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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Abgemacht.«
    »Gut. Ich schließe hier zu, und dann können wir die Videos im Computer löschen und das hier in deinen Wagen laden.« Die beiden Männer nahmen den Schrein an beiden Enden und trugen ihn hinüber zum Ladentisch, wo Ryan begann, die Strichcodes der Kassetten einzuscannen. John gab Ryan die Adresse des Gästehauses sowie seine Telefonnummer. »Wenn du die an irgend jemanden weitergibst, bist du ein toter Mann. Und ich möchte dich noch etwas fragen, Ryan - wieso hast du überhaupt diesen Schrein gebaut? Ein Stalker bist du nicht, denn die bauen keine Schreine - sie stellen Frauen nach. Also -was ist mit dir los?«
    Ryan blickte von der Kasse auf, wollte erst etwas sagen, verbiss es sich dann merklich und sagte stattdessen etwas anderes. »Ach, weißt du, wir alle brauchen eine Obsession, und meine ist La Colgate: 3184 Prestwick Drive, Benedict Canyon, Führerschein 335 2511, ausgestellt in Wyoming, Telefonnummer steht nicht im Telefonbuch, aber Nachrichten können bei Adam Norwitz von der IPD-Agentur hinterlassen werden.«
    John starrte Ryan an.
    »Sie leiht sich hier Filme aus.«
    John betrachtete die Videos, ein paar Folgen von Meet the Blooms, Dynamite Bay und Thraice's Faces - On Tour with Steel Mountain. Dreck. »Es gibt noch einen anderen Grund, weshalb du auf Susan Colgate stehst. Macht es dir was aus, ihn mir zu verraten?«
    »Na gut. Ein Typ vom LAPD hat mir erzählt, dass ich der letzte Mensch war, der eine Nachricht auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen hat, bevor ihr Flugzeug abgestürzt ist - vor ein paar Jahren. Ich kann es nicht erklären. Und jetzt tauchst du heute hier auf. Das ist doch kein Zufall.«
    Der Schrein passte genau auf die Rückbank des Wagens. Die Luft draußen war überraschend kalt, und Johns Haut wurde klamm. »Hier ist das Drehbuch«, sagte Ryan.
    »Ah ja«, sagte John und griff danach.
    »John - hör mir zu.« John hielt in der Bewegung inne - er war es nicht gewohnt, dass jemand so mit ihm redete, aber es störte ihn nicht. »Du wirst dieses Drehbuch lesen, und dann wirst du dich sofort bei mir melden. Aber das ist noch nicht alles.« 
    »So, so.«
    »Nein. Außerdem wirst du mich anrufen, wann immer dir danach ist, und wir können über Susan reden.« 
    »Hast du eigentlich eine Ahnung, wie hirnverbrannt das klingt, Ryan?«
    »Hirnverbrannt oder nicht, es ist mein voller Ernst. Niemand sonst wird die Geschichte begreifen, wenn sie an die Öffentlichkeit dringt. Und das wird sie. Nicht durch mich, sondern durch dich, denn du bist verliebt, und deshalb hast du ein Bedürfnis, darüber zu reden. Aber niemand wird es kapieren.« John lachte. »Okay Ryan, du hast gewonnen. Wenn mir das Herz übergeht, darfst du meine Yoko Ono sein.« »Viel Glück, Mr. Johnson.«
    John reckte den Daumen in die Höhe und fuhr schnurstracks zum Prestwick Drive 3184, parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite und betrachtete Susans kleines blaues Cape-Cod-Haus, das von aus der Form geratenen Ziersträuchern umgeben war. Am Eingang brannte eine Lampe, aber ansonsten war alles dunkel. Eine Stunde schlich dahin, und die einzigen Zeichen von Leben, die John bemerkte, waren ein Mann, der seinen Hund ausführte, und drei vorbeifahrende Autos. Spät in der Nacht gab er auf und kehrte zum Gästehaus zurück. Die Straßen waren erstaunlich leer, und auf dem Sunset Boulevard, Ecke Highland Avenue bemerkte er Nebel, doch dann fiel ihm ein, dass das nicht sein konnte, denn in Los Angeles gab es so gut wie nie Nebel. Sein Handy klingelte, aber der Anrufer legte wieder auf. John kam zu dem Schluss, das es irgendwo brennen musste.
    In jener Nacht schlief er nicht. Er las Ryans Drehbuch und trank mit Brennessel und Mango gemischten Himbeersaft. Er betrachtete sein schnurloses Telefon und fragte sich, um welche Uhrzeit er Susan am besten anrufen könnte. Halb acht? Zu früh. Acht? Ja. Nein. Das würde so aussehen, als könnte er es kaum erwarten. Halb neun? Ah, hallo, Susan - ja, ich weiß, es ist noch ein bisschen früh ... Neun? Ja - aber wie sollte er bis dahin die pechschwarze Nacht überstehen, die mit solch bleierner Langsamkeit verging?
    Gegen sechs Uhr wurde der Himmel langsam hell, und ein paar Tauben trippelten im Gebüsch umher. Er legte Ryans Drehbuch, »Tungaska«, beiseite. Es war gut. Eine Texanerin erbt von ihrem Vater einen rätselhaften Metallreifen, der wie eine Krone ohne Juwelen oder wie ein Stickrahmen aussieht. Sie hält ihn gegen das Licht eines Fernsehers, um ihn besser

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