Missbraucht
besseren Karten und die spielte er aus.
"Warum sollte ich nicht? Das macht Polizeiarbeit aus", antwortete Richard ruhig.
"Weil das noch keine Beweise sind, Mees", Koepp wurde energischer.
"Das weiß ich Herr Staatsanwalt, aber es ist eine Spur in einem Mordfall und der hab ich als der ermittelnde Beamte nachzugehen."
Koepp witterte noch einmal Morgenluft. "Sie vergessen, dass sie nicht mehr ermitteln Herr Kommissar", grinste er Richard an.
"Und sie vergessen, dass ich erst ab morgen nicht mehr ermittele, Herr
Oberstaatsanwalt ", Richard passte sich Koepps Tonlage an.
"Dann sind sie eben ab jetzt von dem Fall entbunden."
"Das würden die Jungs von der Presse nicht verstehen", antwortete der Kommissar ganz ruhig.
Richard setzte den finalen Schlag und der Oberstaatsanwalt hatte das Gefühl, dass er gleich jeglichen Halt verlieren würde und zu Boden ging. Die Presse! Wenn sie vorab Wind von der Aktion bekommen sollte, war er am Ende, das war Koepp klar. Er musste es sein, der die Journalisten informierte, egal, in welche Richtung sich der Fall entwickeln würde. Das war quasi seine Lebensversicherung.
Der Oberstaatsanwalt schluckte. Seine Antwort blieb unausgesprochen und er schaute Kommissar Mees ungläubig an. Dann sagte er fast leise: "Okay! Herr Kommissar, kann ich sie kurz unter vier Augen sprechen?"
"Natürlich."
"Gehen wir kurz auf den Flur."
Mees und Koepp verließen das Büro.
"Okay Mees, was wollen sie? Warum erpressen Sie mich?"
"Bitte! Ich glaub, ich höre nicht richtig Herr Staatsanwalt, ich erpresse niemanden. Ich möchte nur ermitteln."
Koepp tat so, als würde er überlegen, aber er wusste genau, was er sagen wollte.
"Gut, Sie ermitteln . Ich pfeife die Bluthunde vom BKA zurück. Aber erstens werden wir beide ab jetzt wirklich zusammenarbeiten und zweitens wird über die Fotos, so lange, wie wir nicht sicher sind, was es damit auf sich hat, kein Wort verloren. Dafür weiß ich nichts von ihrer Sauferei."
"Ist das der Deal?", wollte Richard wissen.
"Das ist der Deal."
"Gut, es ist mein Fall und ich werde ihn so angehen, wie ich es für richtig halte", willigte Richard in ihre kleine, private Abmachung ein.
"Dann sind wir uns einig, Mees?"
"Natürlich Herr Koepp."
Okay, aber dieses Gespräch hat natürlich nie stattgefunden und unsere Vereinbarung bleibt unter uns, kann ich davon ausgehen?", wollte sich Koepp abschließend vergewissern.
"Sie können, Herr Oberstaatsanwalt!"
Bei genauerem Hinsehen stellte man fest, dass die beiden Kontrahenten die beste Lösung gefunden hatten. Jeder wahrte sein Gesicht, was besonders für den Oberstaatsanwalt, der im Blickpunkt der Öffentlichkeit stand, wichtig war. Er hatte sich alle Optionen offen gehalten, die Beteiligten dieser Unterredung würden es nicht unbedingt als ein Zeichen von Schwäche auffassen, dass er dem Kommissar den Fall beließ. Bei diesem Gedanken übersah er jedoch, dass er ab jetzt ein Oberstaatsanwalt von Richards Gnaden war. Richard war in dieser Hinsicht einen Schritt weiter und nahm sich vor, trotz dieses Burgfriedens zu gegebener Zeit, die erlittene Demütigung in Rechnung zu stellen.
*
28.06.1994
Zum selben Zeitpunkt saßen Friedhelm Heb, Nicoletta Tschetschowa und Uwe Stromberg in Dr. Hebs Büro zusammen und machten sich Gedanken, wie sie weiter
mit der Angelegenheit umgehen sollten. Bisher lief eigentlich alles nach Plan. Niemand hatte auch nur den geringsten Zweifel an ihren Aussagen geäußert. Der Kommissar machte sie allerdings schon etwas nervös mit seinen nebulösen Andeutungen und die Sache mit der Hausdurchsuchung gefiel besonders dem Doktor und Nicoletta gar nicht. Uwe Stromberg dagegen dachte nicht weiter darüber nach. Ihm war nichts Besonderes aufgefallen, als er in Baumels Wohnung war, warum also sollten die Bullen etwas finden ? Auf die Idee, dass sie die Profis waren, kam er nicht.
Es war früher Nachmittag, die Hitze hatte ihren Höhepunkt erreicht und Nicoletta und Uwe sehnten sich nach dem verdienten Feierabend. Doktor Heb hatte Wasser ausgeschenkt und saß den beiden am Schreibtisch gegenüber. Ab und zu fiel sein Blick auf ihren Busen und er ärgerte sich, dass er sich davon ablenken ließ.
"Die Polizei hat immer noch nichts über den Verbleib von Frank. Wir müssen verdammt vorsichtig sein, denn die werden so schnell nicht locker lassen", warnte Heb seine beiden Kumpane vor etwaigen Nachlässigkeiten und nesselte dabei wie verzweifelt am Kragen seines Hemds. Er hasste Hemden.
"Das ist
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