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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Zitronenplantage in Imperial County lag. Drogen spielten eine Rolle. Verrat. Am Ende gab es eine Schießerei und eine Verfolgungsjagd, bei der Katze und Hund aufhörten, sich gegenseitig zu bekämpfen, um sich gegen die Mächte des Bösen zu vereinen und dann miteinander im Bett zu landen. Der Film verhalf einem vergessenen Rockstar der Siebziger zu einem Comeback und pumpte Steroide in ein Filmgenre, das gerade auf dem absteigenden Ast war. Gleich danach war Bei Air PI 2 (Bei Aim2) in der Mache, und mit einem Mal kamen John die Drogen, Dollars und Girls nur so in den Schoß geflogen.
    Bei Aim2 wurde ein Riesenhit, erfolgreicher als der erste Teil, und danach folgte ein Thriller über eine Invasion Außerirdischer - der Soundtrack hielt sich fünf Wochen lang auf Nummer eins - und ein weiterer Thriller der Sorte Terroristenbesetzen-Disneyland. Dieser Film spielte in Europa und Japan Unsummen ein, lief in den USA jedoch nicht so gut, weil berufsmäßige Nachahmer sich Johns krach- und musiklastige Erfolgsformel unter den Nagel gerissen hatten. Für John hatte Filmemachen jedoch nichts Formelhaftes. Es war für ihn ein Weg, Welten zu erschaffen, in denen er sich mit uneingeschränkter Macht bewegen konnte, weit entfernt von seiner eigenen Vergangenheit, frei von Kinderkrankheiten und Phantomverwandten.
    Wo auch immer John auftauchte, war Party angesagt. Einmal fuhren er und Ivan in Johns Auto des Monats, einem Bentley in der Farbe von »Grace Kellys Hals«, zu einem Wochenendrefugium für Polygram-Manager runter nach La Quinta. Sie ließen den Wagen in der Wüste stehen und machten sich auf die Suche nach abgestorbenen Kaktusteilen, die Nylla für ihre Blumenarrangements brauchte. Nachdem sie eine Weile in der Sonne herumgelaufen waren, ging John zum Wagen, holte einen Armvoll Gegenstände heraus und brachte sie zu Ivan, der auf einem Felsen hockte. Der erste war eine eingeschweißte Speisekarte, die er bei Denny's geklaut hatte. Er rollte sie zu einem Trichter zusammen, durch den er sich Gegenstand Nummer zwei, eine halbe Flasche Tequila, hinter die Binde goss. Dann griff er nach dem dritten Gegenstand, einer Flinte. Er feuerte fünf Salven in die Außenhaut des Wagens und verwandelte diesen so in ein schnelles, teures Sieb. Ivan brüllte: »Alter Schwerenöter!« Prompt übergab sich John und hörte von da an auf, sich jeden Monat ein neues Auto zu kaufen. Er entschied sich, den durchlöcherten Bentley als eine Art Markenzeichen zu behalten. John hatte einen Ruf zu wahren, und wenn er einen Raum betrat, umschwirrten ihn Erfolg und Dekadenz wie pikante Gerüchte.
    Johns einzig wahrer Freund in all den Jahren war Ivan. Zu Ivans Freude gehörte zu John eine Mutter, Doris - etwas, das Ivan schmerzlich vermisste, seit sein Vater wenige Monate nach seiner Geburt mit dem Thema Heiraten abgeschlossen hatte. John und Doris lebten seit zwei Wochen im Gästehaus, als Ivan von einem Versuchsinternat in der Nähe von Big Sur nach Hause geschickt wurde. Er war dabei erwischt worden, wie er aus einer Orangensaftflasche Äther schnüffelte. Den Äther hatte ein Schüler aus dem Chemielabor geklaut und ihn bei Ivan gegen einen gepolsterten Stereokopfhörer eingetauscht.
    »Warum hast du Äther geschnüffelt?«, fragte John bei ihrer ersten Begegnung in der Diele des Haupthauses, deren Steinfußboden so glatt, glänzend und hart aussah, dass John vermutete, alles, was einem hier aus der Hand fiele, würde in tausend Stücke zerspringen - Glas, Metall, Federn und Diamanten. Er war noch nie in Kalifornien gewesen, und er glaubte spüren zu können, wie die Hitze seinen Körper heilte. »Ich hab versucht, etwas zu verdrängen«, sagte Ivan. »Was?«
    Ivan betrachtete dieses blasse, knochige, unfertige Kind, mehr Gespenst als Körper. Er war von Anfang an entschlossen, John ins Vertrauen zu ziehen. Er vermutete, dass ein derart unterentwickelter Körper nur einen überentwickelten Geist beherbergen konnte. »Ich habe diese beknackte, paranoide Angst vor« - er stockte - »der Eiszeit.« 
    »Der Eiszeit?« 
    »Ja.«
    John hörte Doris und Angus im Wohnzimmer lachen. Ivan fuhr fort. »Ich sehe immer wieder dieses Bild vor mir. Diese Bilder. Eine Wand aus Eis, wie die weißen Klippen von Dover - sie schrammt über den Pasadena Freeway hinweg, dann kommt sie den Wilshire Boulevard runter und zermalmt dieses Haus.«
    »Wer hat dir denn das erzählt? Das ist doch totaler Quatsch. So läuft das nicht. Es fängt damit an, dass es schneit, der

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