryan, einen Gap-Klon - Khaki-Hosen, weißes T-Shirt und darüber ein Flanellhemd. Ein freundliches Brady-Bunch-Gesicht. Wie ein Gag-Schreiber bei Fox. »Mit all meinem Herzblut.«
    »Ich geb dir hundert Dollar dafür, gleich hier auf die Hand.« Ryan war für einen Moment sprachlos. »Mr. Johnson - tut mir Leid, aber ich kann nicht so tun, als wüsste ich nicht, wer Sie sind - das ist mein Schrein. Den kann ich nicht einfach so weggeben.«
    »Fünfhundert, aber dann musst du die Videos drauflegen.« 
    »Mr. Johnson. Ich habe ihn selbst gebaut. Das ist kein Witz. Na ja, ein bisschen vielleicht schon. Aber ich sammle diese Zeitungsausschnitte schon seit Jahren.«
    »Neunhundert. Die Hälfte von dem, was ich besitze. Das ist mein letztes Geld. Jeder weiß, dass ich pleite bin. Trotz Mega Force - das, was der einspielt, wird von einer Treuhandgesellschaft verwaltet.«
    »Erzählen Sie so was nicht! Sie sind viel zu offenherzig, Mr.
    Johnson!«
    »John.«
    »Du bist viel zu offenherzig, John.« Ryan stemmte die Hände in die Hüften und schaute zu; wie John die Titel auf den Rücken der Videohüllen sichtete. Der Laden war leer. Sie konnten laut sprechen. »John, wir kennen uns zwar nicht, aber ich möchte dich trotzdem etwas fragen.« 
    »Klingt wie bei der Drogentherapie. Schieß los.« 
    »Bist du, wie soll ich sagen, in Miss Colgate verliebt?« »Was?«, John war schockiert, nicht über Ryans Direktheit, sondern weil er das gleiche Pling verspürte wie früher, wenn er den Täter in einem Agatha-Christie-Krimi erriet. »Verliebt? Ich...« 
    »Kein Wort mehr. Lass gut sein. Ich arbeite für die Mächte des Guten. Und, weißt du, es überrascht mich auch gar nicht.« 
    »Was überrascht dich nicht? Ich hab nicht gesagt, dass ich verliebt bin.«
    »Pfft. Du sendest Susan-Blitze aus wie der alte RKO-Funkturm.«
    »Du bist ein unverschämter kleiner Pisser.« 
    »Na, na.« Ryan merkte, dass John seine Fragerei in Wirklichkeit nichts ausmachte. Ganz im Gegenteil. »Ich meine, ihr wart beide mal verschwunden. Susan nach dem Flugzeugabsturz vor drei Jahren, und du vor ein paar Monaten.« John hatte nicht vor, sich zu wehren. »Weiter. Worauf willst du hinaus?«
    Ryan rieb sich das Kinn und plusterte sich ein wenig auf. »Na ja, dann ist die Sache wohl noch ganz frisch, was? Denn wenn du schon ein bisschen länger in sie verliebt wärst, hättest du all ihre alten Filme schon gesehen.«
    »Bingo, Dr. Einstein.«
    »Wo habt ihr euch kennen gelernt?«
    »Heute. Beim Mittagessen. Im Ivy.«
    Ryan stieß einen Pfiff aus, dann ließ er die Schultern hängen. »Ich sag dir was, John. Leih dir alle Videos aus, und ich melde sie als verloren oder gestohlen.« 
    »Ja?«
    »Ja. Und verpulver hier nicht dein letztes Geld. Den Altar gibt es gratis dazu, aber die Sache hat einen Haken.«
    »Wir müssten im Himmel sein, wenn es keinen Haken gäbe. Qu'est-ce que c'est, Ryan?« John stellte fest, dass er große Sympathie für diesen merkwürdigen jungen Mann empfand. »Du musst ein Drehbuch von mir lesen und danach eine Reihe von Fragen beantworten.« 
    »Na schön.

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